Neue Opernpläne

[79] Der alte, unbezähmbare Drang, eine Oper zu schreiben, hat Mozart auch in dieser Zeit nicht verlassen, ja, er war seit dem Erfolge der »Entführung« in ihm mächtiger geworden denn je. Graf Rosenberg riet ihm gegen Ende 1782, doch wieder eine opera buffa zu schreiben, und Mozart bemühte sich auf die verschiedenste Weise um einen Text, jedoch ohne etwas Passendes zu finden. Für das deutsche Singspiel, auf das er der damaligen Sachlage gemäß immer noch die größten Hoffnungen setzte, bekam er sogar ein Angebot mit dem Titel: »Welches ist die beste Nation?« Aber es erwies sich als ein »elendes Stück«; er wies es zurück mit dem Zusatze, »daß, wer es schreibt ohne es ganz abändern zu lassen, Gefahr lauft ausgepfiffen zu werden1«. Umlauf gab sich dazu her und wurde richtig ausgezischt; Mozart wußte nicht, »ob der Poet oder Komponist den Preis des Elends davontragen wird«.

Schon anderthalb Monate später, am 5. Februar 1783, schreibt er dem Vater2:


Künftigen Freytag, als übermorgen wird eine neue opera gegeben werden, die Musique (ein Galimathias) von einem hiesigen jungen Menschen, Scolaren vom Wagenseil, welcher heißt gallus cantans, in arbore sedens, gi girigi faciens; vermutlich wird sie nicht viel gefallen, aber doch besser als ihre Vorfahrerin, eine alte opera von Gaßmann (»la notte critica«) zu teutsch die unruhige Nacht, welche mit Mühe 3 representationen ausgehalten. Denn – vor dieser war die exsekrable opera von Umlauf, wovon ich Ihnen geschrieben – die konnte sich nicht auf die dritte Vorstellung hinaufarbeiten; – es ist, als wenn sie, da die teutsche Oper ohnedies nach Ostern stirbt, sie noch vor der Zeit umbringen wollten; – und das tun selbst Teutsche – pfui Teufel! –


Die hier von Mozart angedeutete Krisis des deutschen Singspiels in Wien war teils durch ungenügende dichterische und musikalische Leistungen hervorgerufen worden, teils durch allerhand Machenschaften, die Stephanie d.J. gegen den bisherigen Leiter Müller angezettelt hatte. Er[80] hatte diesen zunächst verdrängt und in dem Ausschuß, der ihn ersetzen sollte, soviel Streitereien hervorgerufen, daß er schließlich sein Ziel, die alleinige Leitung des Ganzen, erreicht hatte. Darüber waren jedoch die Verhältnisse so unerquicklich geworden, daß die Direktoren Rosenberg und Kienmayer und schließlich auch der Kaiser selbst die Lust an dem Unternehmen verloren. Im Herzen hatte Joseph II. überhaupt immer auf der Seite der Italiener gestanden, jetzt benutzten seine italienisch gesinnten Freunde, allen voran Salieri, denen das Nationalsingspiel von Anfang an ein Dorn im Auge gewesen war, die Gelegenheit, den Kaiser zur Wiedereinführung der italienischen Oper zu bestimmen.

Mozart selbst wollte für alle Fälle gerüstet sein; er hatte nach wie vor ein scharfes Auge auf italienische Libretti, dachte aber im stillen immer noch an einen Beitrag zur deutschen Oper. Sehr wichtig für seine Anschauungen sind seine der genannten Briefstelle folgenden Worte:


Ich habe Sie in meinem letzten Brief ersuchet, den Gatti3 fleißig zu mahnen wegen den welschen Opernbücheln und tue es nun auch; – – nun muß ich Ihnen meine Idee sagen. Ich glaube nicht, daß sich die welsche Oper lange soutenieren wird – und ich – halte es auch mit den Teutschen. Wenn es mir schon mehr Mühe kostet, so ist es mir doch lieber. Jede Nation hat ihre Oper – warum sollen wir Teutsche sie nicht haben? Ist die teutsche Sprache nicht so gut singbar wie die französische und englische? – nicht singbarer als die russische? – Nun – ich schreibe izt eine teutsche opera für mich: ich habe die Komödie vom Goldoni – »Il servitore di due padroni« – dazu gewählt, und der erste Akt ist schon ganz übersetzt; der Übersetzer ist Baron Binder. Es ist aber Alles noch ein Geheimnis, bis alles fertig ist; – nun, was halten Sie davon? Glauben Sie nicht, daß ich meine Sache gut dabey werde machen können?


Dieser Opernplan ist wichtig, nicht allein weil das Buch von Goldoni stammt, sondern namentlich weil er ohne äußeren Auftrag, ganz aus eigenem Antrieb gefaßt wurde; freilich ist das auch der Grund dafür, daß er, so wie die Dinge damals lagen, nicht zur Ausführung gekommen ist.

Den Anlaß zur Rückkehr der Italiener gab das Auftreten einer französischen Opern- und Schauspielgesellschaft im Kärntnertortheater, die der Kaiser besonders begünstigte4. Im Sommer 1782 wurden sie nach Schönbrunn befohlen und im Schlosse untergebracht und verpflegt. Damit waren sie aber nicht zufrieden, und einer der Schauspieler war sogar so dreist, sich bei dem Kaiser persönlich über den ihnen gelieferten angeblichen Burgunder zu beschweren. Dieser antwortete, für sich finde er den Wein gut genug, zweifle aber nicht, daß sie in Frankreich bessern finden würden5. Die Truppe wurde entlassen und Graf Rosenberg damit beauftragt, in Italien eine Truppe für die opera buffa zusammenzustellen, auf die man sich von jetzt ab beschränken[81] wollte. Bereits 1782 hatte manSacchinis »Contadina in corte« und Salieris »Locandiera« italienisch aufgeführt. Jetzt wurde am Schluß der Spielzeit (4. März 1783) die deutsche Oper aufgelöst; ihre besten Mitglieder sollten zu der neuen italienischen übertreten, die übrigen hatten sich, soweit sie nicht bereits früher gekündigt hatten, anderswo umzusehen6. Bis zum Frühjahr 1785 fanden nur vereinzelte deutsche Aufführungen, meist Benefizvorstellungen, statt, so die »Entführung« für Mad. Lange am 25. Januar 1784 (unter Mozarts eigener Leitung7) und Glucks, »Pilgrime« für Adamberger am 15. Februar 1784, ferner 1785 für Mad. Lange »Zemire« (20. Januar) und der »Deserteur« (25. Januar). Im selben Jahre regte sich aber doch wieder das Verlangen nach einer deutschen Oper. Der Hof nahm damals auch das Kärntnertortheater in eigene Verwaltung und eröffnete es am 4. August mit einer italienischen Oper anläßlich der Durchreise des Kastraten L. Marchesi; hier sollte die deutsche Oper neben der italienischen ein neues Heim finden.

Mozart hatte dieser Entwicklung mit sehr gemischten Gefühlen zugesehen. Der Kampf um die beiden Operngattungen hatte ihn mehr und mehr auf die deutsche Seite geführt, und Anfang 1785 bot sich ihm sogar die Gelegenheit, eine deutsche Oper Mannheimer Andenkens8 zu schreiben. Prof. Klein9 hatte ihm von dort aus einen Text zugesandt, allem Anschein nach seinen »Rudolf von Habsburg«, also einen Nachzügler des Holzbauerschen »Günther von Schwarzburg«10, mit der Bitte, ihn in Musik zu setzen. Mozart antwortete am 21. März 178511:


Was aber die Oper anbelanget, würde ich Ihnen damals ebenso wenig darüber haben schreiben können als itzt. Lieber Hr. Gehr. Rat! Ich habe die Hände so voll zu tun, daß ich fast keine Minute finde, die ich für mich anwenden könnte. Als ein Mann von so großer Einsicht und Erfahrung wissen Sie selbst besser als ich, daß man so was mit aller möglichen Aufmerksamkeit und Überlegung – nicht einmal – sondern vielmal überlesen muß. Bishero hatte noch nicht Zeit, es einmal – ohne Unterbrechung zu lesen. Alles was ich dermalen sagen kann, ist daß – ich es noch nicht aus Handen geben möchte; ich bitte Sie also, mir dies Stück noch auf einige Zeit anzuvertrauen. Im Falle es mir Lust machen sollte es in Musik zu setzen, so wünschte doch vorher zu wissen, ob es eigentlich an einem Orte zur Aufführung bestimmt seye? – Denn so ein Werk verdiente sowohl von Seiten der Poesie als Musik nicht umsonst gemacht zu seyn. Ich hoffe mir über diesen Punkt eine Erläuterung von Ihnen.


Dieser Plan, der, wenn er verwirklicht worden wäre, der bereits wieder in Verfall geratenen deutschen Volloper Schweitzerschen und Holzbauerschen Stiles einen unerwarteten, mächtigen Bundesgenossen zugeführt[82] hätte, scheint daran gescheitert zu sein, daß Mozart keine sichere Gewähr dafür hatte, ob und wo sein Werk auch aufgeführt worden wäre. In demselben Briefe macht er aber auch seinem Unmut über die damaligen Wiener Opernverhältnisse in einer Weise Luft, die seine hohe Meinung von dem Berufe der deutschen Kunst mit echt Mozartscher Deutlichkeit offenbart:


Nachrichten, die zukünftige teutsche Singbühne betreffend kann ich Ihnen noch dermalen keine geben, da es dermalen noch (das Bauen in dem dazu bestimmten Kärntnertor-Theater ausgenommen) sehr stille her gehet. – Sie soll mit anfangs Oktober eröffnet werden. Ich, meinestheils, verspreche ihr nicht viel Glück. – Nach den bereits gemachten Anstalten sucht man in der That mehr die bereits vielleicht nur auf einige Zeit gefallene teutsche Oper gänzlich zu stürzen, als ihr wieder empor zu helfen und sie zu erhalten. Meine Schwägerin Lange nur allein darf zum teutschen Singspiele. – Die Cavallieri, Adamberger, die Teuber, lauter Teutsche, worauf Teutschland stolz seyn darf, müssen beym welschen Theater bleiben – müssen gegen ihre eigenen Landsleute kämpfen! – – – Die teutschen Sänger und Sängerinnen dermalen sind leicht zu zählen! – und sollte es auch wirklich so gute als die benannten, ja, auch noch bessere geben, daran ich doch sehr zweifle, so scheint mir die hiesige Theaterdirection zu öconomisch und zu wenig patriotisch zu denken um mit schwerem Geld Fremde kommen zu lassen, die sie hier im Orte besser – wenigstens gleich gut – und umsonst hat. – Denn die welsche Truppe braucht ihrer nicht – was die Anzahl betrifft; sie kann für sich alleine spielen. – Die Idee dermalen ist, sich bey der teutschen Oper mit Acteurs und Actricen zu behelfen, die nur zur Noth singen; – zum größten Unglück sind die Directeurs des Theaters sowohl als des Orchesters beybehalten worden, welche sowohl durch ihre Unwissenheit als Unthätigkeit das meiste dazu beygetragen haben, ihr eigenes Werk fallen zu machen. Wäre nur ein einziger Patriot mit am Brette – es sollte ein anderes Gesicht bekommen! – Doch da würde vielleicht das so schön aufkeimende National-Theater zur Blüthe gedeihen, und das wäre ja ein ewiger Schandfleck für Teutschland, wenn wir Teutsche einmal mit Ernst anfiengen teutsch zu denken – teutsch zu handeln – teutsch zu reden und gar teutsch – zu singen!!! – Nehmen Sie nur nicht übel, mein bester Hr. geh. Rath, wenn ich in meinem Eifer vielleicht zu weit gegangen bin. Gänzlich überzeugt mit einem teutschen Manne zu reden, ließ ich meiner Zunge freyen Lauf, welches dermalen leider so selten geschehen darf, daß man sich nach solch einer Herzensergießung kecklich einen Rausch trinken dörfte, ohne Gefahr zu laufen seine Gesundheit zu verderben.


Am 16. Oktober wurde die deutsche Oper mit Monsignys »Felix« (in Andrés Übersetzung) eröffnet. Das Personal bestand aus den Sängern Ruprecht, Saal (diese beiden gehörten auch der italienischen Truppe an), Dauer, Arnold, Schikaneder (seit 1785),Grünberg und Rothe und aus den Sängerinnen Teyber, Lange, Saal (zugleich der italienischen Oper angehörend), Stierle, Rothe und Delop12. Das auf deutscher Seite Gebotene reichte indessen nicht entfernt an die Leistungen der italienischen Oper heran. An deutschen Originalwerken wurden 1785 nur noch zwei, Ruprechts »Dorfhändel[83] oder Bund über Eck« und F. Teybers »Dorfdeputierte« gegeben, 1786 folgten weitere sechs13, 1787 noch vier14, daneben gingen übersetzte französische und italienische Stücke her. Damit war es mit der deutschen Oper in Wien abermals zu Ende. Im Karneval 1788 löste sich die Truppe auf; erst 1794 wurde unter der Leitung Müllers und Süßmayrs ein neuer Versuch gemacht.

Mozart wurde trotz dem anhaltenden Erfolge der »Entführung« mit einer einzigen Ausnahme nicht wieder beschäftigt, und diese betraf keine regelrechte Oper, sondern nur ein Gelegenheitsstück, allerdings von ganz besonderem Charakter. Am 7. Februar 1786 fand in der Orangerie zu Schönbrunn ein »Lustfest zu Ehren der Generalgouverneure der Niederlande« statt, bei dem die besten Mitglieder des Schauspiels wie der deutschen und italienischen Oper mitwirken sollten. Ja, es scheint sogar auf einen Wettstreit zwischen den beiden Opernformen abgesehen gewesen zu sein, denn das Thema sowohl des italienischen als des deutschen Stückes bildete nach beliebtem Brauche15 die Verspottung der Oper selbst und ihres Apparates. Das italienische Stück »Prima la musica e poi le parole« wurde von Casti gedichtet und von Salieri komponiert16, das deutsche, Der Schauspieldirektor17, hatte Stephanie d.J. zum Verfasser und Mozart zum Komponisten; ein Vergleich der beiden Texte läßt die ganze Kluft erkennen, die, was poetischen Geschmack und ästhetische Kultur überhaupt anbelangt, die beiden Gattungen auch dichterisch voneinander trennte. Die Besetzung war folgende:


Frank, ein SchauspieldirektorHr. Stephanie d.j.

Eiler, ein BanquierHr. Brockmann.

Buff SchauspielerHr. Lange.

Herz SchauspielerHr. Weidmann.

Mad. Pfeil SchauspielerinMad. Sacco.

Mad. Krone SchauspielerinMad. Adamberger.

Mad. Vogelsang SchauspielerinMad. Stephanie.

Vogelsang, ein SängerHr. Adamberger.

Mad. Herz SängerinMad. Lange.

Mlle. Silberklang SängerinMad. Cavalieri.


Das ganze Festspiel sollte am 11. Februar im Kärntnertortheater wiederholt werden, indessen mußte die Aufführung wegen Unpäßlichkeit des Sängers Dauer abgesagt werden. So erlebte das Mozartsche Werk nur noch[84] zwei Wiederholungen, am 18. und 25. Februar18. Um so mehr wurde an Text und Musik nach Mozarts Tode herumgebosselt, um das Stück auf der Bühne zu erhalten19. In Weimar bearbeitete Goethe Cimarosas auf einen ganz ähnlichen Text komponierten »Impresario in angustie«, der schon im Sommer 1787 in Rom seinen Beifall gefunden hatte20, unter dem Titel »Theatralische Abenteuer«21 und ließ ihn 1791, zunächst mit Cimarosas Musik, aufführen. Später wurde damit noch die ganze Musik des Mozartschen »Schauspieldirektors« verquickt und das Ganze am 14. Oktober 1797 mit Beifall aufgeführt22. Später wurde es mit nochmaligen Änderungen wiederholt23 und auch von anderen Bühnen übernommen.

In Wien wurde das Stück zunächst 1797 wieder dreimal aufgeführt, 1814 erfolgte eine neue Bearbeitung von M. Stegmayer24. 1845 kam Louis Schneider in Berlin auf den Einfall, einen ganz neuen Text zu verfassen, worin Mozart selbst auftritt, und zwar wie er unter Schikaneders Einfluß die »Zauberflöte« komponiert; auch sein Verhältnis zu Aloysia wird darin behandelt25. Da die vorhandenen Stücke nicht ausreichten, so nahm Schneider noch einige andere in der Taubertschen Instrumentation hinzu26. So entstand einer der uns ja auch aus der jüngsten Zeit bekannten dramatischen Wechselbälge »aus dem Leben berühmter Männer«, die ihre Wirkung auf das liebe Publikum nie zu verfehlen pflegen; auf irgendwelchen Kunstwert kann diese Art von Theaterspeise keinen Anspruch machen. Natürlich hatte das Schneidersche Flickwerk großen Erfolg, es drang 1856 sogar zu den Pariser »Bouffes Parisiens« hinüber27. Ein Kind desselben Geistes ist das Singspiel R. Genées »Der Kapellmeister«, das am 13. März 1896, ebenfalls in Berlin, zuerst in einem Mozartkonzert und dann im Opernhause aufgeführt wurde; auch hier tritt Mozart selbst auf, und sind dem »Schauspieldirektor« noch andere Mozartsche Stücke hinzugefügt28.

Die beiden im Partiturentwurf erhaltenen deutschen Arien »Männer suchen stets zu naschen« (K.-V. 433, S. XXIV. 43), einem Wahrmund in den Mund gelegt, für Baß, und »Müßt ich auch durch tausend Drachen« (K.-V. 435, S. XXIV. 45), mit Carl bezeichnet, für Tenor, gehören der Handschrift nach in dieselbe Zeit29; sie sind wohl Einlagen in fremde Singspiele gewesen.

Unterdessen hatte, ganz gegen Mozarts Erwartungen, die italienische Oper einen gewaltigen Aufschwung genommen. Der Kaiser hatte, teils durch persönliches Eingreifen, teils durch Salieris Vermittelung, eine Truppe zusammengebracht, die bei Publikum und Kennern gleichen Beifall[85] fand30. Der Schwerpunkt lag in der Buffooper, doch wurden gelegentlich auch ernste Opern aufgeführt, und zwar gewöhnlich berühmten Sängern zu Ehren, so 1783Glucks »Taurische Iphigenie« italienisch mit der alternden Bernasconi31 und 1785 Sartis »Giulio Sabino« mit dem Kastraten L. Marchesi32. Von den älteren deutschen Kräften traten die Herren Ruprecht, Adamberger und Saal und die Damen Cavalieri, Lange, Teyber und Saal zur italienischen Oper über33. Aus Italien wurden 1781 berufen der ausgezeichnete Baßbuffo Francesco Benucci34, der im selben Jahre Wien zwar wieder verließ, aber wegen des ungenügenden Ersatzes durch Marchesini 1784 wieder berufen wurde35, ferner der treffliche Bariton Stefano Mandini36, Francesco Bussani37, Pugnetti und der Tenorist O'Kelly, Mozarts Freund. Aus Italien kamen ferner 1783 die Engländerin Nancy Storace, die im selben Jahre auch in Venedig aufgetreten war38 (»detta l'Inglesina«), und die Mandini. 1785 folgten Celestina Coltellini39, die Calvesi40, Molinelli, Nani und die Deutsche Distler.

Am 22. April 1783 fand die Eröffnung der italienischen Oper mit Salieris neu bearbeiteter »Scuola dei gelosi« statt; der Erfolg war derart, daß das Werk fünfundzwanzigmal wiederholt werden mußte41. Salieris zweite Oper, »L'Italiana in Londra« (5. Mai), fiel zwar etwas ab, dagegen erwies sich Sartis »Fra due litiganti il terzo gode« als besonderer Treffer42. Am 26. Juli 1783 schrieb Schröder43: »Die welsche Oper hat großen Zulauf, und das deutsche Schauspiel bleibt leer.«

Mozart wurde bei den Aufträgen für die italienische Oper zunächst ebenso hartnäckig übergangen wie bei der deutschen; seine einzigen Beiträge dazu waren die Einlagen in Anfossis »Curioso indiscreto« (1783) und Bianchis »Villanella rapita«44. Als seine Hoffnungen auf eine deutsche Oper immer mehr schwanden, wandte er, nur um Gelegenheit zur Komposition einer Oper überhaupt zu bekommen, seine Aufmerksamkeit den Italienern zu, deren bedeutende Leistungen auch auf ihn ihren Eindruck nicht verfehlten. Schon Ende 1782 war er auf Graf Rosenbergs Rat auf die Suche nach einem italienischen Text gegangen45, jetzt bestärkten ihn die Erfolge der Italiener in diesem Vorhaben. Am 7. Mai 1783 schreibt er dem Vater46:


Nun hat die italienische opera buffa allhier wieder angefangen, und gefällt sehr. Der Buffo ist besonders gut, er heißt Benucci. Ich habe leicht 100 – ja wohl mehr[86] Bücheln durchgesehen – allein ich habe fast kein einziges gefunden mit welchem ich zufrieden seyn könnte, wenigstens müßte da und dort vieles verändert werden, und wenn sich schon ein Dichter mit diesem abgeben will, so wird er vielleicht leichter ein ganz neues machen; – und neu ist es halt doch immer besser. Wir haben hier einen gewissen Abbate da Ponte als Poeten. Dieser hat nunmehro mit der Correktur im Theater rasend zu tun – muß per obligo ein ganz neues Büchel für den Salieri machen, das wird vor 2 Monaten nicht fertig47, dann hat er mir ein neues zu machen versprochen. Wer weiß nun, ob er dann auch sein Wort halten kann – oder will! – Sie wissen wohl, die Herren Italiener sind ins Gesicht sehr artig! – genug, wir kennen sie! Ist er mit Salieri verstanden, so bekomme ich mein Lebtage keins – und ich möchte gar zu gerne mich auch in einer welschen Opera zeigen.


