Hochwürdigster und Hochgebohrner des Heil. Rom. Reichs Fürst!

Gnädigster Landesfürst und Herr!


Darf ich es wohl wagen dem hohen Namen Euer Hochfürstl. Gnaden ein geringes Lehrbuch zu widmen? Und sind Regeln zur Violin nicht ein all zu geringes Opfer vor die Hoheit eines Landesfürsten und Primaten von ganz Deutschland? Eine Anweisung für Schüler kann in den Augen eines grossen Fürsten kein erhebliches Werk seyn; das weis ich nur gar zu wohl: doch weis ich auch / daß Euer Hochfürstl. Gnaden alles dasjenige höchst angenehm ist /was immer zur Unterweisung der Jugend in den schönen Künsten auch nur das mindeste beyträgt. Wie viele junge Leute / welche oft die schönsten Natursgaben hatten / würden gleich den im Walde verwilderten Reisern unbesorgt aufgewachsen seyn; wenn Dero recht väterliche Hülfe sie nicht bey Zeiten unter die Aufsicht vernünftiger Personen zur Erziehung gebracht hätte. Und wie viele müßten seiner Zeit bey dem Anwachse der Jahren vor Noth und Armuth darben / und als unnütze Weltbürger der Gemeinde zur Beschwerniß seyn; wenn Euer Hochfürstl. Gnaden solche nicht nach dem Unterscheid ihres Talents und ihrer Geschicklichkeit in dieser oder jener Wissenschaft hätten gnädigst unterweisen lassen. Die Jugend beyderley Geschlechtes und von allen Ständen hat sich dieser Gnade zu rühmen: einer Gnade / die nicht mit dem Tod desienigen / der sie empfangen hat / abstirbt; sondern durch ganze Geschlechtregister in lebendigem Andenken / und den dankbaren Nachkömmlingen unvergeßlich bleibet / die eine ganze Reihe Menschen herzuzehlen wissen / welche / wo sie nicht gar in dem Nichts geblieben wären / doch sehr betrübt ihre Täge würden hingebracht und ihr Elend wieder auf ihre Nachkommen fortgepflanzet haben: wenn nicht der gütigste Fürst ihrem Urgroßvater unter die Arme gegriffen und ihn in den Stand gesetzet hätte durch seine erlernete Wissenschaft im Leben seinen Mitbürgern / und nach dem Tode auch noch seinen Nachfolgern nützlich zu seyn.

Ich darf es demnach sicher wagen Euer Hochfürstl. Gnaden ein Buch in tiefester Unterthänigkeit zu überreichen / in welchem ich mich nach meinen wenigen Kräften beflissen habe der Musikliebenden Jugend einen Weg zu bahnen / der sie ganz sicher nach dem guten Geschmacke in der Tonkunst führet. Ja ich mache mir die getroste Hofnung Euer Hochfürstl. Gnaden werden dieser meiner geringen Bemühung / die ich den Anfängern in der Musik zu Liebe angewendet habe / eben den gnädigsten Schutz nicht versagen / den Sie den Wissenschaften überhaupts /sonderbar aber der Tonkunst bis diese Stunde so ausnehmend angedeihen lassen.

Dieß ist es was ich unterthänigst bitte / mich und die meinigen; ja auch unser ganzes musikalisches Chor zu Dero höchsten Gnaden empfehle; jene unendliche und alle menschliche Vernunft übersteigende vollkommenste göttliche Triadem Harmonicam aber um die Erhaltung Dero Theuresten Person anflehe /und mit tiefester Unterwerfung mich nenne


Euer Hochfl. Gnaden

Meines gnädigsten Fürsten und Herrn

unterthänigsten und gehorsamsten

Leopold Mozart.

Quelle:
Leopold Mozart: Versuch einer gründlichen Violinschule. Wien (1922).
Lizenz:
Kategorien: