IIIte Reise ausser Deutschland nach Paris, London, Holland, oder die erste grosse Reise genannt.

O Gloria del giovine maestro si sparse generalmente dietro i passi suoi e fini in breve col precederli.

Schon aus Wasserburg in Baiern schrieb der Vater an seinen Hausherrn, den Kaufmann Hagenauer:


(Leopold M. Brief No. 9.)


Wasserburg, den 11. Jun. 1763.


– – – – Um uns zu unterhalten, sind wir auf die Orgel gegangen, und ich habe dem Wolferl[36] das Pedal erklärt. Er legte gleich stante pede Probe ab, rückte den Schemel hinweg, präambulirte stehend und trat das Pedal dazu, und zwar so, ab wenn er es schon viele Monate geübt hätte. Alles gerieth in Erstaunen, und es ist eine neue Gnade Gottes, die Mancher nach vieler Mühe erst erhält. – – – – – – –


Sie kamen den 12. Junius in München an, wo der junge Mozart beym Churfürsten ein Concert auf der Violine spielte und zwischen den Cadenzen aus dem Kopfe präambulirte. Das Weitere erzählt uns der Vater.


(Leopold M. Brief No. 10.)


München, den 21. Jun. 1763.


– – – Am 12. angekommen. Am folgenden Tage fuhren wir nach Nymphenburg. Der Prinz von Zweibrücken, der uns von Wien kannte, sahe uns vom Schlosse aus im Garten spazieren und gab uns ein Zeichen vom Fenster. Nachdem er Vieles mit uns gesprochen hatte, fragte er: ob der Churfürst wüsste, dass wir hier wären? Auf unsere verneinende Antwort schickte er gleich einen neben ihm stehenden Cavalier mit der Frage zum Churfürsten: ob er die Kinder nicht hören wollte? In der That kam bald ein Läufer mit dem Befehle, dass wir um acht Uhr bey der Musik erscheinen sollten. – Der Wolferl machte seine Sachen gut. An den folgenden beyden Tagen waren wir bey dem Herzoge Clemens. Nun hat es Hitze, wie wir von hier weiter kommen, da der Gebrauch hier ist, lange warten zu lassen, so dass man froh seyn muss, das zu bekommen, was[37] man verzehrt. Am 18. speis'te der Churfürst in der Stadt. Wir gingen zur Tafel. Er, seine Schwester und der Prinz von Zweibrücken unterhielten sich mit uns die ganze Tafel durch. Ich liess den Buben sagen: dass wir morgen abreisen. Der Churfürst bezeugte zwey Mal, dass es ihm leid wäre, das Mädel nicht gehört zu haben. Bey dem zweyten Male erwiederte ich: dass es nicht darauf ankäme, noch ein paar Tage zu bleiben. Bey dem Herzoge werde ich nicht eigentlich aufgehalten, allein er erwartet zu sehen, was der Churfürst giebt. Herr Tomasini hat Ursache, mit Letzterem übel zufrieden zu seyn. Nachdem er sich zwey Male producirt hatte, musste er lange warten und hat endlich nur acht Maxd'or bekommen. Der Herzog hat ihm doch eine schöne goldne Uhr gegeben. Ueber den Churfürsten habe ich mich nicht zu beklagen. Er ist gnädigst. Er sagte mir gestern: Wir sind schon alte Bekannte, denn es wird neunzehn Jahre seyn, dass wir uns kennen. Aber die Aposteln denken Jeder an sich selbst und den Beutel. – Wir haben hier zwey sächsische Räthe, Messrs. de Bose und Hopfgarten, kennen gelernt, die die artigsten Leute sind.

N.S. Nun sind wir expedirt. Von dem Churfürsten habe ich 100, von dem Herzoge 75 fl. bekommen. – Die Nannerl hat mit dem grössten Applaus bey beyden dieser Herrschaften gespielt und sie haben uns bey der Beurlaubung eingeladen, bald wieder zu kommen. Der Prinz von Zweibrücken will uns in Manheim selbst ansagen. Der Herzog Clemens hat uns an den Churfürsten von der Pfalz ein Empfehlungsschreiben gegeben. – – –[38]

Die Salzburger Zeitung vom 19. July 1763 enthält hierüber Folgendes:


Augsburg, den 9. July.


Vorgestern ist der Salzburgische Vice-Kapellmeister L. Mozart mit seinen zwey bewunderungswerthen Kindern von hier nach Stuttgard abgereis't, um seine Reise über die grössten Höfe Deutschlands nach Frankreich und England fortzusetzen. Er hat den Inwohnern seiner Vaterstadt das Vergnügen gemacht, die Wirkung der ganz ausserordentlichen Gaben mit anzuhören, die der grosse Gott diesen zwey lieben Kleinen in so grossem Maasse mitgetheilt und deren der Herr Kapellmeister sich mit so unermüdetem Fleisse als ein wahrer Vater bedient hat, um ein Mägdlein von eilf und, was unglaublich ist, einen Knaben von sieben Jahren als ein Wunder unserer und voriger Zeiten auf dem Clavecin der musikalischen Welt darzustellen. Alle Kenner haben dasjenige, was ein Freund von Wien ehedem von diesen berühmten Kindern geschrieben und in den allhiesigen Intelligenz-Zettel ist eingerückt worden, so unglaublich es schien, nicht nur wahr, sondern noch weit bewunderungswerther gefunden.


(Leopold M. Brief No. 11.)


Ludwigsburg, den 11. July 1763.


Augsburg hat mich lange aufgehalten und mir wenig genutzt, weil Alles hier ungemein theuer ist. Was in die Concerte kam, waren fast durchaus Lutheraner.

Wir verliessen Augsburg am 6. Als wir über Ulm nach Plochingen gekommen waren, hatten wir[39] die Fatalität, zu erfahren, dass der Herzog nach seinem Jagdschlosse Grafenegg reisen wollte. Wir begaben uns daher, statt nach Stuttgard, gleich über Canstadt hieher, um den Herzog noch anzutreffen. Am 10. sprach ich mit dem Ober-Kapellmeister Jomelli und dem Ober-Jägermeister Baron Pöllniz, an die ich Briefe von dem Grafen Wolfegg hatte; allein es war nichts zu machen. Auch Hr. Tomasini, der kurz zuvor hier war, kam nicht dazu, sich hören zu lassen. Zudem hat der Herzog die schöne Gewohnheit, die Künstler lange warten zu lassen, bis er sie beschenkt. Ich sehe die ganze Sache als ein Werk des Jomelli an, der sich alle Mühe giebt, die Deutschen an diesem Hofe auszurotten. Es ist ihm auch schon fast gelungen und wird ihm immer mehr gelingen, da er, nebst seinem Gehalte von 4000 fl., Portion für vier Pferde, Holz und Licht, einem Hause in Stuttgard und einem hier, die Gnade des Herzogs im ersten Grade besitzt. Seine Wittwe erhält 2000 fl. Pension. Ueberdiess hat er bey seiner Musik unumschränkte Macht, und das ist es, was die Musik gut macht. Wie sehr er für seine Nation eingenommen ist, können Sie daraus schliessen, dass er und seine Landsleute, deren sein Haus immer voll ist, um ihm aufzuwarten, sich vernehmen liessen, es sey kaum glaublich, dass ein Kind deutscher Geburt ein solches musikalisches Genie seyn und so viel Geist und Feuer haben könne.

Ich habe einen gewissen Nardini gehört, der in der Schönheit, Reinigkeit, Gleichheit des Tones und im singbaren Geschmack von Niemanden übertroffen werden kann; er spielte aber nicht gar schwer. –


[40] (Leopold M. Brief No. 12.)


Schwetzingen, den 19. July 1763.


– – – – Wir sind über Bruchsal hieher gegangen, wo der Hof den Sommer zubringt. Ausser der Empfehlung, die ich von Wien an den Musik-Intendanten Baron von Eberstein hatte, war ich im Besitz eines eigenhändigen Briefes des Prinzen Clemens von Bayern an die Churfürstin, den derselbe mir nach Augsburg nachgeschickt hatte, und der Prinz von Zweibrücken hatte uns angesagt. Gestern ward eigends unsertwegen Akademie gegeben; es war die zweyte seit dem May. Sie dauerte von fünf bis neun Uhr. Ich hatte das Vergnügen, nebst guten Sängern und Sängerinnen, einen bewunderungswürdigen Flüttraversisten Wendling zu hören. Das Orchester ist ohne Widerspruch das beste in Deutschland, und lauter junge Leute, durchaus von guter Lebensart, weder Säufer noch Spieler, noch liederliche Lumpen, so dass sowohl ihre Conduite als ihre Productionen hochzuschätzen sind. Meine Kinder haben ganz Schwetzingen in Bewegung gesetzt. Die churfürstlichen Herrschaften hatten ein unbeschreibliches Vergnügen und Alles gerieth in Verwunderung.

Die französische Comödie ist hier, besonders wegen der Ballette und der Musik unverbesserlich. – – – – – –


(Leopold M. Brief No. 13.)


Maynz, den 3. August 1763.


– – – – – – Nachdem wir eine Spazierfahrt noch Heidelberg gemacht hatten, wo unser Wolfgangel in der heil. Geistkirche die Orgel mit[41] solcher Bewunderung gespielt hat, dass zum ewigen Andenken sein Name mit Umständen, auf Befehl des Stadt-Dechants, an der Orgel angeschrieben worden, sind wir mit einem Geschenke von funfzehn Louisd'or über Worms hieher gegangen. In Manheim schenkte ein französischer Oberster der Nannerl ein Ringel und dem Wolfgangerl ein artiges Zahnstöcher-Büchsel. In Worms speis'ten wir bey dem Baron Dalberg.1

Hier gehören die Grafen Schönborn, Ostein und Bassenheim unter unsere Gönner. Wir haben bey einem Canonicus Stark gespeis't. – – –


(Leopold M. Brief No. 14.)


Frankfurt, den 13. August 1763.


– – – – – Wir waren nicht bey dem Churfürsten von Maynz, weil er krank ist. Indessen haben wir dort ein Concert im Römischen König gegeben und sind hieher gefahren.


(Leopold M. Brief No. 15.)


Frankfurt, den 20. August 1763.


–– – – Am 18. war unser erstes Concert hier. Es war gut! Alles gerieth in Erstaunen. Gott giebt uns die Gnade, dass wir gesund sind und aller Orten bewundert werden. Der Wolfgangerl ist ganz ausserordentlich lustig, aber auch schlimm. Die Nannerl[42] leidet nun durch den Buben nichts mehr, indem sie so spielt, dass Alles ihre Fertigkeit bewundert.

Einmal auf der Reise fing der Wolfgangerl bey dem Erwachen an zu weinen. Ich fragte um die Ursache, Er antwortete: es wäre ihm so leid, die Herren Hagenauer, Wenzl, Spitzeder, Reibl, Leitgeb, Vogt, Cajetan, Nazerl und andere Freunde nicht zu sehen.2

In Mainz hat die Nannerl einen englischen Hut und ein Galanterie-Flaschenkellerl zum Geschenk bekommen (es ist ein Werth von vier Ducaten), hier eine Tabatiere von Lac-Martin und ein Garnitur-Palatin; Wolfgangerl eine Tabatiere von Porzellain. – – – – –


(Leopold M. Brief No. 16.)


Koblenz, den 21. Sept. 1763.


– – – Vor der Abreise aus Maynz musste ich der Noblesse noch ein Concert geben. Der Baron Walderndorf und der Graf Bergen, kaiserl. Gesandter, hatten bald nach unserer Ankunft hier meine Kinder bey der Hand zum Churfürsten geführt. Daher haben wir uns schon am 18. produciren können. Wir wurden auch sogleich mit zehn Louisd'or beschenkt.

Wir leben viel in der Familie des Baron Kerpen, der churfürstl. Geheimerrath und Ritterhauptmann (Chef des Adels) ist. Er hat sieben Söhne und zwey[43] Töchter, die fast Alle Clavier und theils Violin und Violoncell spielen, theils singen. Sonst besucht uns noch der Baron Hohenfeld. Was werden Sie sagen, wenn ich Ihnen melde, dass wir, seit wir von Salzburg weg sind, schon 1068 fl. ausgegeben haben? Doch diese Ausgaben haben Andere bezahlt. Uebrigens müssen wir, zur Erhaltung unserer Gesundheit und zu meines Hofes Reputation, noblement reisen. Dagegen haben wir auch keinen Umgang, als mit dem Adel und distinguirten Personen, und empfangen ausnehmende Höflichkeiten und Achtung. – – –


(Leopold M. Brief No. 17.)


Brüssel, den 17. October 1763.


– – – – – In Bonn war der Churfürst nicht anwesend.

In Aachen war zwar die Prinzessin Amalie, des Königs von Preussen Schwester, allein sie hat kein Geld. Wenn die Küsse, die sie meinen Kindern, zumal dem Meister Wolfgang, gegeben hat, Louisd'ors waren, so hätten wir froh seyn können. Aber weder der Wirth noch die Postmeister lassen sich mit Küssen abfertigen. Ihr Zureden, nicht nach Paris, sondern nach Berlin zu gehen, konnte mich unmöglich bestimmen. Der Prinz Karl hat mir selbst gesagt, dass er meine Kinder hören will. Aber es hat das Ansehen, dass Nichts daraus wird. Der Prinz hat manche andere Liebhaberey, und am Ende kömmt heraus, dass es ihm an Gelde fehlt. Indessen darf ich weder abreisen, noch ein öffentliches Concert geben, sondern muss den Entschluss des Prinzen abwarten. Da wird's um die Bezahlung meiner Zeche[44] und Reisekosten nach Paris, zu welcher letztern ich 200 fl. brauchen werde, schlecht aussehen. Meine Kinder haben zwar verschiedene kostbare Geschenke bekommen, die ich aber nicht zu Gelde machen will. Z.B. Wolfgang zwey magnifique Degen, von welchen der eine von dem Erzbischof von Mecheln, Grafen Frankenberg, der zweyte von dem General Grafen Ferraris. Das Mädel hat niederländische Spitzen vom Erzbischof, von Andern Saloppen, Mäntel u. dergl. erhalten. Von Tabatieren, Etuis u.s.w. könnten wir bald eine Boutique errichten. Schon in Salzburg liegt eine Schachtel, die unsere peruanischen Kostbarkeiten und Schätze enthält. Aber an Gelde bin ich arm. Ich habe zwar Hoffnung, am Montage, da ein grosses Concert seyn wird, eine gute Beute von Louisd'ors und grossen Thalern zu machen; weil man sich aber allezeit sicher stellen muss, bitte ich Sie um einen neuen Creditbrief.

Wenn Salzburg sich bisher über meine Kinder verwundert hat, so wird es, wenn Gott uns zurückkommen lässt, vollends erstaunen. Der Graf Coronini ist unser bester Freund.3


Am 18. November kamen sie in Paris an, wo sie sich ein und zwanzig Wochen aufhielten. Die weitere Correspondenz des Vaters an Hagenauer in Salzburg lautet so:


[45] (Leopold M. Brief No. 18.)


Paris, den 8. December 1763.


– – – Nachdem wir in Brüssel ein grosses Concert, in welchem der Prinz Karl gegenwärtig war, gegeben haben, sind wir unter der traurigen Beurlaubung vieler guter Freunde von dort abgereis't. Am 18. November kamen wir hier in dem Hotel des Bayerschen Gesandten Grafen van Eyck an, der uns mit der Gräfin freundlichst empfing und uns bey sich ein Zimmer einräumte, wo wir gelegen und gut wohnen: ein Vortheil, den wir der Empfehlung der Familie der Gräfin4 verdanken.

Morgen müssen wir zu der Marquisin Villeroi und zu der Gräfin Lillibonne. Die Trauer wegen der Infantin hindert uns noch, am Hofe spielen zu können. – –


Ein Brief aus Paris an einen deutschen Fürsten, vom 1. December 1763, welcher aus Grimm's und Diderot's Correspondenz 1753–1779 entnommen ist, lautet:

Die ächten Wunder sind zu selten, als dass man nicht gern davon plaudern sollte, wenn man einmal das Glück gehabt hat, so etwas zu sehen. Ein Kapellmeister von Salzburg, Namens Mozart, ist hier so eben mit zwey ganz allerliebsten Kindern eingetroffen. Seine eilfjährige Tochter spielt das Clavier auf eine brillante Manier; mit einer erstaunlichen Präcision führt sie die grössten und schwierigsten Stücke aus. Ihr Bruder, der künftigen Februar erst[46] sieben Jahre alt seyn wird, ist eine so ausserordentliche Erscheinung, dass man das, was man mit eigenen Augen sieht und mit eigenen Ohren hört, kaum glauben kann. Es ist dem Kinde nicht nur ein Leichtes, mit der grössten Genauigkeit die allerschwersten Stücke auszuführen, und zwar mit Händchen, die kaum die Sexte greifen können; nein, es ist unglaublich, wenn man sieht, wie es eine ganze Stunde hindurch phantasirt und so sich der Begeisterung seines Genie's und einer Fülle entzückender Ideen hingiebt, welche es mit Geschmack und ohne Wirrwarr auf einander folgen lässt. Der geübteste Kapellmeister kann unmöglich eine so tiefe Kenntniss der Harmonie und der Modulationen haben, welche es auf den wenigst bekannten, aber immer richtigen, Wegen durchzuführen weiss. Es hat eine solche Fertigkeit in der Claviatur, dass, wenn man sie ihm durch eine darüber gelegte Serviette entzieht, es nun auf der Serviette mit derselben Schnelligkeit und Präcision fortspielt. Es ist ihm eine Kleinigkeit, Alles, was man ihm vorlegt, zu entziffern; es schreibt und componirt mit einer bewunderungswürdigen Leichtigkeit, ohne sich dem Claviere zu nähern und seine Accorde darauf zu suchen. Ich habe ihm eine Menuett aufgesetzt und ihn ersucht, den Bass darunter zu legen; das Kind hat die Feder ergriffen, und ohne sich dem Claviere zu nahen, hat es der Menuett den Bass untergesetzt. Sie können wohl denken, dass es ihm nicht die geringste Mühe kostet, jede Arie, die man ihm vorlegt, zu transponiren und zu spielen, aus welchem Tone man es verlangt. Allein Folgendes, was ich gesehen habe, ist nicht weniger unbegreiflich.[47] Eine Frau fragte ihn letzthin: ob er wohl nach dem Gehör, und ohne sie anzusehen, eine italienische Cavatine, die sie auswendig wusste, begleiten würde? Sie fing an zu singen. Das Kind versuchte einen Bass, der nicht nach aller Strenge richtig war, weil es unmöglich ist, die Begleitung eines Gesanges, den man nicht kennt, genau im Voraus anzugeben! Allein, so bald der Gesang zu Ende war, bat er die Dame, von vorn wieder anzufangen, und nun spielte er nicht allein mit der rechten Hand das Ganze, sondern fügte zugleich mit der Linken den Bass ohne die geringste Verlegenheit hinzu; worauf er zehn Mal hinter einander sie ersuchte, von neuem anzufangen, und bey jeder Wiederholung veränderte er den Charakter seiner Begleitung. Er hätte noch zwanzig Mal wiederholen lassen, hätte man ihn nicht gebeten, aufzuhören. Ich sehe es wahrlich noch kommen, dass dieses Kind mir den Kopf verdreht, höre ich es nur ein einziges Mal, und es macht mir begreiflich, wie schwer es seyn müsse, sich vor Wahnsinn zu bewahren, wenn man Wunder erlebt.

Herrn Mozarts Kinder haben, die Bewunderung aller derer erregt, die sie gesehen haben. Der Kaiser und die Kaiserin haben sie mit Güte überhäuft. Dieselbe Aufnahme haben sie in München und Manheim erfahren. Schade, dass man sich hier zu Lande so wenig auf Musik versteht! –


Hier ist nun eine Lücke. Es fehlt nämlich der Bericht von der Aufnahme am Pariser Hofe zu Versailles. Die Schwester erinnert sich davon nur, dass die Pompadour ihren Bruder auf einen Tisch stellen[48] liess, dass er sich gegen sie hinüber neigte, um sie zu küssen, was sie aber abwehrte, und er darauf unwillig fragte: »Wer ist die da, dass sie mich nicht küssen will? Hat mich doch die Kaiserin geküsst!«

»Die Madame Pompadour ist eine noch schöne Person, etwas Aehnliches von der Bildung der Römischen Kaiserin, besonders in den Augen. Sie ist von einem grossen Hochmuth und regiert zur Stunde noch Alles.« – So die Schilderung des Vaters in einem Briefe aus Versailles vom 8. Dec. 1763.

Sie liessen sich vor der königlichen Familie in Versailles hören, auch spielte der kleine achtjährige Knabe in der dortigen Kapelle, in Gegenwart des ganzen Hofes, die Orgel. Man schätzte zu dieser Zeit sein Orgelspiel noch höher, als sein damaliges Clavierspiel. Dem Publicum gaben sie zwey grosse Akademieen in einem Privatsaale. Sie fanden hier, wie leicht zu erwarten war, sehr ihre Welt; gleich nach ihrer Ankunft wurde der Vater und die beyden Kinder niedlich in Kupfer gestochen, und ausserdem überall sehr ehrenvoll behandelt. Hier war es auch, wo Wolfgang seine beyden ersten Werke fertigte und bekannt machte, und sich also selbst schon ein Denkmal setzte. Das erste dedicirte er der Madame Victoire, der zweyten Tochter des Königs; das andere der Gräfin Tessé. Beyde Stücke sind in Paris gestochen. Er war damals acht Jahre alt. Es sind Sonaten für das Clavier, mit Begleitung einer Violine. Die Nachricht, dass der Vater diese corrigirt hat, welche man irgendwo findet, ist so wahrscheinlich, dass man sie für gewiss annehmen darf.


[49] (Leopold M. Brief No. 19.)


Versailles (ohne Datum).


– – – – Mein Bube hat von der Gräfin Tessé eine goldene Tabatiere, mein Mädel von der Prinzessin Carignan eine kleine durchsichtige, mit Gold eingelegte Tabatiere, so wie mein Sohn von derselben ein Sackschreibzeug von Silber mit silbernen Federn zum Componiren erhalten. Meine Kinder machen hier fast Alles zum Narren; allein man merkt aller Orten die Folgen des letzten Krieges. –


An Madame Hagenauer von Mozarts Vater.

Paris, den 1. Februar 1764.


Man muss nicht immer an Mannspersonen schreiben, sondern sich auch des schönen und andächtigen Geschlechts erinnern. Ob die Frauenzimmer in Paris schön sind, kann ich Ihnen mit Grund nicht sagen, denn sie sind, wider alle Natur, wie die Berchtesgadner Docken, so gemalt, dass auch eine von Natur schöne Person durch diese garstige Zierlichkeit dem Auge eines ehrlichen Deutschen unerträglich wird. Was die Andacht anbelangt, so kann ich versichern, dass man gar keine Mühe haben wird, die Wunderwerke der französischen Heiliginnen zu untersuchen; die grössten Wunder wirken diejenigen, die weder Jungfern, weder Frauen noch Wittwen sind; und diese Wunder geschehen alle bey lebendigem Leibe. Genug! man hat Mühe, hier zu unterscheiden, wer die Frau vom Hause ist; Jeder lebt wie er will, und (wenn Gott nicht sonderheitlich gnädig ist) so geht es dem Staate von Frankreich wie dem ehemaligen persischen Reiche.[50]

Ich würde seit meinem letztern Schreiben aus Versailles Ihnen ohnfehlbar wieder geschrieben haben, wenn ich nicht immer gezaudert hätte, um den Ausgang unserer Affaire zu Versailles abzuwarten und folglich Ihnen benachrichten zu können. Allein, da hier Alles noch mehr als an anderen Höfen auf der Schneckenpost geht, sonderlich diese Sachen durch die Menu des plaisirs müssen besorgt werden, so muss man Geduld haben. Wenn die Erkenntlichkeit dem Vergnügen gleich kömmt, welches meine Kinder dem Hofe gemacht haben, so muss es sehr gut ausfallen. Es ist wohl zu merken, dass hier keinesweges der Gebrauch ist, den königlichen Herrschaften die Hände zu küssen, oder sie au passage, wie sie es nennen, wenn sie nämlich durch die königlichen Appartements und Gallerie in die Kirche gehen, weder mit Ueberreichung einer Bittschrift zu beunruhigen, noch solche gar zu sprechen; wie es auch hier nicht üblich ist, weder dem Könige, noch Jemanden von der königl. Familie, durch Beugung des Hauptes oder der Kniee einige Ehrenbezeugung zu erweisen, sondern man bleibt aufrecht ohne mindeste Bewegung stehen, und hat in solcher Stellung die Freyheit, den König und seine Familie hart bey sich vorbey gehen zu sehen. Sie können sich demnach leicht einbilden, was es denen in ihre Hofgebräuche verliebten Franzosen für einen Eindruck und Verwunderung muss gemacht haben, wenn die Töchter des Königs nicht nur in ihren Zimmern, sondern in der öffentlichen Passage, bey Erblickung meiner Kinder stille gehalten, sich ihnen genähert, sich nicht nur die Hände küssen lassen, sondern solche geküsst[51] und sich ohne Zahl küssen lassen. Eben das Nämliche ist von der Madame Dauphine zu verstehen. Das Ausserordenllichste schien denen Herren Franzosen, dass au grand couvert, welches am Neuen-Jahrstage Nachts war, nicht nur uns Allen bis an die königliche Tafel hin musste Platz gemacht werden; sondern dass mein Herr Wolfgangus immer neben der Königin zu stehen, mit ihr beständig zu sprechen und sie zu unterhalten, ihr öfters die Hände zu küssen, und die Speisen, so sie ihm von der Tafel gab, neben ihr zu verzehren die Gnade hatte. Die Königin spricht so gut Deutsch, als wir. Da nun aber der König nichts davon weiss, so verdolmetschte die Königin ihm Alles, was unser heldenmüthiger Wolfgang sprach. Bey ihm stand ich; auf der andern Seite des Königs, wo an der Seite der Mr. Dauphin und Mme. Adelhaide sass, stand meine Frau und meine Tochter. Nun haben Sie zu wissen, dass der König niemals öffentlich speis't; als alle Sonntage Nachts speis't die ganze Familie beysammen. Doch wird nicht gar Jedermann dazu eingelassen. Wenn nun aber ein grosses Fest ist, als der Neujahrstag, Ostern, Pfingsten, die Namenstage u.s.w., so heisst es das grosse Couvert, dazu werden alle Leute von Unterschied eingelassen; allein der Platz ist nicht gross, folglich ist er bald voll. Wir kamen spät, man musste uns demnach durch die Schweizer Platz machen, und man führte uns durch den Saal in das Zimmer, das hart an der königl. Tafel ist, und wodurch die Herrschaft in den Saal kommt. Im Vorbeygehen sprachen sie mit unserm Wolfgang und dann gingen wir hinter ihnen nach zur Tafel.[52]

Dass ich Ihnen übrigens Versailles beschreiben sollte, das können Sie ohnmöglich von mir verlangen. Nur das will ich Ihnen sagen, dass wir am Weyhnachts-Abende da angelangt sind und in der königlichen Kapelle der Metten und den drey heiligen Messen beygewohnt haben, Wir waren in der königlichen Gallerie, als der König von der Madame Dauphine zurückkam, wo er ihr wegen der erhaltenen Nachricht des Todesfalles ihres Bruders, des Churfürsten von Sachsen, Nachricht gab.

Ich hörte da eine schlechte und gute Musik. Alles, was mit einzelnen Stimmen war und einer Arie gleichen sollte, war leer, frostig und elend, folglich französisch; die Chöre aber sind alle gut, und recht gut. Ich bin täglich mit meinem kleinen Manne desswegen in die königl. Kapelle zu des Königs Messe gegangen, um die Chöre in der Motette, die allezeit gemacht wird, zu hören. Des Königs Messe ist um ein Uhr, geht er aber auf die Jagd, so ist seine Messe um zehn Uhr und der Königin Messe um halb ein Uhr. In sechszehn Tagen hat es uns in Versailles gegen die zwölf Louisd'or gekostet. Vielleicht ist es Ihnen zu viel und unbegreiflich? In Versailles sind keine Carosses de remise noch Fiacres, sondern lauter Sesselträger; für jeden Gang müssen zwölf Sols bezahlt werden. Jetzt werden Sie bald einsehen, dass uns manchen Tag, da wir, wo nicht drey, doch allezeit zwey Sessel haben mussten, die Sessel auf einen Laubthaler und mehr gekommen sind, denn es war immer böses Wetter. Wenn Sie nun vier neue schwarze Kleider dazu rechnen, so werden Sie sich nimmer wundern, wenn uns die Reise[53] nach Versailles auf 26 bis 27 Louisd'or zu stehen kommt. Nun wollen wir sehen, was uns dafür vom Hofe einkommt. Ausser dem, was wir vom Hofe zu hoffen haben, haben wir in Versailles mehr nicht als zwölf Louisd'or in Gelde eingenommen. Dann hat mein Meister Wolfgang von der Madame la Comtesse de Tessé eine goldene Tabatiere, eine goldene Uhr, die wegen ihrer Kleine kostbar ist, dann die Nanerl5 ein ungemein schönes, starkes, ganz goldenes Zahnstocher-Etui bekommen.

Von einer andern Dame hat der Wolfgang ein silbernes Reise-Schreibzeug und die Nanerl ein ungemein feines schildkrötenes Tabatierl mit Gold eingelegt bekommen. Unsere Tabatieres sind mit einer rothen mit goldenen Reifen, mit einer von, weiss nicht, was für glasartigen Materie in Gold gefasst, mit einer von Laque Martin, mit den schönsten Blumen von gefärbtem Gold und verschiedenen Hirteninstrumenten eingelegt, vermehrt worden. Dazu kommt noch ein in Gold gefasster Carniolring mit einem Antique-Kopf, und eine Menge Kleinigkeiten, die ich für Nichts achte, als: Degenbänder, Bänder und Arm-Maschen, Blumen zu Hauben und Halstüchel etc. für die Nannerl etc. Mit einem Worte! in Zeit von vier Wochen hoffe etwas Besseres von Louisd'or berichten zu können; denn es braucht mehr als zu Maxglan6, bis man in Paris rechtschaffen bekannt wird; und ich kann Sie versichern, dass man die schlechten Früchte des letzten Krieges ohne Augenglas[54] aller Orten sieht. Denn den äusserlichen Pracht wollen die Franzosen im höchsten Grade fortführen, folglich ist Niemand reich als die Pächter; die Herren sind voll Schulden. Der grösste Reichthum befindet sich etwa unter hundert Personen, die sind einige grosse Banquiers undFermiers generaux, und endlich das meiste Geld wird auf Lucretien, die sich nicht selbst erstechen, verwendet. Dass man übrigens hier ganz besonders schöne und kostbare Sachen sieht, das werden Sie sich wohl einbilden; man sieht aber auch erstaunliche Narrheiten. Die Frauenzimmer tragen nicht nur im Winter die Kleider mit Pelz garnirt, sondern sogar Halskreserl oder Halsbindel, und statt der Einsteckblümchen alles dergleichen von Pelz gemacht in den Haaren, auch anstatt der Maschen an den Armen u.s.w. Das Lächerlichste ist, ein Degenband (welche hier Mode sind) mit einem Pelze um und um ausgeschlagen zu sehen. Das wird gut seyn, dass der Degen nicht eingefriert. Zu dieser ihrer närrischen Mode in allen Sachen kommt noch die grosse Liebe zur Bequemlichkeit, welche verursacht, dass diese Nation auch die Stimme der Natur nicht mehr hört, und desswegen giebt Jedermann in Paris die neugebornen Kinder auf das Land zur Auferziehung. Es sind eigens geschworne sogenannte Führerinnen, die solche Kinder auf das Land führen; jede hat ein grosses Buch, da hinein sich Vater und Mutter etc. schreiben, dann am Orte, wo das Kind hingebracht wird, der Name der Amme, oder besser zu sagen, des Bauern und seines Weibes, von dem Parocho loci eingeschrieben wird; und das thun hohe und niedere Standespersonen, und man[55] zahlt ein Bagatelle. Man sieht aber auch die erbärmlichsten Folgen davon; Sie werden nicht bald einen Ort finden, der mit so vielen elenden und verstümmelten Personen angefüllt ist Sie sind kaum eine Minute in der Kirche und gehen kaum durch ein paar Strassen, so kommt ein Blinder, ein Lahmer, ein Hinkender, ein halb verfaulter Bettler, oder es liegt einer auf der Strasse, dem die Schweine als ein Kind die Hand weg gefressen; ein anderer, der als ein Kind (da der Nährvater und die Seinigen im Felde bey der Arbeit waren) in das Kaminfeuer gefallen und sich einen halben Arm weggebrannt u.s.w., und eine Menge solcher Leute, die ich aus Ekel im Vorbeygehen nicht anschaue. Nun mache ich einen Absprung vom Hässlichen auf das Reizende, und zwar auf dasjenige, was einen König gereizt hat. Sie möchten doch auch wissen, wie die Madame Marquise Pompadour aussieht, nicht wahr? – Sie muss sehr schön gewesen seyn; denn sie ist noch sauber. Sie ist von grosser, ansehnlicher Person; sie ist fett, wohl bey Leibe, aber sehr proportionirt, blond und in den Augen einige Aehnlichkeit mit der Kaiserin Majestät. Sie giebt sich viel Ehre und hat einen ungemeinen Geist. Ihre Zimmer in Versailles sind, wie ein Paradies, gegen den Garten zu, und in Paris der Faubourg St. Honoré, ein ungemein prächtiges Hôtel, so ganz neu aufgebauet ist. In dem Zimmer, wo das Clavecin war, welches ganz vergoldet und ungemein künstlich lakirt und gemalt ist, ist ihr Portrait in Lebensgrösse und an der Seite das Portrait des Königs. Nun was Anderes! – –

Hier ist ein beständiger Krieg zwischen der französischen[56] und italienischen Musik. Die ganze französische Musik ist kein T–– werth; man fängt aber nun an grausam abzuändern; die Franzosen fangen nun an stark zu wanken, und es wird in zehn bis funfzehn Jahren der französische Geschmack, wie ich hoffe, völlig erlöschen. Die Deutschen spielen in Herausgabe ihrer Compositionen den Meister, darunter Mr. Schoberth, Eckard, Hannauer für's Clavier; Mr. Hochbrucker und Mayr für die Harfe sehr beliebt sind. Mr. le Grand, ein französischer Clavierist, hat seinen Goût gänzlich verlassen und seine Sonaten sind nach unserm Geschmacke. Die Herren Schoberth, Eckard, le Grand und Hochbrucker haben ihre gestochenen Sonaten alle zu uns gebracht und meinen Kindern verehrt. Nun sind vier Sonaten von Mr. VVolfgang Mozart beym Stecher. Stellen Sie sich den Lärmen vor, den diese Sonaten in der Welt machen werden, wenn auf'm Titel steht, dass es ein Werk eines Kindes von sieben Jahren ist, und wenn man die Unglaubigen herausfordert, eine Probe diessfalls zu unternehmen, wie es bereits geschehen ist, wo er Jemanden eine Menuett oder sonst etwas niederschreiben lässt und dann gleich (ohne das Clavier zu berühren) den Bass, und wenn man will, auch das zweyte Violino darunter setzt. Sie werden seiner Zeit hören, wie gut diese Sonaten sind; ein Andante ist dabey von einem ganz sonderbaren Goût. Und ich kann Ihnen sagen, dass Gott täglich neue Wunder an diesem Kinde wirkt. Bis wir (wenn Gott will) nach Hause kommen, ist er im Stande, Hofdienste zu verrichten. Er accompagnirt wirklich allezeit bey öffentlichen Concerten. Er transponirt[57] sogar prima vista die Arien beym Accompagniren, und aller Orten legt man ihm bald italienische, bald französische Stücke vor, die er vom Blatte spielt. – – Mein Mädel spielt die schwersten Stücke, die wir jetzt von Schoberth und Eckard etc. haben, darunter die Eckard'schen Stücke die schwereren sind, mit einer unglaublichen Deutlichkeit und so, dass der niederträchtige Schoberth seine Eifersucht und seinen Neid nicht bergen kann, und sich bey Mr. Eckard, der ein ehrlicher Mann ist, und bey vielen Leuten zum Gelächter macht.


(Leopold M. Brief No. 20.)


Paris, den 23. Februar 1764.


– – – – Ich bitte, vier heilige Messen zu Maria-Plain und eine heil. Messe bey dem heiligen Kindel zu Loretto, so bald es seyn kann, lesen zu lassen. Wir haben sie wegen meines lieben Wolfgangs und der Nannerl, die beyde krank waren, versprochen. Ich hoffe, die anderen heiligen Messen zu Loretto werden allezeit fortgelesen werden, so lange wir aus sind, wie ich gebeten habe.

Wir werden in vierzehn Tagen wieder nach Versailles gehen, wohin es der Duc d'Ayas gebracht hat, um das Oeuvre Ier der gestochenen Sonaten der Madame Victoire, zweyten Tochter des Königs, zu überreichen, welcher es dedicirt wird. Oeuvre IIde wird, glaub' ich, der Gräfin Tessé dedicirt werden. In Zeit von vier Wochen müssen, wenn Gott will, wichtige Dinge vorgehen. Wir haben gut angebauet; nun hoffen wir auch eine gute Ernte. Man muss Alles nehmen, wie es kömmt. Ich würde wenigstens[58] zwölf Louisd'or mehr haben, wenn meine Kinder nicht einige Tage das Haus hätten hüten müssen. Ich danke Gott, dass ihnen besser ist. Die Leute wollen mich alle bereden, meinem Buben die Blattern einpfropfen zu lassen. Ich aber will Alles der Gnade Gottes überlassen. Es hängt Alles von seiner göttlichen Gnade ab, ob er diess Wunder der Natur, welches er in die Welt gesetzt hat, auch darin erhalten, oder zu sich nehmen will. Von mir wird Wolfgang gewiss so beobachtet, dass es eins ist, ob wir in Salzburg, oder auf Reisen sind. Das ist es auch, was unsere Reise kostbar macht.

Mr. d'Hebert, Trésorier de menu plaisir du Roi, hat dem Wolfgang funfzig Louisd'or und eine goldene Dose vom Könige eingehändigt.


(Leopold M. Brief No. 21.)


Paris, den 4. März 1764.


– – – – Ich hätte Ihnen längst schreiben sollen; aber die Beschäftigungen, die ich einige Tage hatte und bis zum 10ten haben werde, um zu machen, dass ich am 10ten Abends von sechs bis neun Uhr 75 Louisd'or einstecke, haben mich billigst gehindert. – – – – –


Sur les enfans de Mr. Mozart.

Mortels chéris des Dieux et des Rois,

que l'harmonie a de puissance!

Quand les sons modulés soupirent sous vos doigts,

que de Finesse et de Science!

Pour Vous louer, on n'a que le silence.

Avec quel sentiment le bois vibre et frémit!

Un Corps muet devient sonore et sensible.

A Vous, mortels heureux, est-il rien d'impossible!

Tout jusqu'au tact en Vous a de l'esprit.


[59] (Leopold M. Brief No. 22.)


Paris, den 1. April 1764.


– – – – – – Ich hoffe, in wenig Tagen dem Banquier M. 200 Louisd'or einzuhändigen, um sie nach Hause zu schicken. Am 9ten dieses habe ich wieder einen solchen Schrecken auszustehen gehabt, als ich am 10ten März hatte. Doch zweifle ich, ob dieser zweyte Schrecken so gross als der erste seyn wird. Am 10ten März nahm ich 112 Louisd'or ein. Nun, 50 bis 60 sind auch nicht zu verachten.

Unsere Concerte werden gegeben au Théatre de Mr. Félix, rue et porte St. Honoré. Diess ist ein Saal in dem Hause eines vornehmen Mannes, in welchem ein kleines Theater steht, auf dem die Noblesse unter sich Schauspiele aufführt. Und diesen Platz habe ich durch Madame de Clermont, die in dem Hause wohnt, erhalten. Die Erlaubniss aber, diese zwey Concerte zu halten, ist etwas ganz Besonderes und schnurgerade wider die Privilegien der Oper, des Concert spirituel und der französischen und italienischen Theater; sie hat durch Botschaften und eigene Zuschriften des Herzogs von Chartres, des Herzogs von Durat, des Grafen Tessé und vieler der ersten Damen an den Herrn Sartin, Lieutenant général de la police, erhalten werden müssen.

Ich bitte, vom 12ten April an acht Tage nach einander täglich eine heilige Messe für uns lesen zu lassen. Sie mögen sie nach Ihrem Belieben austheilen, wenn nur vier davon zu Loretto bey dem heil. Kindel und vier auf einem Unserer lieben Frauen Altare gelesen werden. Nur bitte, ja die erwähnten Tage gewiss zu beobachten. Sollte mein Brief, wider[60] Vermuthen, nach dem 12ten April erst ankommen, so bitte ich, gleich den andern Tag anfangen zu lassen. Es hat seine wichtigen Ursachen. Nun ist's Zeit, Ihnen von meinen zwey sächsischen Freunden, den Baronen Hopfgarten und Bose, mehr zu sagen. Als sie von hier nach Italien gingen, gab ich ihnen einen Empfehlungsbrief an Sie mit. Sie sind unsere getreuen Reisefreunde gewesen; bald haben wir ihnen, bald sie uns Quartier bestellt. Sie werden da ein paar Menschen sehen, die Alles haben, was ein ehrlicher Mann auf dieser Welt haben soll. Und wenn sie gleich Lutheraner sind, so sind sie doch ganz andere Lutheraner und Leute, an denen ich mich oft sehr erbauet habe. Zum Abschiede hat der Baron Bose dem Wolfgangerl ein schönes Buch, Gellerts Lieder, zum Angedenken verehrt und voran Folgendes hinein geschrieben:


Nimm, kleiner siebenjähriger Orpheus, diess Buch aus der Hand Deines Bruders und Freundes. Lies es oft – und fühle seine göttlichen Gesänge und leihe ihnen (in diesen seligen Stunden der Empfindung) Deine unwiderstehlichen Harmonieen, damit sie der fühllose Religionsverächter lese – und aufmerke – damit er sie höre – und niederfalle und Gott anbete.

Friedrich Carl Baron v. Bose.


Nun sind wir mit allen hiesigen Gesandten der auswärtigen Potentaten bekannt. Mylord Bedford und sein Sohn sind uns sehr gewogen. Fürst Gallizin liebt uns wie seine Kinder. Die Sonaten, die der Herr Wolfgangerl der Gräfin Tessé dedicirt,[61] wären fertig, wenn die Gräfin zu überreden gewesen wäre, die Dedication anzunehmen, die unser bester Freund Mr. Grimm gemacht hat. Man musste also eine Aenderung vornehmen. Allein die Gräfin will nicht gelobt seyn; sie und mein Bub sind beyde in dieser Schrift lebhaft abgeschildert. Es ist recht Schade, dass sie nicht hat dürfen gestochen werden. Späterhin schenkte die Gräfin Tessé dem Wolfgang noch eine goldene Uhr und der Nannerl ein goldenes Etui.

Dieser Mr. Grimm, mein grosser Freund, von dem ich hier Alles habe, ist Secretair des Herzogs von Orleans, ein gelehrter Mann und ein grosser Menschenfreund. Alle meine übrigen Briefe waren Nichts. Ja wohl, der französ. Botschafter in Wien! Ja wohl, der kaiserliche Gesandte in Paris und alle Empfehlungsschreiben vom Minister zu Brüssel, Grafen Cobenzl! Ja wohl, Prinz Conti, Herzogin von Aiguillon und die Anderen, deren ich eine Litaney hersetzen könnte. Der einzige Mr. Grimm, an den ich von einer Kaufmannsfrau in Frankfurt einen Brief hatte, hat Alles gethan. Er hat die Sache nach Hofe gebracht. Er hat das erste Concert besorgt. Er allein hat mir 80 Louisd'or bezahlt, also 320 Billets abgesetzt, und noch die Beleuchtung mit Wachs bestritten; es brannten über 60 Tafelkerzen. Nun, dieser Mann hat die Erlaubniss zu dem Concerte ausgewirkt und wird nun auch das zweyte besorgen, wozu schon hundert Billets ausgetheilt sind. Sehen Sie, was ein Mensch kann, der Vernunft und ein gutes Herz hat! Er ist ein Regensburger, aber schon über funfzehn Jahre in Paris, und weiss Alles auf[62] die rechte Strasse so einzuleiten, dass es ausfallen muss, wie er will.

Mr. de Mechel, ein Kupferstecher, arbeitet über Hals und Kopf an unsern Portraiten, die Herr von Carmontelle, ein Liebhaber, sehr gut gemalt hat. Der Wolfgang spielt Clavier, ich, hinter seinem Sessel, Violine; die Nannerl lehnt sich auf das Clavier mit einem Arme, mit der andern, Hand hält sie Musikalien, als sänge sie.


II Sonates pour le Clavecin,

qui peuvent se jouer avec l'accompagnement de Violon, dédiées à Madame Victoire de France.


Par J.G. Wolfgang Mozart de Salzbourg, agé de sept ans.

Oeuvre premier. Prix 4 liv. 4 S. Gravées par Mme. Vendôme, ci-devant rue St. Jacques, à présent rue St. Honoré vis-à-vis le Palais Royal. A Paris aux adresses ordinaires.

Avec Privilége du Roi.

(Imprimé par Petit blé.)


A Madame Victoire de France.


Madame!


Les essais que je mets à Vos pieds, sont sans doute médiocres; mais lorsque Votre bonté me permet de les parer de Votre auguste Nom, le succès n'en est plus douteux, et le Public ne peut manquer d'indulgence pour un Auteur de sept ans, qui paroît sous Vos Auspices.

Je voudrois, Madame, que la langue de la Musique fût celle de la reconnaissance; je serois moins embarrassé de parler de l'impression que Vos bien-faits ont fait sur moi. Nature qui m'a fait Musicien comme elle fait les rossignols, m'inspirera, le Nom de Victoire restera gravé dans ma mémoire avec[63] les traits ineffaçables qu'il porte dans le coeur de tous les François.

Je suis avec le plus profond respect,


Madame,

Votre très humble, très obéissant et trés

petit serviteur


J.G. Wolfgang Mozart.


Von diesen beyden Sonaten befindet sich die erste in den Oeuvres complettes de W.A. Mozart, Cahier XVII. Sonata III. pag. 67, bey Breitkopf u. Härtel, und die Sonata II, pag. 76 in demselben alsIV. Sonata. Nach der Ausgabe b. Steiner u. Comp. in Wien ist die erste im VII. Hefte Sonata I. und die zweyte im VIII. Hefte als VII. Sonata.


Sonates pour le Clavecin,

qui peuvent se jouer avec l'accompagmt. de Violon, dédiées à Mme. la Comtesse de Tessé,

Dame de Madame la Dauphine.

Par J.G.W. Mozart de Salzbourg, agé de sept ans. Oeuvre II.


A Madame la Comtesse de Tessé,

Dame de Madame la Dauphine.


Madame!


Votre goût pour la Musique et les bontés, dont Vous m'avez comblé, me donnent le droit de Vous consacrer mes foibles talens. Mais lorsque Vous en agréez l'hommage, est-il possible que Vous défendiez à un enfant l'expression des sentimens dont son coeur est plein?

Vous ne voulez pas, Madame, que je dise de Vous ce que tout le Public en dit. Cette rigueur diminuera le régret que j'ai de quitter la France.[64] Si je n'ai plus le bonheur de Vous faire ma cour, j'irai dans les pays où je parlerai du moins tant que je voudrai, et de ce que Vous êtes, et de ce que Vous dois.

Je suis avec un profond respect,


Madame,

Votre très humble et très obéissant petit serviteur


J.G. Wolfgang Mozart.


Von diesen zwey Sonaten ist nur die erste in genannter Leipziger Ausgabe Cah. VII, und in der erwähnten Steinerschen im X. Hefte enthalten, dessen Thema folgendes ist:


Sonata II. Allegro spirituoso.


3. Reise ausser Deutschland nach Paris, London, Holland

Am 10ten April 1764 reis'ten sie über Calais nach England, wo sie sich bis in die Mitte des folgenden Jahres aufhielten. Schon am 27sten desselben Monats[65] liessen sich die Kinder vor den beyden Majestäten hören; eben so wieder im folgenden Monate, wo der Sohn auch die Orgel des Königs spielte. Alle schätzten hier sein Orgelspiel weit höher als sein Clavierspiel. Sie gaben nun ein Benefiz, oder eine grosse Musik zu ihrem Vortheile, wobey alle Symphonieen von der Composition des Sohnes waren; eine andere gaben sie zum Vortheile des Hospitals der Wöchnerinnen. Nach einem gefährlichen Halsweh, das den Vater an den Rand des Grabes brachte, und das er in Chelsea überstand, kehrten sie nach London zurück und spielten wieder vor der königlichen Familie und dem vornehmsten Adel.

Als der Vater in England todtkrank lag, durfte kein Clavier berührt werden. Um sich zu beschäftigen, componirte das Kind seine erste Symphonie mit allen Instrumenten, besonders mit Trompeten und Pauken. Die Schwester musste, neben ihm sizzend, abschreiben. Indem er componirte und schrieb, sagte er einmal zu ihr: »Erinnere mich, dass ich dem Waldhorne was Rechtes zu thun gebe.«

Es lässt sich denken, dass die Kinder, und vorzüglich der Sohn, unter dem reichen Beyfalle, dessen sie sich von allen Seiten ungetheilt zu erfreuen hatten, nicht bloss auf der erreichten Stufe stehen blieben, sondern sich immer mehr fortzubilden beeiferten. Beyfall konnte den jungen Mozart nicht zum Uebermuthe verleiten, vielmehr strebte er immer mehr dem Ziele entgegen, das er zuletzt erreichte. So spielten jetzt beyde Kinder überall Concerte auf zwey Clavieren; auch sang der Sohn Arien mit der grössten Empfindung. In Paris sowohl als[66] auch in London legte man dem Sohne verschiedene schwere Stücke von Bach, Händel, Paradies und anderen Meistern vor, die er nicht nur vom Blatte spielte, sondern sie sogleich in dem angemessenen Takte und mit aller Nettigkeit vortrug. Als er beym Könige spielte, nahm er eine blosse Bassstimme und spielte eine vortreffliche Melodie darüber. Johann Christian Bach, der Lehrmeister der Königin, nahm den kleinen Mozart auf den Schooss und spielte einige Takte, dann fuhr Mozart fort, und so abwechselnd spielten sie eine ganze Sonate mit einer solchen Präcision, dass Jeder, der ihnen nicht zusah, glauben musste, das Stück würde nur von Einem gespielt.

Siebigke sagt in seinem Werkchen über Mozart: »Dass der junge Componist bey seinem Aufenthalte in London schwere Stücke von Bach, Händel, Paradies und andern Meistern mit aller Nettigkeit vom Blatte gespielt habe, ist vielleicht eine nicht genug geprüfte Sage, die sich von Nichtkennern herschreibt u.s.w.«

Siebigke hat nicht Unrecht, hier misstrauisch zu seyn; er lese aber Barrington's und Grimm's Zeugnisse, und er wird aufhören, an der freylich unglaublich scheinenden Sache zu zweifeln.

Während dieses Aufenthaltes in England, und folglich im achten Jahre seines Alters, componirte er sechs Sonaten, gleichfalls mit Begleitung einer Violine, die er in London stechen liess und der Königin widmete.

Die Correspondenz des Vaters während seines Aufenthalts in England ist die:


[67] (Leopold M. Brief No. 23.)


London, den 28. May 1764.


– – – – Den 27sten April, fünf Tage nach unserer Ankunft, waren wir von 6 bis 9 Uhr Abends bey den Majestäten. Das Präsent war zwar nur 24 Guineen, die wir im Herausgehen aus des Königs Zimmer empfingen. Allein die uns von beyden hohen Personen bezeugte Gnade ist unbeschreiblich. Ihr freundschaftliches Wesen liess uns gar nicht denken, dass es der König und die Königin von England wären. Man hat uns an allen Höfen noch ausserordentlich höflich begegnet; allein, was wir hier erfahren haben, übertrifft alles Andere. Acht Tage darauf gingen wir in St. James Park spazieren. Der König kam mit der Königin gefahren, und obwohl wir Alle andere Kleider anhatten, erkannten sie uns, grüssten uns nicht nur, sondern der König öffnete das Fenster, neigte das Haupt heraus und grüsste lächelnd mit Haupt und Händen, besonders unsern Master Wolfgang.

Ich habe neuerdings zu bitten, folgende heilige Messen baldigst lesen zu lassen: drey heilige Messen bey dem heiligen Kindel zu Loretto, drey zu Maria-Plain, zwey bey dem heil. Franz de Paula im Bergel und zwey bey dem heil. Johann von Nepomuck in der Pfarre, oder wo Sie wollen; dann auch zwey bey dem heil. Antonius in der Pfarre.

Wir haben die meiste Bagage bey dem Banquier Hummel in Paris gelassen, z.B. alle Tabatieren, 2 Uhren und andere kostbare Sachen. Mr. Grimm, unser geschworner Freund, der Alles in Paris für uns gethan hat, hat zum Abschiede über alle seine[68] Gutthaten noch der Nannerl eine goldene Uhr und dem Wolfgangerl ein Confect-Obstmesser, dessen Heft von Perlmutter in Gold gefasst ist und das eine Klinge von Gold, eine von Silber hat, verehrt.

Den 19ten May haben wir abermals Abends von 6 bis 10 Uhr bey den Majestäten zugebracht, wo Niemand als die zwey Prinzen, der Bruder des Königs und der Bruder der Königin zugegen waren. Bey dem Austritte aus dem Zimmer wurden mir abermals 24 Guineen gereicht. Nun werden wir ein sogenanntes Benefiz am 5ten Juny haben. Es ist jetzt eigentlich keine Zeit mehr, Concerte zu geben, und man kann sich nicht viel versprechen, da die Unkosten sich auf 40 Guineen belaufen. Basta! Es wird schon gut werden, wenn wir nur mit der Hülfe Gottes gesund bleiben und wenn Gott nur unsern unüberwindlichen Wolfgang gesund erhält. Der König hat ihm nicht nur Stücke von Wagenseil, sondern auch von Bach, Abel und Händel vorgelegt: Alles hat er prima vista weggespielt. Er hat auf des Königs Orgel so gespielt, dass Alle sein Orgelspiel weit höher als sein Clavierspiel schätzen. Dann hat er der Königin eine Arie, die sie sang, und einem Flütraversisten ein Solo accompagnirt. Endlich hat er die Violonstimme der Händelschen Arien, die von ungefähr da lagen, hergenommen und über den glatten Bass die schönste Melodie gespielt, so dass Alles in das äusserste Erstaunen gerieth. Mit einem Worte: das, was er gewusst hat, als wir Salzburg verliessen, ist ein purer Schatten gegen das, was er jetzt weiss. Es übersteigt alle Einbildungskraft. Er empfiehlt sich Ihnen vom Claviere aus, wo er eben sitzt und Bach's[69] Trio durchspielt; es vergeht kein Tag, wo er nicht wenigstens dreyssig Mal von Salzburg und seinen und unseren Freunden und Gönnern spricht. Er hat jetzt immer eine Oper im Kopfe, die er von lauter jungen Salzburgern aufführen lassen will. Ich habe ihm oft alle jungen Leute zusammen zählen müssen, die er zum Orchester aufschreibt. – – – –


(Leopold M. Brief No. 24.)


London, den 8. Juny 1764.


– – – – Ich hatte wieder einen Schrecken vor mir, nämlich 100 Guineen in Zeit von 3 Stunden einzunehmen. Es ist glücklich vorbey. Da Alles aus der Stadt ist, so war der 5te Juny der einzige Tag, an dem man etwas versuchen konnte, weil der 4te der Geburtstag des Königs war. Es war mehr, um Bekanntschaften zu machen. Nur ein paar Tage hatten wir, um Billette zu vertheilen, weil Niemand eher in der Stadt war. Da zu einer solchen Vertheilung sonst vier bis acht Wochen gebraucht werden, so hat man sich verwundert, dass uns 200 abgenommen worden sind. Es waren alle Gesandten und die ersten Familien Englands zugegen. Ich kann noch nicht sagen, ob mir 100 Guineen Profit bleiben, weil ich noch Geld von Mylord March für 36, von einem Freunde aus der Stadt für 40 Billette haben soll, und die Kosten erstaunlich gross sind. Für den Saal, ohne Beleuchtung und Pulte, 5 Guineen; für jedes Clavier, deren ich, wegen der Concerte mit zwey Claviers, zwey haben musste, eine halbe Guinee; dem Sänger und der Sängerin, Jedem 5 bis 6 Guineen; dem ersten Violinisten 3 u.s.w.; und so[70] auch die Solo- oder Concertspieler, 3, 4, 5; den gemeinen Spielern Jedem eine halbe Guinee. Allein ich hatte das Glück, dass die ganze Musik mit Saal und Allem nur auf 20 Guineen zu stehen gekommen ist, weil die meisten Musiker Nichts angenommen haben. Nun Gottlob! diese Einnahme ist vorbey.

Particularitäten kann ich Ihnen nicht mehr berichten, als was Sie hier und in Zeitungen finden. Genug ist es, dass mein Mädel eine der geschicktesten Spielerinnen in Europa ist, wenn sie gleich nur zwölf Jahre hat; und dass der grossmächtige Wolfgang, kurz zu sagen, Alles in diesem seinem achtjährigen Alter weiss, was man von einem Manne von vierzig Jahren fordern kann. Mit Kurzem: wer es nicht sieht und hört, kann es nicht glauben. Sie selbst Alle in Salzburg wissen Nichts davon, denn die Sache ist nun ganz etwas Anderes. – – – –


(Leopold M. Brief No. 25.)


London, den 28. Juny 1764.


– – – – – Ich habe wieder 100 Guineen nach Salzburg zu schicken, die ich zwar um die Hälfte vermehren könnte, ohne mich zu entblössen. Künftige Woche gehen wir nach Tunbridge, wo sich viel Adel im July und August zum Bade versammelt.

In Ranelagh wird ein Benefiz zum Vortheile eines neu aufgerichteten Spitals für Wöchnerinnen gegeben. Da lasse ich den Wolfgangerl ein Concert auf der Orgel spielen, um dadurch den Act eines englischen Patrioten auszuüben. Sehen Sie, das ist ein Weg, sich die Liebe dieser Nation zu erwerben.


[71] (Leopold M. Brief No. 26 a.)


London, den 3. August 1764.


– – – – Der grosse Gott hat mich mit einer jähen und schweren Krankheit heimgesucht, die ich mir durch eine Erkältung bey dem Zuhausegehen aus dem bey Mylord Thanet gehaltenen Concert zugezogen habe. – – –


(Leopold M. Brief No. 26 b.)


London, den 9. August 1764.


Seit dem 6ten befinde ich mich eine Stunde ausser der Stadt, um meine Besserung abzuwarten. Das Allernothwendigste nun, warum ich Sie bitte, ist, sobald als möglich für mich lesen zu lassen: 7 heil. Messen zu Maria-Plain, 7 zu Loretto bey dem heil. Kindel, zwey bey der heil. Walpurgis, diese in der Kirche am Nonnberg, weil nirgends sonst ein solches Bild ist; 2 heil. Messen in der St. Wolfgangs-Kapelle zu St. Peter; und zu veranstalten, dass auch 4 heilige Messen auf dem Mariahilf-Berge zu Passau gelesen werden. – – – – – –


(Leopold M. Brief No. 26 c.)


Chelsea, den 13. Sept. 1764.


Meiner Unpässlichkeit wegen haben wir hier ein Haus bey Mr. Randal in Fivefield-Row gemiethet. Unter meinen Freunden in London ist ein gewisser Sipruntini, ein grosser Virtuose auf dem Violoncell. Er ist der Sohn eines holländischen Juden, fand aber diesen Glauben und seine Ceremonieen und Gebote, nachdem er Italien und Spanien durchgereis't hatte, lächerlich und verliess den Glauben. Da ich neulich von Glaubenssachen mit ihm sprach, fand ich aus[72] allen seinen Reden, dass er sich dermalen begnügt, Einen Gott zu glauben und ihn zuerst, dann seinen Nebenmenschen wie sich selbst zu lieben und als ein ehrlicher Mann zu leben. Ich gab mir Mühe, ihm Begriffe von unserm Glauben beyzubringen, und ich brachte es so weit, dass er nun mit mir einig ist, dass unter allen christlichen Glauben der katholische der beste ist. Ich werde nächstens wieder eine Attaque machen; man muss ganz gelinde darein gehen. Geduld! Vielleicht werde ich noch Missionarius in England. – – – –


(Leopold M. Brief No. 27.)


London, den 27. Nov. 1764.


– – – – – Noch ist die Noblesse nicht in der Stadt. Ich muss aus dem Beutel zehren. Seit July bin ich um 170 Guineen geringer geworden. Ueberdiess habe ich eine grosse Ausgabe, 6 Sonaten von unserm Herrn Wolfgang stechen und drucken zu lassen, die der Königin nach ihrem Verlangen dedicirt werden.

Als ich aus Ihrem Briefe die Standesveränderung Ihres Sohnes (er war geistlich geworden) vorlas, weinte der Wolfgang. Auf Befragen, warum, antwortete er: es wäre ihm leid, weil er glaubte, dass er ihn nun nicht mehr sehen würde. Wir belehrten ihn eines Anderen, und er erinnerte sich, dass Ihr Sohn ihm oft Fliegen gefangen, die Orgel aufgezogen und die Polzel-Windbüchse gebracht hatte; so bald er nach Salzburg zurück komme, wolle er nach St. Peter gehen und sich von ihm eine Fliege fangen lassen, und dann müsse er mit ihm Pölzel (kleine Bolzen) schiessen. – – –


[73] (Leopold M. Brief No. 28.)


London, den 3. Dec. 1764.


– – – – Mir ist leid, dass einige Fehler im Stechen der Pariser Sonaten und in der Verbesserung nach geschehener Correctur stehen geblieben sind. Madame Vendòme, die sie gravirte, und ich waren zu sehr entfernt, und da Alles in Eile geschahe, so hatte ich nicht Zeit, einen zweyten Probeabdruck machen zu lassen, welches verursachte, dass besonders in Oeuvre II. in dem letzten Trio drey Quinten mit der Violine stehen geblieben sind, die mein junger Herr gemacht und die ich dann corrigirt hatte. Es ist immer ein Beweis, dass unser Wolfgangerl sie selbst gemacht hat, welches, wie billig, vielleicht nicht Jeder glauben wird. Genug, es ist doch also.

Mein Wolfgangerl empfiehlt sich Ihnen sämmtlich und besonders Hrn. Spitzeder, und er soll Sr. Hochfürstl. Gnaden die Sonaten produciren und Hr. Wenzl das Violin dazu spielen. Den 25sten Octbr., am Krönungstage des Königs, waren wir von 6 bis 10 Uhr beym Könige und der Königin.


(Leopold M. Brief No. 29.)


London, den 8. Febr. 1765.


– – – – Am 15ten werden wir ein Concert aufführen, welches mir wohl 150 Guineen verschaffen wird. Ob und was mir werden wird, muss die Zeit lehren. Der König hat durch die Zurücksetzung der Einberufung des Parlaments den Künsten und Wissenschaften grossen Schaden gethan.

Niemand macht diesen Winter grosses Geld, als[74] Manzuoli und einige Andere von der Oper. Manzuoli hat 1500 Pfd. St. für diesen Winter, und das Geld hat müssen in Italien assecurirt werden, weil der Impresario vorigen Jahres, Dejardino, fallirte. Sonst wäre er nicht nach London gegangen. Nebst diesen hat er auch ein Benefiz. Man hat ihn rechtschaffen bezahlen müssen, um der Oper aufzuhelfen. Fünf oder sechs Stücke werden aufgeführt. Das erste war Ezio, das zweyte Berenice (alle beyde Pasticci von entschiedenen Meistern), das dritte Adriano in Syria, von Bach neu componirt. Es kömmt noch Demofoonte, von Vento neu componirt.

Die Symphonieen im Concerte werden alle von Wolfgang seyn. – – – – –


(Leopold M. Brief No. 30.)


London, den 19. März 1765.


Mein Concert ward erst den 21sten Februar gegeben und war wegen der Menge der Plaisirs nicht so stark besucht, als ich es hoffte. Doch waren es 130 Guineen, wovon 27 für Unkosten abzurechnen sind. Ich weiss aber auch, wo es fehlt und warum man uns nicht reichlicher behandelt hat: ich habe einen mir gemachten Vorschlag nicht angenommen. Allein was hilft's, viel von einer Sache zu sprechen, die ich nach reifer Ueberlegung und schlaflosen Nächten mit Wohlbedacht gethan habe, und die nun vorbey ist, da ich meine Kinder an keinem so gefährlichen Orte (wo der meiste Theil der Menschen gar keine Religion hat, und wo man nichts als böse Beyspiele vor Augen hat) erziehen will. Sollten Sie die Kinderzucht hier sehen, Sie würden erstaunen. Von[75] übrigen Religionssachen ist gar Nichts zu sprechen. Die Königin hat unserm Wolfgang für die Dedication der Sonaten 50 Guineen geschenkt. Und doch werde ich nicht so viel Geld hier gewonnen haben, als es Anfangs das Aussehen hatte.

Ich bitte, drey heilige Messen lesen zu lassen, eine zu Loretto bey dem heiligen Kindel, eine bey den Franziscanern auf dem Hochaltare und eine im Nonnberge.


Six Sonates pour le Clavecin,

qui peuvent se jouer avec l'accompagmt. de Violon

ou Flûte traversière,

très humblement dédiées à Sa Majesté

Charlotte, Reine de la Grande-Brétagne.


Composées par J.G. Wolfgang Mozart, âgé de huit ans.


Oeuvre III London.


A la Reine.


Madame!


Plein d'orgueil et de joie d'oser Vous offrir un hommage, j'achevois ces Sonates pour les porter aux pieds de Votre Majesté; j'étois, je l'avoue, ivre de vanité et ravi de moi méme, lorsque j'apperçu le Génie de la Musique à côté de moi.

»Tu es bien vain« me dit-il, »de savoir écrire à un âge où les autres apprennent encore à épeller.«

»Moi, vain de ton Ouvrage?« lui répondis-je. »Non, j'ai d'autres motifs de vanité. Réconnois le favori de la Reine de ces Isles fort unées. Tu prétends, que née loin du rang suprême qui la distingue, ses talens l'auroient illustrée: eh bien! placée sur le trône, Elle les honore et les protège. Qu'Elle[76] te permette de lui faire une offrande, tu es avide de gloire, tu feras si bien que toute la terre le saura; plus philosophe, je ne confie mon orgueil qu'à mon clavecin, qui en devient un peu plus éloquent. Voilà tout.«

»Et cette éloquence produit des Sonates! .... Est-il bien sûr que j'aie jamais inspiré un faiseur de Sonates?«

Ce propos me piqua. Fi, mon père, lui dis-je, tu parles ce matin comme un pédant ... Lorsque la Reine daigne m'écouter, je m'abandonne à toi, et je deviens sublime; loin d'Elle le charme s'affoiblit, son auguste image m'inspire encore quelques idées que l'art conduit ensuite et acheve ... Mais que je vive, et un jour je lui offrirai un don digne d'Elle et de toi; car avec ton sécours, j'égalerai la gloire de tous les grands hommes de ma patrie, je deviendrai immortel comme Händel et Hasse, et mon nom sera aussi célèbre que celui de Bach.

Un grand éclat de rire déconcerta ma noble confiance. Que Votre Majesté juge de la patience qu'il me faut pour vivre avec un Etre aussi fantasque! ... Ne vouloit-il pas aussi que j'osasse réprocher à Votre Majesté cet excès de bonté qui fait le sujet de mon orgueil et de ma gloire? Moi, Madame, Vous réprocher un défaut! Le beau défaut! Votre Majesté ne s'en corrigera de sa vie.

On dit qu'il faut tout passer aux Génies; je dois au mien le bonheur de Vous plaire, et je lui pardonne ses caprices. Daignez, Madame, recevoir mes foibles dons. Vous fûtes de tout temps destinée à règner sur un peuple libre: les enfans du Génie[77] ne le sont pas moins que le Peuple Britannique, libres sur tout dans leurs hommages, ils se plaisent à entourer Votre trône. Vos vertus, Vos talens, Vos bienfaits seront à jamais présens à ma mémoire; partout où je vivrai, je me régarderai comme le sujet de Votre Majesté.

Je suis avec le plus profond respect,

Madame,

de Votre Majesté

le très humble et très obéissant

petit serviteur


J.G.W. Mozart.

à Londres,

ce 18. Janvier 1765.


Diese VI Sonaten sind in Cah. XV. Son. I-VI. der Breitkopf u. Härtelschen Ausgabe in Leipzig.

In der Steinerschen Ausgabe ist Sonata I. im IX. Hefte Sonata XI., Son. II. im XI. Hefte Son. XXI., Son. III. im X. Hefte Son. XIV., Son. IV. im IX. H.Son. XII., Son. V. im XI. H. Son. XXII., Son. VI. im VIII. Hefte Sonata VI.


(Leopold M. Brief No. 31.)


London, den 18. April 1765.


– – – Wir haben in dem Jahre, das wir hier zugebracht haben, 300 Pf. St. ausgegeben. – –


Die Salzburger Zeitung vom 6. Aug. 1765 enthält Folgendes aus London, den 5. July.

Der allhiesige sehr berühmte Claviermacher Burkard Thudy, ein geborner Schweizer, hatte die Ehre, für Seine Königl. Preuss. Majestät einen Flügel mit zwey Manuals zu verfertigen, welches von Allen, die es sahen, sehr bewundert worden. Man hat es als[78] etwas Ausserordentliches bemerkt, dass Herr Thudy alle die Register in ein Pedal angebracht, so dass sie durch das Treten so nach einander können abgezogen und das Abnehmen und Zunehmen des Tones dadurch nach Belieben kann genommen werden, welches crescendo und decrescendo die Herren Clavieristen sich längst gewünscht. Herr Thudy hatte ausserdem den guten Bedacht genommen, seinen ausserordentlichen Flügel durch den ausserordentlichsten Clavierspieler dieser Welt das erste Mal spielen zu lassen, nämlich durch den sehr berühmten sieben- oder neunjährigen Musikmeister Wolfg. Mozart, bewunderungswürdigen Sohn des Salzb. Herrn Kapellmeisters L. Mozart. Es war ganz etwas Bezauberndes, die vierzehn Jahre alte Schwester dieses kleinen Virtuosen mit der erstaunlichsten Fertigkeit die schwersten Sonaten auf dem Flügel abspielen, und ihren Bruder auf einem andern Flügel solche aus dem Stegreife accompagniren zu hören. Beyde thun Wunder! Das Museum Britannicum hat sich nicht nur die in Paris gedruckten und hier publicirten Sonaten sammt dieser geschickten Familie Portraits ausgebeten, um solches Alles der Seltenheit ihrer wunderwürdigen Sammlung beyzulegen, sondern hat auch einige Original-Manuscripte von diesem Wunderkinde, darunter ein kleiner Chor von vier Stimmen auf englische Worte ist, auf Ansuchen erhalten.


Abschrift des schriftlichen Ansuchens des Museum Britannicum

[79] Sir!

I am ordered by the Standing Committee of the Trustees of the British Museum, to signify to You, that they have received the present of the Musical performances of Your very ingenious son, which You were pleased lately to make Them, and to retour You their Thanks for the same.

Maty,

Secretary.

British Museum,

July 19. 1765.


Philosophical Transactions.

Vol. 60. For the year 1770.


Received Nov. 28. 1769.


London. Printed for Cockyer Davis etc. MDCCLXXI. 4.


VIII. Account of a very remarkable young Musician. In a letter from the Honourable Daines Barrington F.R.S. to Mathew Maly M.D. Sec. R.S.


Read

Febr. 15. 1770.


Sir!


If I was to send you a well attested account of a boy who measured seven feet in height, when he was not more than eight years of age, it might be considered as not undeserving the notice of the Royal Society.

The instance which I now desire you will communicate to that learned body, of as early an exertion of most extraordinary musical talents, seems perhaps equally to claim their attention.

Joannes Chryostomus Wolfgangus Theophilus[80] Mozart was born at Saltzbourg in Bavaria on the 27th. of Jan. 1756.7

I have been informed by a most able musician and composer, that he frequently saw him at Vienna, when he was little more than four years old.

By this time he was not only capable of executing lessons on his favourite instrument the harpsichord, but composed some in an easy stile and taste, which were much approved of.

His extraordinary musical talents soon reached the ears of the present emperess dowager, who used to place him upon her knees, whilst he played on the harpsichord.

This notice taken of him by so great a personage, together with a certain consciousness of his most singular abilities, had much emboldened the[81] little musician. Being therefore the next year at one of the German courts, where the elector encouraged him by saying, that he had nothing to fear from his august presence, little Mozart immediately sat down with great confidence to his harpsichord informing his highness, that he had played before the emperess.

At seven years of age his father carried him to Paris, where he so distinguished himself by his compositions, that an engraving was made of him.

The father and sister, who are introduced in this print are excessively like their portraits, as is also little Mozart, who is stiled: »Compositeur et Maître de Musique, âgé de sept ans.«

After the name of the engraver follows the date, which is in 1764; Mozart was therefore at this time in the eight year of his age.

Upon leaving Paris, he came over to England, where he continued more than a year. As during this time I was witness of his most extraordinary abilities as a musician, both at some publick concerts, and likewise by having been alone with him for a considerable time at his father's house; I send you the following account, amazing and incredible almost as it may appear.

I carried to him a manuscript duet, which was composed by an English gentleman to some favourite words in Metastasio's opera of Demofoonte.

The whole score was in five parts, viz. accompaniments for a first and second violin, the two vocal parts and a base.

I shall here likewisen mention, that the parts[82] for the first and second voice were written in what the Italians stile the Contralto cleff; the reason for taking notice of which particular will appear hereafter.

My intention in carrying with me this manuscript composition, was to have an irrefragable proof of his abilities as a player at sight, it being absolutely impossible, that he could have ever seen the musick before.

The score was no sooner put upon his desk, than he began to play the symphony in a most masterly manner, as well as in the time and stile which corresponded with the intention of the composer.

I mention this circumstance, because the greatest masters often fail in these particulars on the first trial.

The symphony ended, he took the upper part leaving the under one to his father.

His voice in the tone of it was thin and infantine but nothing could exceed the masterly manner in which he sung. His father, who took the under part in this duet, was once or twice out, though the passages were not more difficult than those in the upper one; on which occasions the son looked back with some anger, pointing out to him his mistakes, and setting him right.

He not only however did complete justice to the duet, by singing his own part in the truest taste, and with the greatest precision: he also threw in the accompaniments of the two violins, wherever they were most necessary and produced the best effects.

[83] It is well known, that none but the most capital musicians are capable of accompaning in this superior stile.

As many of those, who may be present, when this letter may have the honour of being read before the society, may not possibly be acquainted with the difficulty of playing thus from a musical score, I will endeavour to explain it by the most similar comparison I can think of.

I must at the same time admit, that the illustration will fail in one particular, as the voice in reading cannot comprehend more than what is contained in a single line I must suppose however, that the reader's eye, by habit and quickness, may take in other lines, though the voice cannot articulate them, as the musician accompanies the words of an air by the harpsichord.

Let it be imagined therefore, that a child of eight years old was directed to read five lines,8 at once in four9 of which the letters of the alphabet were to have different powers.

For example, in the first line A, to have its common powers,

[84] In the second that of B

In the third that of C

In the fourth of D

Let it be conceived also, that the lines so composed of characters with different powers are not ranged so as to be read at all times one exactly under the other, but often in a desultory manner.

Suppose then, a capital speech in Shakespeare10 never seen before and yet read by a child of eight years old, with all the pathetic energy of a Garrick.

Let it be conceived likewise, that the same child is reading with a glance of the eye, three different comments on this speech tending to its illustration; and that one comment is written in Greek, the second in Hebrew, and the third in Etruscan characters.

Let it be also supposed, that by different signs he could point out which comment is most material upon evry word; and sometimes that perhaps all three are so, at others only two of them.

When all this is conceived, it will convey some idea of what the boy was capable of, in singing such a duet at sight in a masterly manner from the score, throwing in at the same time all its proper accompaniments.

When he had finished the duet, he expressed himself highly in its approbation, asking with some eagerness, whether I had brought any more such music.

[85] Having been informed, however that he was often visited with musical ideas, to which even in the midst of the night, he would give utterance on his harpsichord; I told his father, that I should be glad to hear some of his extemporary compositions.

The father shook his head at this, saying, that it depended intirely upon his being as it were musically inspired; but that I might ask him, whether he was in humour for such a composition.

Happening to know that little Mozart was much taken notice of by Manzoli, the famous singer who came over to England in 1764, I said to the boy, that I should he glad to hear an extemporary Love Song, such as his friend Manzoli might choose in an opera.

The boy on this (who continued to sit at his harpsichord) looked back with some archness, and immediately began five or six lines of a jargon recitive proper to introduce a love song.

He then played a symphony, which might correspond with an air composed to the single word Affetto.

It had a first and second part, which, together with the symphonies, was of the length that opera songs generally last: if this extempory composition was not amazingly capital, yet it was really above mediocrity, and shewed most extraordinary readiness of invention.

Finding that he was in humour and as it were inspired, I then desired him to compose a Song of Rage such as might be proper for the opera stage.

The boy again looked back with much archness,[86] and began five or six lines of a jargon recitive proper to precede a Song of Anger.

This lasted also about the same time with the Song of Love; and in the middle of it, he had worked himself up to such a pitch, that he beat his harpsichord like a person possessed, rising sometimes in chair.

The word he pitched upon for this second extemporary composition was Perfido.

After this he played a difficult lesson, which he had finished a day or two before:11 his execution was amazing, considering that his little fingers could scarcely reach a fifth on the harpsichord.

His astonishing readiness, however did not arise merely from great practice; he had a thorough knowledge of the fundamental principles of composition, as upon producing a treble, he immediately wrote a base under it, which, when tried, had a very good effect.

He was also a great master of modulation, and his transitions from one key to another were excessively[87] natural and judicious; he practised in this manner for a considerable time with a handkerchief over the keys of the harpsichord.

The facts, I have been mentioning, I was myself an eyewitness of; to which I must add, that I have been informed by two or three able musicians, when Bach the celebrated composer had begun a fugue and left off abruptly, that little Mozart hath immediately taken it up, and worked it after a most masterly manner.

Witness as I was myself of most of these extraordinary facts, I must own that I could not help suspecting his father imposed with regard to the real age of the boy, though he had not only a most childish appearance, but likewise all the actions of that stage of life.

For example, whilst he was playing to me, a favourite cat came in, upon which he immediately left his harpsichord, nor could we bring him back for a considerable time.

He would also sometimes run about the room with a stick between his legs by way of a horse.

I found likewise the most of the London musicians were of the same opinion with regard to his age, not believing it possible that a child of so tender years could surpass most of the masters in that science.

I have therefore for a considerable time made the best inquiries I was able from some of the German musicians resident in London, but could never receive any further information than that he was born near Saltzbourg, till I was so fortunate as to[88] procure an extract from the register of that place, through his excellence count Haslang.

It appears from this extract, that Mozart's father did not impose with regard to his age when he was in England for it was in June, 1765; that I was witness to what I have above related, when the boy was only eight years and five months old.

I have made frequent inquires with regard to this very extraordinary genius since he left England, and was told last summer, that he was then at Saltzbourg, where he had composed several oratorios, which were much admired.

I am also informed, that the prince of Saltzbourg, not crediting that such masterly compositions were really those of a child, shut him up for a week, during which he was not permitted to see any one and was left only with music-paper, and the words of an oratorio.

During this short time he composed a very capital oratorio, which was most highly approved of upon being performed.

Having stated the above mentioned proofs of Mozart's genius, when of almost an infantine age, it may not be improper perhaps to compare them with what hath been well attested with regard to other instances of the same sort.

Amongst these John Barratier hath been most particulary distinguished, who is said to have understood Latin when he was but four years old, Hebrew when six, and three other languages at the age of nine.

This same prodigy of philological learning also[89] translated the travels of Rabbi Benjamin when eleven years old, accompanying his version with notes and dissertations. Before his death, which happened under the age of twenty, Barratier seems to have astonished Germany with his amazing extent of learning; and it need not be said, that its increase in such a soil, from year to year, is commonly amazing.

Mozart, however is now not much more than thirteen years of age, and it is not therefore necessary to carry my comparison further.

The Rev. Mr. Manwaring (in his Memoirs of Handel) hath given us a still more apposite instance, and in the same science.

This great musician began to play on the clavichord, when he was but seven years of age, and is said to have composed some church services when he was only nine years old, as also the opera of Almeria, when he did not exceed fourteen.

Mr. Manwaring likewise mentions that Handel, when very young, was struck sometimes whilst in bed with musical ideas, and that, like Mozart, he used to try their effect immediately on aspinnet, which was in his bedchamber.

I am the more glad to state this short comparison between these two early prodigies in music, as it may be hoped that little Mozart may possibly attain to the same advanced years as Handel, contrary to the common observation that such ingenia praecocia are generally short lived.

I think I may say without prejudice to the memory of this great composer, that the scale most[90] clearly preponderates on the side of Mozart in this comparison, as I have already stated that he was a composer when he did not much exceed the age of four.

His extemporary compositions also, of which I was a witness, prove his genius and invention to have been most astonishing; least however I should insensibly become too strongly his panegyrist permit me to subscribe myself, Sir,


Your most faithful, humble servant,


Daines Barrington.


Philosophical Transactions.

60r. Band. Für das Jahr 1770.


Erhalten den 28. Nov. 1769.


London, bey Cockyer Davis etc. MDCCLXXI. 4.


VIII. Nachricht von einem sehr merkwürdigen jungen Musiker. In einem Briefe von Daines Barrington, Mitgliede der königlichen Gesellschaft, an Matthew Maly, Secr. der königl. Gesellschaft.


vorgelesen,

d. 15. Febr. 1770.


Mein Herr!

Wenn ich Ihnen eine wohl beglaubigte Nachricht von einem Knaben senden sollte, der, bey einem Alter von nicht mehr als acht Jahren, sieben Fuss lang wäre, so könnte es immer als etwas der Kenntniss der königl. Gesellschaft nicht Unwürdiges angesehen werden.

Das, was ich jetzt Sie ersuche, der gelehrten Versammlung mitzutheilen, von einem so früh sich zeigenden, ganz ausserordentlichen musikalischen Talente, scheint ebenfalls Anspruch auf ihre Aufmerksamkeit machen zu dürfen.[91]

Johann Chrysostomus Wolfgang Mozart ward zu Salzburg in Bayern am 27. Jan. 1756 geboren.12

Ich bin von einem sehr geschickten Musiker und Tonsetzer benachrichtigt worden, dass er ihn häufig zu Wien gesehen habe, als er noch nicht viel über vier Jahre alt war.

Zu jener Zeit war er nicht nur im Stande, Uebungsstücke auf seinem Lieblings-Instrumente, dem Claviere, zu spielen, sondern er componirte auch einige in einem leichten Styl und Geschmacke, die vielen Beyfall gefunden haben.

Sein ausserordentliches musikalisches Talent kam bald der jetzigen verwittweten Kaiserin zu Ohren, die ihn auf ihren Schooss zu setzen pflegte, wenn er auf dem Claviere spielte.

Der Umstand, dass eine so hohe Person Kenntniss von ihm nahm, und ein gewisses Selbstgefühl[92] seiner so vorzüglichen Fähigkeiten hatten den kleinen Tonkünstler kühn gemacht. Als er daher im folgenden Jahre an einem der deutschen Höfe war, wo ihm der Churfürst Muth machen wollte und ihm sagte: er habe nichts von seiner hohen Gegenwart zu fürchten, setzte sich der kleine Mozart mit grossem Selbstvertrauen an sein Clavier und sagte Sr. Durchlaucht: er habe schon vor der Kaiserin gespielt.

Als er sieben Jahre alt war, nahm ihn sein Vater mit nach Paris, und dort zeichnete er sich so sehr durch seine Compositionen aus, dass ein Kupferstich auf ihn gemacht wurde.

Der Vater und die Schwester, die in diesem Kupferstiche mit vorgestellt sind, sind so genau getroffen, wie der kleine Mozart selbst, der auf demselben»Compositeur et Maître de Musique, âgé de sept ans« (Tonsetzer und Musikmeister, sieben Jahre alt) genannt wird.

Nach dem Namen des Stechers folgt die Jahrzahl 1764; folglich war Mozart damals im achten Jahre seines Alters.

Als er Paris verlassen hatte, ging er nach England, wo er über ein Jahr lang blieb. Da ich während dieses Zeitraumes Zeuge seiner ganz ausserordentlichen Fertigkeiten als Tonkünstler gewesen bin, sowohl in einigen öffentlichen Concerten, als auch in seines Vaters Hause, wo ich lange Zeit mit ihm allein war; sende ich Ihnen folgenden Bericht, so staunenswürdig und fast unglaublich er auch erscheinen mag.

Ich brachte ihm ein geschriebenes Duett, componirt[93] von einem Engländer auf einige Lieblingsworte in Metastasio's Singspiel Demofoonte.

Die ganze Partitur bestand aus fünf Abtheilungen, nämlich die Begleitung für die erste und zweyte Violine, die zwey Singstimmen und ein Bass.

Ich muss hier gleichfalls erwähnen, dass die Parthieen für die erste und zweyte Stimme in dem von den Italienern so genannten Contralto-Schlüssel geschrieben waren. Es wird sich in der Folge zeigen, warum ich hierauf aufmerksam mache.

Absichtlich brachte ich ihm diese Composition im Manuscripte, um einen unwidersprechlichen Beweis von seiner Fähigkeit, vom Blatte zu spielen, zu erhalten, da es durchaus unmöglich war, dass er diese Musik je zuvor gesehen haben konnte.

Kaum war die Partitur auf sein Notenpult gelegt, so fing er an die Symphonie höchst meisterhaft zu spielen, und zwar sowohl in Hinsicht des Taktes, als auch des Styles, der Absicht des Componisten entsprechend.

Ich erwähne diesen Umstand, weil oft die grössten Meister in diesen Stücken bey der eisten Probe fehlen.

Die Symphonie endete, er nahm die höhere Singstimme und überliess die tiefere seinem Vater.

Seine Stimme hatte einen schwachen, kinderartigen Ton, aber nichts konnte die meisterhafte Art, womit er sang, übertreffen. Sein Vater, der die tiefere Stimme in diesem Duette übernommen hatte, kam ein oder zwey Mal heraus, obgleich die Passagen nicht schwerer waren, als die in der höhern Stimme. Als diess vorfiel, sah sich der Sohn mit[94] einigem Unwillen um, zeigte ihm seine Fehler mit dem Finger und wiess ihn wieder zurecht.

Er liess indessen nicht nur dem Duette völlige Gerechtigkeit widerfahren, indem er seine eigene Parthie in dem richtigsten Geschmack und mit der grössten Präcision sang, sondern auch die Begleitung der beyden Violinen mit hinein brachte, wo sie am nöthigsten waren und die beste Wirkung hervorbrachten.

Es ist wohl bekannt, dass nur die allervorzüglichsten Tonkünstler in einem so ausgezeichneten Style zu begleiten im Stande sind.13

Als er das Duett beendigt hatte, drückte er sich sehr stark in seinem Beyfalle aus und fragte etwas hastig: ob ich nicht noch mehr solche Musik mitgebracht hätte?

Ich hatte gehört, dass ihm oft musikalische Ideen einkämen, die er, selbst mitten in der Nacht, auf seinem Claviere ausführe; ich sagte daher seinem[95] Vater, es würde mich sehr freuen, einige von seinen extemporirten Compositionen zu hören.

Der Vater schüttelte den Kopf dabey und sagte, diess hänge gänzlich davon ab, ob er so zu sagen musikalische Eingebungen habe, doch möchte ich ihn fragen, ob er bey Laune wäre zu einer solchen Composition.

Da ich wusste, dass der kleine Mozart sehr von Manzoli, dem berühmten Sänger, der nach England 1764 kam, geachtet wurde, sagte ich zu dem Knaben, es würde mir angenehm seyn, einen extemporirten Liebes-Gesang zu hören, so wie ihn sein Freund Manzoli in einer Oper etwa gern haben möchte.

Der Knabe (der noch immer an seinem Claviere saass) sah sich ein wenig listig um und fing sogleich fünf oder sechs Zeilen von einem recitirenden Jargon an, passend zu einer Introduction zu einem Liebesgesange.

Hierauf spielte er eine Symphonie, welche einer Arie, über das einzige Wort Affetto (Neigung, Liebe) componirt, entsprechen konnte.

Sie hatte einen ersten und zweyten Theil, und diess mit den Symphonieen zusammen war von der Länge, wie gewöhnlich Operngesänge dauern. Wenn auch diese extemporirte Composition nicht so ganz zum Erstaunen trefflich war, so war sie doch merklich über das Mittelmässige erhaben und zeigte sehr ausserordentliche Fertigkeit im Erfinden.

Da ich fand, dass er bey Laune war und so zu sagen Eingebungen hatte, bat ich ihn, einen Gesang [96] der Wuth zu componiren, so wie er für die Singspiel-Bühne geeignet seyn dürfte.

Der Knabe sah sich wieder sehr listig um und begann fünf oder sechs Zeilen von einem recitirenden Jargon, der passend zu einem Vorspiele für einen Zorngesang war.

Dieses dauerte ungefähr eben so lange, als bey dem Liebesgesange, und in der Mitte davon hatte er sich zu einer solchen Begeisterung hinauf gearbeitet, dass er sein Clavier wie ein Besessener schlug und einige Mal in seinem Stuhle sich empor hob.

Das Wort, das er zu dieser zweyten extemporirten Composition erwählte, war Perfido.

Nach diesem spielte er ein schweres Uebungsstück, das er einen oder zwey Tage zuvor beendigt hatte.14 Seine Ausführung setzte in Erstaunen, da seine kleinen Finger kaum eine Quinte auf dem Claviere spannen konnten.

Seine staunenswürdige Fertigkeit entsprang nicht[97] bloss aus grosser Uebung; er hatte eine vollkommene Kenntniss der Grundsätze der Tonsetzkunst; so schrieb er, wenn man ihm einen Discant vorlegte, sogleich einen Bass darunter, der, wenn man ihn probirte, sehr guten Effect machte.

Er war auch ein grosser Meister in der Fingersetzung, und seine Uebergänge von einer Taste zur andern waren ungemein natürlich und wohl überlegt; er spielte auf diese Art eine lange Zeit unter einem Tuche, das über die Tasten des Claviers gelegt war.

Von Allem dem, was ich hier erwähnt habe, war ich Augenzeuge; diesem muss ich noch beyfügen, dass zwey oder drey geschickte Musiker mir gesagt haben, dass, als der berühmte Tonsetzer Bach eine Fuge angefangen und plötzlich abgebrochen hatte, der junge Mozart sie sogleich aufgenommen und in einer höchst meisterhaften Manier ausgearbeitet habe.

Da ich selbst Zeuge von diesen ausserordentlichen Dingen war, muss ich gestehen, dass ich mich des Verdachtes nicht erwehren konnte, der Vater könne vielleicht das wahre Alter des Knaben verbergen; doch war sein Ansehen sehr kinderhaft, und eben so auch trugen alle seine Handlungen das Gepräge dieses Lebensalters. Zum Beyspiele: während er mir vorspielte, kam eine Lieblingskatze herein, worauf er sogleich sein Clavier verliess, auch konnten wir ihn eine gute Zeit hindurch nicht wieder zurück bringen.

Zuweilen ritt er auch auf einem Stocke zwischen den Beinen im Zimmer herum.

Ich fand ebenfalls, dass die meisten Londoner Tonkünstler dieselbe Meinung wegen seines Alters hatten; sie glaubten, es sey nicht möglich, dass ein[98] Kind in so zartem Alter die meisten unter den Meistern in dieser Kunst übertreffen könne.

Desswegen habe ich lange Zeit hindurch die besten Erkundigungen, die ich vermochte, bey einigen deutschen, in London wohnhaften Tonkünstlern einzuziehen gesucht, aber ich konnte weiter nichts erfahren, als dass er nicht weit von Salzburg geboren wäre, bis ich so glücklich war, mir einen Auszug aus dem Kirchenbuche jenes Ortes, durch Se. Exc. den Hrn. Grafen Haslang, zu verschaffen.

Aus diesem Auszuge ergiebt sich, dass Mozart's Vater dessen Alter nicht falsch angegeben hatte, als er in England war; denn es war im Juni 1765, als ich Zeuge war von dem, was ich oben erzählte, da der Knabe erst acht Jahre und fünf Monate alt war.

Ich habe mich häufig nach diesem ausserordentlichen Genie erkundigt, seitdem er England verlassen hat, und letzten Sommer hörte ich, er wäre in Salzburg, wo er einige Oratorien, die sehr bewundert wurden, componirt habe.

Auch habe ich die Nachricht erhalten, dass der Fürst (Erzbischof) von Salzburg, weil er nicht glauben konnte, dass solche meisterhafte Compositionen wirklich das Werk eines Kindes wären, ihn eine Woche lang eingeschlossen und während dieser Zeit ihm nicht erlaubt, irgend Jemand zu sehen, auch ihm bloss Notenpapier und die Worte eines Oratoriums gelassen habe.

Während dieser kurzen Zeit componirte er ein sehr vorzügliches Oratorium, welches den grössten Beyfall fand, als es aufgeführt wurde.

Nach den oben angeführten Beweisen von Mozart's[99] Geist, in einem Alter, wo er fast noch ein Kind war, mag es nicht unpassend seyn, sie mit dem zu vergleichen, was von andern Beyspielen dieser Art durch Zeugnisse bestätigt ist.

Unter diesen war Joh. Barratier besonders ausgezeichnet, der, nur vier Jahre alt, Lateinisch, sechs Jahre alt, Hebräisch, und als er neun Jahre war, noch drey andere Sprachen verstanden haben soll.

Eben dieser übersetzte, eilf Jahre alt, die Reisen des Rabbi Benjamin und begleitete seine Uebersetzung mit Anmerkungen und Abhandlungen. Vor seinem Tode, der noch vor dem Alter von zwanzig Jahren erfolgte, scheint Barratier Deutschland durch seine ungemein ausgebreitete Gelehrsamkeit in Staunen versetzt zu haben.

Mozart indessen ist nun nicht viel über dreyzehn Jahre alt, und daher ist es nicht nöthig, meine Vergleichung weiter zu treiben.

Der hochwürd. Hr. Manwaring (in seinen Denkwürdigkeiten von Händel) hat uns ein noch passenderes Beyspiel und in derselben Kunst aufgestellt. Dieser grosse Tonkünstler fing an das Clavier zu spielen, als er nur sieben Jahre alt war, und soll einige Kirchenmusiken, als er nur neun Jahre, und auch die Oper Almeria, als er noch nicht über vierzehn war, componirt haben.

Hr. Manwaring sagt auch, dass Händeln, als er noch sehr jung war, zuweilen im Bette musikalische Ideen beyfielen, die er dann sogleich auf einem Spinet, das in seiner Schlafkammer stand, ausführte.

Ich stelle diese kurze Vergleichung zwischen zwey so frühzeitigen Wunder-Genies in der Musik an, da[100] man hoffen darf, der kleine Mozart werde vielleicht ein gleich hohes Alter wie Händel erreichen, der gewöhnlichen Bemerkung entgegen, dass solche ingenia praecocia nur kurze Zeit leben.

Ich glaube, ohne Nachtheil für das Andenken jenes grossen Tonsetzers, sagen zu können, dass die Waagschale in dieser Vergleichung sehr merklich auf Mozart's Seite sinkt, da ich schon gezeigt habe, dass er componirte, als er noch nicht viel über vier Jahre alt war.

Seine extemporirten Compositionen auch, wovon ich Zeuge war, beweisen, dass sein Geist und seine Erfindung höchst staunenswerth waren; doch um nicht zu sehr sein Lobredner zu werden, erlauben Sie mir, mich zu unterzeichnen etc.


Daines Barrington.