Sein Auge fiel zunächst, wie wir sahen, auf Varesco, mit dem er bei seinem Salzburger Aufenthalt in persönliche Verbindung trat; die Frucht ihrer gemeinsamen Arbeit war Varescos Text zu »Oca del Cairo«48. Während jedoch Mozart zu Anfang mit wahrem Feuereifer darauf eingegangen war, kamen ihm im Verlaufe der Arbeit immer stärkere Bedenken. Varesco mußte Änderungen über Änderungen vornehmen und scheint darüber Lust und Geduld verloren zu haben – kurz, vom 10. Februar 1784 an ist in Mozarts Briefen nicht mehr davon die Rede49, und die angefangene Arbeit blieb liegen. Vollendet wurden von dem Ganzen (K.-V. 422, S. XXIV. 37) ein Rezitativ und die Skizze einer Tenorarie des Biondello, außerdem sechs Stücke im Partiturentwurf, wobei wie gewöhnlich Singstimmen und Baß ganz ausgeschrieben sind, während der Orchesterpart nur mehr oder weniger genau angedeutet ist50.

Auch an diesem Bruchstücke sind Ergänzungsversuche gemacht worden. Victor Wilder machte unter Hinzufügung der Ouvertüre und Einleitung zum »Sposo deluso«, des Terzetts aus der »Villanella rapita« und einer weiteren, unbeglaubigten Ariette eine zweiaktige Oper »L'oie du Caire« daraus, die Instrumentation besorgte T. Ch. Constantin51. In dieser Gestalt wurde das Werk am 6. Juni 1867 auf dem Theater der »Fantaisies parisiennes« mit großem Beifall aufgeführt. Im Oktober 1867 folgte das Friedrich-Wilhelmstädtische Theater in Berlin, am 15. April 1868 das Theater in der Leopoldstadt in Wien, aber ohne besonderen Erfolg52.

Trotz diesem Fehlschlag ruhten Mozarts italienische Pläne nicht. Auf den Goldonischen Text53 ist er zwar nicht wieder zurückgekommen, dagegen beschäftigte ihn in dem Jahre 1783 oder 1784 ein anderes, älteres54 Buch »Lo sposo deluso« (Der gefoppte Bräutigam) mit dem Untertitel »La[87] rivalità di tre donne per un solo Amante« (K.-V. 430, S. XXIV. 38). Die Zeit der Komposition erhellt ungefähr aus der Bezeichnung der Storace als Signora Fischer. Sie hatte den englischen Violinvirtuosen Dr. Fisher geheiratet – ein recht unüberlegter Schritt, denn Fisher mißhandelte sie und wurde 1784 vom Kaiser aus Wien verwiesen55. Da die Storace später nie den Namen ihres Mannes geführt hat, konnte sie Mozart wohl nur kurze Zeit nach ihrer Verheiratung unter ihm aufführen.

Das von Mozart selbst angelegte Personenverzeichnis56 lautet:


Primo Buffo caricato: Bocconio

[Sempronio]

Papparelli, uomo sciocco e

facoltoso,

promesso in marito ad Eugenia.Sigre. Benucci.

Prima Buffa: Eugenia [Emilia],

giovane Romana di nobili natali,

alquanto capricciosa e promessa

in consorte a Bocconio, ma fida

amante di Don Asdrubale.Sgra. Fischer.

Primo mezzo carattere: Don

Asdrubale

[Annibale], uffiziale Toscano,

molto coraggioso ed amante di

Eugenia.Sigre. Mandini.

Seconda Buffa: Bettina [Laurina],

nipote di Bocconio, ragazza vana

ed inamorata di Don Asdrubale.Sgra. Cavalieri.

Secondo Buffo caricato: Pulcherio

[Fernando], sprezzator delle

donne ed amico di Bocconio.Sgre. Bussani.

Secondo Buffo mezzo carattere:

Gervasio, tutore di Eugenia,

Che poi inamorasi di Metilde.Sgre. Pugnetti.

Terza Buffa: Metilde, virtuosa

di canto e ballo, anch' essa

inamorata di Don Asdrubale e

finta amica di Bettina.Sgra. Teiber.


Erhalten sind von dem zweiaktigen Werke vollständig die Ouvertüre, die mit ihr unmittelbar verbundene »introduzione« und das Terzett Eugenias, Asdrubales und Bocconios (I 9), ferner im Entwurf eine Arie Eugenias (I 3) und Pulcherios (I 4). Auch diese Oper blieb schließlich liegen. Im ersten Entwurfe blieb ferner ein komisches Männerterzett »Del gran regno dell' Amazoni« (K.-V. 434, S. XXIV. 44) stecken, das nach Jahns begründeter Vermutung57 aus der Oper »Il regno delle Amazoni« stammt; sie war 1783 zuerst in Parma und 1784 in Florenz aufgeführt worden.58 Auch dieser Text gehörte wohl zu den vielen, von Mozart damals studierten »Opernbücheln«.

Allen diesen Plänen fehlte jedoch zu ihrer Verwirklichung das für jene[88] Zeit Wichtigste, der offizielle Auftrag. Den Triumphen der Sarti und Paisiello gegenüber hatte selbst Salieri zeitweise einen schweren Stand. Immerhin hatte dieser daneben noch einige große auswärtige Erfolge zu verzeichnen, so 1782 die »Semiramide« in München59 und namentlich 1784 (26. April) »Les Danaïdes« in Paris, die er der Gönnerschaft Glucks verdankte60; so blieb sein Einfluß auch in Wien in stetiger Zunahme.

Da führte eine seltsame Verkettung der Umstände Mozart einen Dichter zur Seite, der ihn aller Schwierigkeiten überhob und durch seine Mitarbeit mit ihm ein Stück Unsterblichkeit erlangt hat. Emanuele Conegliano war am 10. März 1749 als Sohn einer jüdischen Familie zu Ceneda in Venezien geboren und hatte mit seiner am 29. August 1763 durch den Bischof von Ceneda, Lorenzo da Ponte, erfolgten Taufe dessen Namen angenommen61. Er trat dann ins Priesterseminar ein und empfing 1773 die Priesterweihe, weswegen er sich von da ab stets Abbate da Ponte nannte. Von hier an beginnt seine mit Liebesabenteuern und Konflikten mit den Behörden reichlich durchsetzte Laufbahn, die ihn nie lange an einem Orte verweilen ließ. 1774 wurde er Lehrer der Rhetorik und Musik am Seminar zu Triest. Aber auch hier war seines Bleibens nicht lange: 1777 wurde er aus dem Venezianischen ausgewiesen, weil er die politischen Verhältnisse in einem satirischen Gedichte angegriffen hatte, und suchte sein Heil jenseits der Alpen, zunächst (vermittelst eines gefälschten Briefes des Librettisten Mazzolà) 1780 in Dresden und dann, vonMazzolà an Salieri empfohlen, 1781 in Wien, wo ihn Mozart am 7. Mai 1783 erstmals erwähnt, und zwar als Librettisten von Salieris62 »Il ricco d'un giorno«; Salieri hatte ihn also bereits dem Kaiser empfohlen und seine Anstellung als Theaterdichter neben Casti durchgesetzt. Aber die Freundschaft mit Salieri ging bei dem Mißerfolg dieser Oper in die Brüche; der Komponist schwur, er wolle sich eher die Finger abhacken lassen als nochmals einen Vers von da Ponte in Musik setzen. Er schwenkte wieder zu Casti ab und hatte mit dessen »Grotta di Trofonio« (12. Oktober 1785) einen weit besseren Erfolg. Nun entspann sich ein heimlicher, aber erbitterter Kampf zwischen da Ponte und dem ihm dichterisch weit überlegenen Casti, der bereits anerkannt war und zudem mächtige Gönner hatte, darunter den Grafen Rosenberg selbst. Casti zog gegen den Nebenbuhler bald mit ironischem Lobe, bald mit offenem Tadel zu Felde und spielte in der Operette »Prima la musica e poi le parole«63 unmißverständlich auf da Ponte als Theaterdichter an. Dieser selbst verscherzte sich durch sein eitles Gebaren viele Sympathien; es fiel dem Tenoristen O'Kelly nicht schwer, ihn zur großen Freude des Publikums in einer seiner eigenen[89] Opern, »Il Demogorgone« (1786), komponiert von Righini, auf der Bühne zu kopieren64. Sein Hauptziel war natürlich, für seine Texte gute Komponisten zu gewinnen. Da war zunächst Vicente Martin y Soler (1754–1806) aus Valencia (daher in Italien »Lo Spagnuolo« genannt); er hatte sich nach seinen ersten Opernerfolgen in seiner Heimat nach Italien gewandt, wo er 1779 zuerst mit einer »Ifigenia in Aulide« in Neapel auftaucht65; bis 1785 folgte eine stattliche Reihe weiterer für Turin, Lucca, Parma und Venedig66, wobei die Buffooper vorherrscht. Seine letzten italienischen Erfolge, in Parma und Venedig, fallen in die Spielzeit 1784–1785. Dann kam er nach Wien, wo er den Schutz der einflußreichen Frau des spanischen Gesandten genoß. Hier bearbeitete da Ponte auf den Befehl des ihm stets sehr wohlgesinnten Kaisers für ihn die Oper »Il burbero di buon core« (nach Goldoni), die am 4. Januar 1786 mit glänzendem Erfolge in Szene ging. Weniger Glück hatte da Ponte mit seinem »Finto cieco« (20. Februar 1786) für Gazzaniga und dem »Demogorgone« (12. Juli 1786) für Righini, und das bestimmte ihn, erneut mit Mozart in Verbindung zu treten, dem er schon 1783 einen Text in Aussicht gestellt hatte. Das Ergebnis war schließlich die Oper »Le Nozze di Figaro«.

Die beiden letzten Textdichter Mozarts, da Ponte und Schikaneder, sind typische Vertreter jener merkwürdigen Zeit, wo die Schwindler und Abenteurer dicht neben den wirklich genialen Menschen wohnten. Auch da Ponte war ein gescheiter Kopf, wenn auch die verstandesmäßige und kritische Ader bei ihm weit stärker entwickelt war als die schöpferische. Wo es galt, fremdes Gut zu bearbeiten, erwies er sich weit geschickter als wenn es sich, wie z.B. bei »Così fan tutte«, um eine Originalschöpfung handelte. Zum wirklichen Dichter fehlte ihm das meiste, denn er betrieb seine literarische Tätigkeit teils aus Geschäftsrücksichten, teils aus Eitelkeit und Ehrgeiz. Sein Charakter war mehr als zweifelhaft; Frauen, Spiel, politische Hetzarbeit und literarische Sensationslust füllten den größten Teil seines Lebens aus. Sein brennender Ehrgeiz äußerte sich in einer oft grotesk wirkenden Sucht, seine eigene Persönlichkeit in den Vordergrund zu drängen. Dabei hat er es, wie seine Denkwürdigkeiten lehren, auch mit der Wahrheit nie genau genommen, weshalb diese nur mit äußerster Vorsicht als Quelle zu benutzen sind. Er war der begabteste Textdichter, den Mozart gefunden hat, aber auch der skrupelloseste.

Nach seinen Denkwürdigkeiten erfolgte seine Bekanntschaft mit Mozart bei dem Baron von Wetzlar, da Pontes Stammesgenossen, den wir bereits kennen67. Dieser erbot sich, falls die von Mozart zu komponierende Oper in Wien nicht angenommen werden sollte, dem Dichter ein »anständiges« Honorar zu zahlen und das Werk in Paris oder London anzubringen. Da Ponte will dieses Anerbieten ausgeschlagen und den Vorschlag gemacht[90] haben, das Werk in aller Stille zu vollenden und dann den Kaiser damit zu überraschen. Als es sich um die Wahl des Stoffes handelte, schlug Mozart die Bearbeitung von Beaumarchais' Lustspiel »Le mariage de Figaro« vor, das seit seiner Pariser Aufführung vom 27. April 1784 alle Gemüter in Atem hielt68. Das war sehr gewagt, denn Joseph II. hatte die Aufführung des Lustspieles im Wiener Nationaltheater verboten. Allein da Ponte hoffte trotzdem dieser Schwierigkeiten Herr zu werden; er begann in aller Stille mit der Bearbeitung, Mozart aber folgte seiner Arbeit mit seiner Musik Schritt für Schritt, und in sechs Wochen war die ganze Oper fertig. Zum Glück bestand gerade damals ein großer Mangel an neuen Opern; da Ponte ging also geradeswegs zum Kaiser und setzte ihn von dem Werke in Kenntnis. Joseph II. äußerte sein Bedenken, erstens, weil er das Stück verboten habe, und zweitens, weil Mozart zwar ein trefflicher Instrumentalkomponist sei, aber erst eine Oper geschrieben habe, die zudem nicht sehr viel zu bedeuten gehabt habe (»non era gran cosa«). Da Ponte suchte ihn zu beruhigen, er habe in dem Stücke vieles weggelassen oder gekürzt, was wider den Anstand und die gute Sitte verstoße, er hoffe ein Werk geschaffen zu haben, das eines unter dem Schutze Sr. Majestät stehenden Theaters würdig sei. Auch für Mozart trat er mit allem Nachdruck ein. Jetzt gab der Kaiser nach, beschied Mozart alsbald durch einen Lakaien zu sich und befahl, nachdem er einige Stücke gehört hatte, die Einstudierung der Oper. Das brachte nun aber wiederCasti und den von diesem beeinflußten Grafen Rosenberg aufs höchste auf, und da dieser die Einstudierung nicht mehr hindern konnte, suchte er sie wenigstens zu erschweren, wo er nur konnte69.

So lautet da Pontes Bericht über die Entstehung des »Figaro«. Er entspricht wohl im allgemeinen dem tatsächlichen Verlauf, ist aber im einzelnen in des Dichters sensationslüsterner Art ausgeschmückt. Von Mozart selbst haben wir keine Zeile darüber erhalten. Dagegen schreibt L. Mozart am 11. November 1785 seiner Tochter70:


Endlich habe vom 2ten November einen Brief von Deinem Bruder erhalten und zwar in 12 Zeilen. Er bittet um Verzeihung, weil er über Hals und Kopf die Opera »Le nozze di Figaro« fertig machen muß. Er dankt mir und Euch für den[91] Glückwunsch und bittet mich ihn besonders bey Dir zu entschuldigen, und nebst Empfehlungen Euch zu melden, daß er Deinen Brief gleich zu beantworten nicht Zeit hat, daß er, um den Vormittag zum Schreiben frey zu haben, alle seine Scolaren auf Nachmittag verlegt hat etc. etc. – ich kenne die pièce, es ist ein sehr mühsames Stück und die Übersetzung aus dem Französischen hat sicher zu einer Opera frey müssen um geändert werden, wenns für eine Opera Wirkung thun soll. Gott gebe, daß es in der action gut ausfallt; an der Musik zweifle ich nicht. Das wird ihm eben vieles Lauffen und Disputieren kosten, bis er das Buch so eingerichtet bekommt, wie ers zu seiner Absicht zu haben wünschet – und er wird immer daran geschoben und sich hübsch Zeit gelassen haben, nach seiner schönen Gewohnheit, nun muß er auf einmal mit Ernst daran, weil er vom Gr. Rosenberg getrieben wird.


Das stimmt nicht mit der von da Ponte berichteten Geheimhaltung der Komposition überein. In seinem Verzeichnis führt sie Mozart unter dem 29. April 1786 auf; das war nach seiner Gewohnheit der Tag, an dem er, unmittelbar vor der Aufführung, die Ouvertüre niederschrieb71. Auch die Vollendung in sechs Wochen klingt nicht sehr wahrscheinlich, dagegen entspricht die starke Gegnerschaft, die die Oper schon bei den Proben fand, den Tatsachen, denn auch L. Mozart spricht von »erstaunlich starken Kabalen«, hinter denen er Salieri und seinen Anhang vermutet72. Jedenfalls war Mozart aber zur Zeit, da der »Figaro« seiner Vollendung entgegenging, mit Arbeiten überhäuft, wie kaum je in seinem arbeitsreichen Leben, denn sein Verzeichnis führt vom 5. November 1785 bis zum 29. April 1786 neben kleineren Gesangsstücken zwei große Klavierkonzerte, in Es-Dur und c-Moll (K.-V. 482, 491), die Violinsonate in Es-Dur (K.-V. 481) und den »Schauspieldirektor« auf.

Je näher der Tag der Aufführung rückte, desto schwieriger gestaltete sich Mozarts Lage. Kelly berichtet darüber:


Es waren drei Opern auf dem Tapet, eine von Righini (»Il Demogorgone«), eine von Salieri (»La grotta di Trofonio«)73 und eine von Mozart. Sie waren so ziemlich gleichzeitig zur Aufführung fertig und jeder Komponist nahm das Recht für sich in Anspruch, seine Oper zuerst aufzuführen, dadurch entstand große Uneinigkeit und es bildeten sich Parteien. Der Charakter der drei Männer war sehr verschieden. Mozart war auffahrend wie Schießpulver und schwur, die Partitur seiner Oper ins Feuer zu werfen, wenn sie nicht zuerst auf die Bühne käme; seine Ansprüche wurden von einer eifrigen Partei unterstützt. Im Gegenteil arbeitete Righini wie ein Maulwurf im Dunkeln, um den Vorsprung zu gewinnen. Der dritte Kandidat war Hofkapellmeister, ein schlauer, gewandter Mann, der besaß was Bakon »crooked wisdom« [die Weisheit der krummen Wege] nennt, und seine Ansprüche wurden von drei der Hauptsänger unterstützt, welche eine nicht eicht zu besiegende Kabale anzettelten. Jeder von den Operisten nahm an diesen[92] Zwistigkeiten Antheil. Ich allein stand auf Mozarts Seite, natürlich genug, denn er hatte ein Recht auf meine wärmste Theilnahme durch meine Bewunderung seines mächtigen Talents und meine Dankbarkeit für manche persönliche Gefälligkeit. Endlich wurde der Streit geschlichtet durch den Befehl des Kaisers, Mozarts Oper sogleich zu probiren.


Vorgänge dieser Art sind nun freilich unter den damaligen Verhältnissen nichts Ungewöhnliches gewesen74. Die Hauptkrakehler scheinen auch hier die Sänger gewesen zu sein, wie aus Niemetscheks Bericht hervorgeht, der sich freilich nach »glaubwürdigen Zeugen« bis zu der Behauptung versteigt, die Sänger hätten durch vorsätzliche Fehler die Oper zu stürzen versucht, so daß sie auf Mozarts Veranlassung nach dem ersten Akte vom Kaiser selbst eine ernste Rüge erhalten hätten75. Das scheint indessen übertrieben zu sein, denn Kelly rühmt gerade die ersten Wiener Aufführungen des »Figaro« als besonders gut.


Alle ersten Darsteller hatten den Vortheil, durch den Komponisten selbst unterwiesen zu werden, der seine Ansichten und seine Begeisterung auf sie übertrug. Nie werde ich sein kleines, belebtes Antlitz vergessen, wie es leuchtete, erglühend vom Feuer des Genius – es ist nicht möglich, das zu beschreiben, so wenig als Sonnenstrahlen zu malen.

Ich erinnere mich, wie Mozart im rothen Pelz und Tressenhut bei der ersten Generalprobe auf der Bühne stand und das Tempo angab. Benucci sang Figaro's Arie »Non più andrai« mit der größten Lebendigkeit und aller Kraft seiner Stimme. Ich stand dicht neben Mozart, der sotto voce wiederholt rief: »bravo, bravo Benucci«, und als die schöne Stelle kam: »Cherubino, alla vittoria, alla gloria militar!« welche Benucci mit Stentorsstimme sang, war die Wirkung auf alle, die Sänger auf der Bühne wie die Musiker im Orchester, eine wahrhaft elektrische. Ganz außer sich vor Entzücken rief alles »bravo! bravo maestro! viva! viva grande Mozart!« Im Orchester konnten sie kein Ende finden mit Klatschen und die Geiger klopften mit dem Bogen auf die Notenpulte. Der kleine Mann sprach in wiederholten Verbeugungen seinen Dank für den enthusiastischen Beifall aus, der ihm auf so außerordentliche Weise ausgedrückt wurde.


Die Besetzung bei der ersten Aufführung war nach Mozarts thematischem Verzeichnis – das Textbuch ist leider verschollen – folgende76:


Il conta Almaviva Sgre. Mandini.

La contessa Sgra. Laschi.

Susanna Sgra. Storace.

Figaro Sgre. Benucci.

Cherubino Sgra. Bussani.

Marcellina Sgra. Mandini.

Basilio Sgre. Ochelly.77

Don Curzio Sgre. Ochelly.

Bartolo Sgre. Bussani.

Antonio Sgre. Bussani.

Barbarina Nannina Gottlieb.78
[93]

Die Aufnahme von seiten des Publikums, als die Oper am 1. Mai 1786 zuerst aufgeführt wurde, entsprach dieser günstigen Vorbedeutung79. »Nie hat man einen glänzenderen Triumph gefeiert«, sagt Kelly, »als Mozart mit seinen ›Nozze di Figaro‹«. Das Haus war gedrängt voll, viele Stücke mußten wiederholt werden, so daß die Oper beinahe die doppelte Zeit spielte; am Schluß aber wurde das Publikum nicht müde zu klatschen und Mozart herauszurufen. Und am 18. Mai konnte der Vater seiner Tochter schreiben: »Bey der zweyten Aufführung von Figaros Hochzeit in Wien [3. Mai] sind fünf Stücke und bey der dritten sieben Stücke wiederholt worden [8. Mai], worunter ein kleines Duett drei Mal hat müssen gesungen werden80

Dieser glänzende Erfolg zog zunächst ein kaiserliches Verbot des Da-capo-rufens in der Oper81 nach sich, das bei den Sängern ziemlich gemischte Gefühle hervorrief82. Im ersten Jahre konnte es die Oper mit ihren neun Aufführungen (1., 3., 8., 24. Mai, 4. Juli, 28. August, 23. September, 15. November, 18. Dezember) mit den beliebtesten italienischen Werken aufnehmen, erhielt dagegen in der am 17. November aufgeführten »Cosa rara« von Martin eine sehr gefährliche Nebenbuhlerin beim Publikum wie beim Kaiser, der bei dieser Gelegenheit wieder auf seine alte, schon bei der »Entführung« vertretene83 Ansicht zurückkam, »daß er, wie sich die Sänger so sehr oft beklagt haben, dieselben mit seinem vollen Akkompagnement übertäubt84«. So verschwand der »Figaro« in den Jahren 1787–1788 gänzlich von der Wiener Bühne und erschien erst am 29. August 1789 wieder85.

Fußnoten

1 Brief vom 21. Dezember 1782 (B II 201).


2 B II 212 f. Dieser Gallus hieß eigentlich Joh. Mederitsch (ca. 1760–1830) und war eine Zeitlang der Klavierlehrer F. Grillparzers. Seine »Rose oder Pflicht und Liebe im Streit« wurde am 9. Februar 1783 gegeben, Gaßmanns »Notte critica« am 10. Januar.


3 L. Gatti war damals Kapellmeister in Salzburg, s. I 4.


4 Meyer, L. Schröder I 358 f. AMZ XXIV 265. 1781 wurde hier Glucks »Orpheus« aufgeführt (Nicolai, Reise IV 537 f.).


5 Kelly, Rem. I 194. Zum folgenden vgl. besonders R. Haas, Einl. zu DTÖ XVIII 1, S. XIXff.


6 AMZ XXIV 269. Schröder schrieb am 21. Oktober 1782 an Dalberg: »Hier ist die deutsche Oper abgedankt, und die Komödie wird durch Reineke und Opitz verstärkt.«


7 Wiener Zeitung 1784, Nr. 7.


8 I 456 ff.


9 I 458.


10 So J II4 253. Am 20. Januar 1781 legte Klein diesen Text der kurf. deutschen Gesellschaft in Mannheim vor und errang großen Beifall damit (Rhein. Beitr. z. Gelehrs. 1781, I 383 f.). Später arbeitete er ihn zu einem Drama um, das 1781 erschien.


11 B II 265.


12 Haas a.a.O. S. XIX.


13 Die glücklichen Jäger (Umlauf), Der Alchymist (Schuster), Apotheker und Doktor (Dittersdorf), Robert und Hannchen (Hanke), Betrug durch Aberglauben (Dittersdorf), Zemires und Azors Ehestand (Umlauf).


14 Die Liebe im Narrenhause (Dittersdorf), Das wütende Heer (Ruprecht), Im Finstern ist nicht gut tappen (Schenk), Die Illumination (Kürzinger). Die drei Pächter (Pohl, Haydn II 380) von Becker sind eine Übersetzung, Haas a.a.O.


15 I 337, 343 f.


16 Mosel, Salieris Leben und Werke, S. 90.


17 Der Schauspieldirektor. Ein Gelegenheitsstück in einem Aufzuge. Wien 1786. Mozart nennt ihn »eine Comödie mit Musik«. Der Schauspieler Buff heißt im Autograph und im alten Textbuch Puf. Vgl. R. Hirsch, Mozarts Schauspieldirektor, Leipzig 1859.


18 Haas a.a.O. S. XX.


19 R. Genée, MBM 1896, Heft 2, S. 60 ff.


20 Ital. Reise, Jub.-A., Bd. 27, 81.


21 Goethe, Tag- und Jahreshefte 1791, Jub.-A. 30, 14. Vierteljahrsschr. f. Literaturgesch. III 478 f.


22 W. Morrris, Goethejahrbuch XXVI, S. 4 f.


23 Goethe, Briefe, Weim. Ausg. XIV 80. Von Goethe selbst stammen die Lieder »An dem reinsten Frühlingsmorgen« und »Bei dem Glanz der Abendröte«, im übrigen hat der Mozartsche Text nur leichte Änderungen erfahren (vgl. Diezmann, Goethe-Schiller-Museum, S. 15 f.).


24 Hirsch, S. 18 f.


25 Deutscher Bühnenalmanach 1861.


26 Das Bandlterzett, die Arie »Männer suchen stets zu naschen« (K.-V. 433) und die Lieder »An Chloe« und »Die betrogene Welt« (K.-V. 524, 474).


27 Wilder, Mozart S. 255 f.


28 Der Text MBM 1896, H. 2, 35 ff.


29 Die Jahreszahl 1783 auf dem Autograph stammt von fremder Hand.


30 Reichardt, AMZ XV 665 f.C. Pichler, Denkw. I 78.


31 Berl. Liter.- und Theaterzeitung 1784, I 14.


32 Müller, Abschied, S. 7 f.


33 Dagegen wurde der ausgezeichnete Bassist Fischer, Mozarts erster Osmin, zu dessen großem Schmerz entlassen.


34 Er trat 1778 bis 1779 in Venedig auf, vgl. Wiel a.a.O. S. 338 ff.


35 Berl. Lit.- und Theaterzeitung I 14, 19.


36 Auch er kam aus Venedig, Wiel, S. 309 ff. 1776 tauchte er in Parma auf, vgl. P.E. Ferrari, Spettacoli drammatico-musicali in Parma 1884, p. 38.


37 Wiel S. 247 ff. 1782 in Parma, Ferrari p. 40.


38 Wiel S. 372 f.


39 S.o.S. 39.


40 Die Calvesi sang 1784 in Parma, Ferrari p. 42.


41 In der Berl. Lit.- und Theaterz. I 313 heißt es zwar: »Die erste Sängerin singt vortrefflich, dagegen ist ihre Gestikulation unausstehlich. Der Buffo wird in Ansehung des natürlichen Spiels für den besten gehalten, den man hier sah. Die übrigen sind nicht der Rede wert.«


42 Cramer, Magazin II 185.


43 Meyer, L. Schröder I 345. Eine Liste der 1783–1790 aufgeführten Opern bei Pohl, Haydn II 379 ff.


44 S.o.S. 37 ff.


45 S.o.S. 80.


46 B II 223.


47 »Il ricco d'un giorno« (6. Dezember 1784).


48 Mozart stellt dem Poeten a.a.O. einen Gewinn von 400–500 Gulden in Aussicht, »denn es ist hier der Brauch, daß der Poet allzeit die dritte Einnahme hat«.


49 B II 245.


50 Varescos geschriebenes Textbuch sowie die Partitur befinden sich auf der Berliner Bibliothek. Ein Klavierauszug von Jul. André erschien 1855. Vgl. Gr. Waldersee, AMZ 1882, S. 693 f.K. Gollmick, Eine nachgelassene Oper Mozarts, Wien 1860. R. Genée, MBM 1900, H. 9, S. 271 ff.


51 V. Wilder, Mozart, S. 203. Klavierauszug bei Heugel & Co., Paris.


52 Wurzbach, Mozartbuch, S. 39 f., 162 f. Hanslick, Die moderne Oper 1892, S. 49 f.


53 S.o.S. 81.


54 Das erhellt daraus, daß Mozart die vom Kopisten unrichtig angegebenen Personennamen geändert hat. Im Winter 1787 ging ein »Sposo deluso« mit der Musik von einem Cav. Pado in Padua in Szene, Mus. Realzeitung 1788, S. 85.


55 Kelly, Rem. I 231 f. Pohl, Mozart in London, S. 169 f.


56 Inhalt in Waldersees R.-B.S. 120, der vollständige Text nach dem auf der Berliner Bibliothek befindlichen Buche ebenda S. 140 ff. Einen Klavierauszug gab Julius André heraus, der zugleich einen Entwurf jenes Terzetts enthält (R.-B.S. 123).


57 J II4 275.


58 Also nicht 1782, wie Jahn nach Fétis meint, vgl. Ferrari, Spettacoli, p. 40. Der Dichter war G. Petrosellini (mit dem Arkadiernamen Emsildo Prosindio), der Komponist A. Accorimboni, vgl. Cramer, Magazin II 556.


59 Rudhart, Gesch. der Oper am Hofe zu München 170 f.


60 I 731.


61 Vgl. E. Fueter, Schweizer. Mus.-Ztg. LXII Nr. 12. Marchesan, Della vita e delle opere di L. da Ponte 1900. Seine »Memorie« erschienen in 4 Bänden 1823–1827 in New York, 2. Aufl. 1829–1830, in deutscher Übersetzung in C. Spindlers Belletristischem Ausland, Bd. 814–816, Stuttgart 1847 und von E. Burckhardt, 2. Aufl., Gotha 1861. Vgl. AMZ X 676 f., XLI 788 f., XLIV 769 f.


62 B. II 223. Vgl. über da Pontes Tätigkeit auch H. Boas SIMG XV 325 ff.


63 S.o.S. 84.


64 Kelly, Rem. I 235 ff.


65 Florimo IV 246.


66 Vgl. Wiel, p. 366 f. Ferrari, p. 42. Die Angabe Kellys, Rem. I 189 f. von dem großen Erfolg einer seiner Opern in Venedig mit der Storace scheint auf einer Verwechslung, vielleicht mit Salieris »Scuola dei gelosi« 1783 (Wiel, p. 373), zu beruhen.


67 I 832, 844.


68 Diese Entstehungsgeschichte des »Figaro« nach da Ponte in dessen Denkwürdigkeiten bei Burckhardt S. 118 ff. Danach war Mozart der Vater der ganzen Idee. Das wird denn wohl auch stimmen, denn da Ponte wäre der letzte gewesen, der sein Licht unter den Scheffel gestellt hätte. Trotzdem tritt Schurig II 69 in seiner merkwürdigen Antipathie gegen Jahn für da Ponte ein, und zwar nur, weil Nissen (S. 492) behauptet, die Anregung zum »Figaro« sei vom Kaiser selbst ausgegangen. Das ist nun gewiß ein Irrtum, er beweist aber doch noch lange nicht, daß da Ponte aus reinem Edelmut Mozart statt seiner vorgeschoben hätte! Nach Kelly, Rem. I 257 f., erhielt Mozart vom Kaiser einen Opernauftrag und wählte dazu den Figarostoff.


69 Da Ponte erzählt S. 129 ff. (Burckh.) von einem sehr bezeichnenden Vorfall. Graf Rosenberg ließ das Ballett im 3. Akt (bei der Hochzeitsfeier), unter Berufung auf den Kaiser, einfach streichen, was Mozart aufs äußerste erregte und beinahe zu Tätlichkeiten hinriß. In der Probe, der der Kaiser beiwohnte, blieb das Ballett weg, wodurch die Szene zwischen Susanne und dem Grafen ganz unverständlich blieb. Der Kaiser wurde aufmerksam und befahl schließlich auf da Pontes Vortrag hin endgültig die Einführung des Balletts.


70 B IV 308.


71 Die Partitur befindet sich jetzt auf der Berliner Bibliothek. Mozart hat daran noch geändert als bereits Abschriften von der Partitur genommen waren. Vgl. den R.-B.S. 78 ff. und R. Genée, MBM Oktober 1901, S. 66 f. und Februar 1902, S. 83 f. Über die äußeren Schicksale der Partitur vgl. NZfM XXXVI 261, XXXV 65 f., 77 f.


72 B IV 310. L. Mozarts Quelle war Duschek, der mit seiner Frau nach einem kurzen Aufenthalt in Wien Anfang April in einer Erbschaftsangelegenheit nach Salzburg gekommen war.


73 Das stimmt nicht, denn Salieris Oper war schon am 12. Oktober 1785 gegeben worden.


74 Sie wiederholten sich gleich bei der Aufführung von Martins »Cosa rara« am 17. November. Vgl. da Ponte, Mem. S. 135 ff. (Burckh.)


75 S. 25.


76 Daß von den deutschen Sängerinnen keine verwendet wurde, weder die Lange, noch die Cavalieri oder die Teyber, auf die Mozart doch beim »Sposo deluso« selbst gerechnet hatte (S. 88), ist auffallend und war wohl in den Parteiungen bei der Oper begründet. Durch Kelly (Remin. I 2, p. 109, 110, 135 f.) erfährt man, daß die Cavalieri von Salieri, dessen Schülerin sie war (Mosel, Salieri S. 184), in sehr auffallender Weise begünstigt wurde.


77 So schreibt Mozart den Namen; Kelly wurde, wie er selbst erzählt (Rem. I, p. 139), in Italien »Okelly« genannt.


78 Sie sang später die Pamina in der »Zauberflöte«.


79 In der Wiener Zeitung (1786, Nr. 35) wurde nur die kurze Notiz gegeben: »Montag 1. Mai wurde im Nationaltheater zum erstenmale aufgeführt ein neues italiänisches Singspiel in 4 Aufzügen, genannt ›Le nozze di Figaro‹, nach dem französischen Lustspiel des Hern. v. Beaumarchais bearbeitet von Hrn. Abb. da Ponte, Theatralpoeten; die Musik dazu ist von Hrn. Kapellmeister Mozart. La Sign. Laschi, welche seit kurzem hier wieder angekommen ist, und la Sign. Bussani, eine neue Sängerin, erschienen dabey das erstemal als Gräfin und Page.«


80 B IV 310. Nach der dritten Aufführung übernahmJoseph Weigl die Direktion am Klavier. Jahresber. des Wiener Konservatoriums f. Musik VII, N.F. 1866/67, S. 5 [D.].


81 Der nächsten Ankündigung nach der 3. Aufführung (»L'Italiana in Londra«) war folgendes beigefügt: »Es wird jederman zu wissen gemacht, daß von nun an, um die für das Singspiel bestimmte Dauerzeit nicht zu überschreiten, kein aus mehr als einer Singstimme bestehendes Stück mehr wird wiederholt werden.« Im Herbst war das Verbot schon wieder vergessen. Pohl, Haydn II, S. 125.


82 Kelly erzählt, daß Joseph nach dem Erlaß dieses Verbots in einer Probe zu Nancy Storace, Mandini und Benucci trat und sagte, er glaube ihnen dadurch eine Wohltat erwiesen zu haben, denn das beständige Wiederholen müsse ja für sie ermüdend und höchst lästig sein. Ja, habe die Storace erwidert, es ist uns allerdings sehr lästig, und Benucci und Mandini haben durch eine Verbeugung ihre Zustimmung ausgedrückt; er habe aber dreist zum Kaiser gesagt: »Glauben Ew. Maj. ihnen das ja nicht, sie alle wünschen, daß man ihnen Dacapo rufe, ich wenigstens kann es von mir bestimmt versichern« – worauf der Kaiser lachte.


83 I 736.


84 Dittersdorf, Selbstbiogr. (Reclam), S. 176.


85 Juni 1787 kündigt Balzer (Wiener Ztg., Nr. 49, Anh.) an, der große Erfolg des »Figaro« in Prag bestimme ihn, den von Kucharz besorgten Klavierauszug zu veröffentlichen, auch zeigt er Bearbeitungen für Blasinstrumente und eine Einrichtung für Quintett vom Abt Vogler an.

Quelle:
Abert, Hermann: W. A. Mozart. Leipzig 31955/1956, S. 79-94.
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