Shakespeare Mérchant of Venice. A. 5. S. 1.

– – – – – – – – – – The poet

did feign that orpheus drew trees, stones and floods

since nought so stockish hard and full of rage,

but Musick for the time doth change his Nature.

The man that hath no Musick in himself,

nor is not mov'd with concord of sweet founds,

is fit for treasons, stratagems and spoils

the motions of his spirit are dull as nitht,

and his affections drak as Erebus;

let no such man be trusted.


(Leopold M. Brief No. 32.)


London, den 9. July 1765.


– – – – – Ich bitte, gleich sechs heilige Messen lesen zu lassen, zwey bey dem heil. Kindel zu Loretto, zwey in der Pfarre und zwey zu Maria-Plain.[101] Diese sollen uns den Weg über das Meer bahnen.

Man verlangt, dass ich nach Hause eile? Ich bitte, man wolle mich nur machen, und dasjenige, was ich mit Gott angefangen habe, auch mit dessen Hülfe ausmachen lassen. Ich hoffe, es wird Alles gut werden, wenn die Häftel daran kommen. Gott verlässt keinen ehrlichen Teutschen.

Ich habe meinen Freund Mr. Grimm gebeten, eine Quantität von unsern Portrait-Kupferstichen nach Salzburg zu senden. Diese Kupfer sind gemalt worden, als der Bube sieben, das Mädel eilf Jahre alt war, gleich bey unserer Ankunft in Paris. Mr. Grimm war der Anstifter. In London hat Wolfgangerl sein erstes Stück für vier Hände gemacht. Es war bis dahin noch nirgends eine vierhändige Sonate gemacht worden. – – –


Mozart's überreiche Phantasie war schon in den Kinderjahren, wo sie im gewöhnlichen Menschen noch schlummert, so wach und so lebhaft, und er vollendete das, was er einmal begriffen hatte, schon so, dass man sich nichts Sonderbareres und in gewissem Betrachte Rührenderes denken kann, als die schwärmerischen Schöpfungen derselben, welche, da der kleine Mensch noch so wenig von der wirklichen Welt wusste, himmelweit von dieser verschieden waren.

Da die Reisen (erzählt seine Schwester), die wir machten, ihn in so manche verschiedene Länder führten, so sann er, während wir von einem Orte zum andern zogen, sich ein Königreich aus, welches[102] er, ich weiss nicht mehr warum, das Königreich Rücken nannte. Dieses Reich und dessen Einwohner wurden mit Allem begabt, was sie zu guten und fröhlichen Kindern machen konnte. Er war der König des Reichs. Und diese Idee haftete so in ihm und wurde von ihm so weit verfolgt, dass unser Bedienter, der ein wenig zeichnen konnte, eine Charte davon machen musste, wozu er ihm die Namen der Städte, Märkte und Dörfer dictirte.

Im Julius 1765 fuhren sie wieder nach Calais über und reis'ten durch Flandern, wo Wolfgang oft die Orgeln der Klosterkirchen und der Kathedralen spielte. In Haag lagen beyde Kinder so hart darnieder, dass man ihren Tod fürchtete. Da Wolfgang das Bett nicht verlassen konnte, so musste man ihm ein Bret auf der Decke einrichten, um darauf schreiben zu können; und wenn gleich die Finger der Feder den Dienst versagten, so liess er sich doch nicht vom Spielen und Schreiben abhalten.


(Leopold M. Brief No. 33.)


Haag, den 19. Sept. 1765.


– – – Der holländische Gesandte in London war uns vielmals angelegen, nach dem Haag zu dem Prinzen von Oranien zu gehen, aber er hatte tauben Ohren gepredigt. Allein, nachdem wir London am 24. July verlassen hatten, blieben wir einen Tag in Canterbury und bis zu Ende des Monats auf dem Landgute eines englischen Cavaliers. Noch am Tage unserer Abreise hatte uns der Gesandte in unserem Quartiere gesucht, fuhr bald darauf zu uns und bat uns um Alles, nach dem Haag zu gehen, indem die[103] Prinzessin von Weilburg, Schwester des Prinzen von Oranien, eine ausserordentliche Begierde hätte, dieses Kind zu sehen. Ich musste mich um so eher entschliessen, da man einer schwangern Frau Nichts abschlagen darf.

Am 1. August verliess ich England. In Calais waren die Herzogin von Montmorency und der Prinz de Croy unsere Bekanntschaften. In Lille wurde ich und Wolfgang durch Krankheit vier Wochen aufgehalten und waren in Gaud noch nicht recht hergestellt. Hier spielte Wolfgang auf der grossen neuen Orgel bey den P.P. Bernhardinern, so wie in Antwerpen auf der grossen Orgel in der Kathedralkirche.

In Haag sind wir nun acht Tage. Wir waren zwey Mal bey der Prinzessin und ein Mal bey dem Prinzen von Oranien, der uns mit seiner Equipage bedienen liess. Nun war meine Tochter krank geworden. Wenn sie besser ist, sollen wir wieder zum Prinzen und zu der Prinzessin von W. und zu dem Herzog von Wolfenbüttel.

Die Reise ist bezahlt; wer nun aber die Rückreise bezahlt, muss ich erst sehen.

Meine Frau lässt Sie bitten, sechs heil. Messen lesen zu lassen, nämlich drey bey dem heil. Johann von Nep. in der Pfarre, eine zu Maria-Plaint, eine zu Loretto bey dem heil. Kindel und eine zu Ehren der heil. Walpurgis, wo Sie wollen. – – –


(Leopold M. Brief No. 34.)


Haag, den 5. November 1765.


Ich musste wider meine Neigung nach Holland gehen, um da, wo nicht gar meine arme Tochter zu[104] verlieren, doch schon fast in den letzten Zügen liegen zu sehen. So weit war es mit ihr gediehen. Ich bereitete sie zur Resignation in den göttlichen Willen. Sie erhielt nicht nur das heil. Abendmahl, sondern auch das heilige Sacrament der letzten Oelung. Hätte Jemand die Unterredungen gehört, die ich, Frau und Tochter hatten, und wie wir letztere von der Eitelkeit der Welt, von dem glückseligen Tode der Kinder überzeugten, so würde er nicht ohne nasse Augen geblieben seyn, da inzwischen Wolfgang sich in einem andern Zimmer mit seiner Musik unterhielt.

Zuletzt sandte mir die Prinzessin von W. den ehrlichen alten Professor Schwenkel zu, der die Krankheit auf eine neue Art behandelt. Sehr oft war meine Tochter nicht bey sich, weder schlafend, noch wachend, und sprach immer im Schlafe bald die eine, bald die andere Sprache, so dass wir bey aller Betrübniss manchmal lachen mussten. Diess brachte auch den Wolfgang etwas aus seiner Traurigkeit. Nun kömmt es darauf an, ob Gott meiner Tochter die Gnade giebt, dass sie wieder zu Kräften gelangt, oder ob ein Zufall kömmt, der sie in die Ewigkeit schickt. Wir haben uns jederzeit dem göttlichen Willen überlassen, und schon ehe wir von Salzburg abgereis't sind, haben wir Gott inständigst gebeten, unsere vorhabende Reise zu verhindern, oder zu segnen. Stirbt meine Tochter, so stirbt sie glückselig. Schenkt ihr Gott das Leben, so bitten wir ihn, dass er ihr seiner Zeit eben so einen unschuldigen, seligen Tod verleihen möge, als sie jetzt nehmen würde. Ich hoffe das Letztere, indem, da sie sehr[105] schlecht war, am nämlichen Sonntage ich mit dem Evangelium sagte: »Domine, descende, bevor meine Tochter stirbt;« und diesen Sonntag hiess es: »die Tochter schlief, dein Glaube hat dir geholfen.« Suchen Sie nur im Evangelium, Sie werden es finden.

Nun bitte ich, wegen meiner Tochter eine heil. Messe zu Maria-Plain, eine heilige Messe bey dem heil. Kindel zu Loretto, eine zu Ehren der heiligen Walpurgis und zwey zu Passau auf dem Mariahilf-Berge lesen zu lassen. Nun hat mein Mädel auch an die fromme Crescentia gedacht und auch ihr zu Ehren eine heil. Messe wollen lesen lassen. Allein, da wir noch nicht dergleichen zu thun befugt sind, bevor unsere Kirche in Betreff dieser frommen Person Etwas decidirt hat, so überlasse ich Ihrer Frau, mit etlichenPatribus Franciscanern ein Consistorium darüber zu halten, und die Sache so einzurichten, dass meine Tochter zufrieden gestellt, die Satzungen Gottes und unserer Kirche aber nicht beleidigt werden.

So bald die Besserung meiner Tochter mir's erlaubt, fahre ich mit Wolfgang auf etliche Tage nach Amsterdam.


(Leopold M. Brief No. 35.)


Haag, den 12. December 1765.


Nun hat auch unser lieber Wolfgang einen fürchterlichen Strauss ausgestanden: er hatte ein hitziges Fieber, welches ihn mehrere Wochen sehr elend machte. Geduld! Was Gott sendet, das muss man annehmen. Jetzt kann ich also Nichts thun, als die Zeit abwarten, da seine Kräfte ihm zu reisen erlauben. Auf die Kosten ist nicht zu denken. Hole der[106] Kukuk das Geld, wenn wir nur den Balg davon tragen. Wenn wir nicht eine ganz ausserordentliche Gnade Gottes gehabt hätten, würden meine Kinder diese schweren Krankheiten und wir diese drey Monate nicht haben überstehen können. Nun bitte ich Sie, folgende heil. Messen alsobald lesen zu lassen: drey bey'm heil. Kindel zu Loretto, eine zu Maria-Plain, eine zu Passau auf dem Mariahilf-Berge, zwey bey der heil. Anna bey den P.P. Franziscanern in der Pfarrkirche, eine zu Ehren der heil. Walpurgis und eine zu Ehren des heil. Vincentii Ferrery.

Die Krankheit meiner Kinder hat nicht nur uns, sondern auch unsere Freunde hier in Betrübniss gesetzt. Wer aber diese Freunde sind, kann ich nicht melden, weil man es für eine Grosssprecherey halten möchte.

Wiewohl bey unserer Anwesenheit in Amsterdam wegen der Fastenzeit alle öffentlichen Vergnügungen streng verboten waren, wurde es uns doch erlaubt, zwey Concerte zu geben, und zwar, wie die fromme und besonnene Resolution lautete, weil die Verbreitung der Wundergaben meiner Kinder zu Gottes Preis diente. Auch wurde Nichts als Wolfgangs eigene Instrumental-Musik gegeben. – – –


Erst nach vier Monaten erholten sich beyde Kinder wieder und dann bestand die erste Arbeit des Sohnes in sechs Sonaten für das Clavier, mit Begleitung einer Violine, die er mit einer Zuschrift an die Prinzessin von Nassau-Weilburg stechen liess. Im Anfange des Jahres 1766 brachten sie vier Wochen in Amsterdam zu und reis'ten dann zum Installations-Feste[107] des Prinzen von Oranien, und von da wieder in den Haag. Der Sohn setzte für diese Festlichkeit ein Quodlibet für alle Instrumente, nebst verschiedenen Variationen und einigen Arien für die Prinzessin. Alle diese genannten Compositionen wurden theils in Haag und theils in Amsterdam gestochen. Nachdem sie öfters beym Erbstatthalter gespielt hatten, reis'ten sie wieder nach Paris, blieben dort zwey Monate, während welcher Zeit sie zwey Mal in Versailles waren.


(Leopold M. Brief No. 36.)


Paris, den 16. May 1766.


Nachdem ich Ihnen in langer Zeit nicht geschrieben und nur durch Freunde Ihnen Nachrichten von uns gegeben habe, fange ich selbst wieder an.

Wir gingen von Amsterdam zu dem Feste des Prinzen von Oranien (am 11ten März) wieder nach Haag, wo man unsern kleinen Compositeur ersuchte, sechs Sonaten für das Clavier, mit Begleitung einer Violine, für die Prinzessin von Nassau-Weilburg zu verfertigen, die auch gleich gravirt wurden. Ueberdiess musste er zum Concert des Prinzen Etwas machen, auch für die Prinzessin Arien componiren u.s.w. Ich sende Ihnen dieses Alles, und unter andern zweyerley Variationen, die der Wolfgang über eine Arie, die zur Majorennität und Installation des Prinzen gemacht worden ist, hat verfertigen müssen, und die er über eine andere Melodie, die in Holland durchaus von Jedermann gesungen, geblasen und gepfiffen wird, in der Geschwindigkeit hingeschrieben hat. Es sind Kleinigkeiten. Ferner[108] erhalten Sie meine Violinschule in holländischer Sprache. Diess Buch hat man in dem nämlichen Format in meinem Angesichte ins Holländische übersetzt, dem Prinzen dedicirt und zu seinem Installations-Feste überreicht. Die Edition ist ungemein schön. Der Verleger (Buchdrucker in Harlem) kam mit einer ehrfurchtsvollen Miene zu mir und händigte mir das Buch ein, in Begleitung des Organisten, der unsern Wolfgang einlud, auf der berühmten grossen Orgel in Harlem zu spielen, welches auch am folgenden Morgen geschah. Diese Orgel ist ein trefflich schönes Werk von 68 Registern; Alles Zinn, weil Holz in diesem feuchten Lande nicht dauert.

Wir sind über Mecheln gereis't, wo wir unsern alten Bekannten, den Erzbischof, besuchten. Hier haben wir ein von unserm Freunde Mr. Grimm für uns bestelltes Quartier bezogen.

Für meine Kinder und meinen Geldbeutel wäre es zu beschwerlich, schnurgerade nach Salzburg aufzubrechen. Es wird Mancher noch Etwas zu dieser Reise bezahlen, der jetzt Nichts davon weiss. – –


(Leopold M. Brief No. 37.)


Paris, den 9. Juny 1766.


Künftige Woche sollen wir wieder nach Versailles, wo wir vor zwölf Tagen ganzer vier Tage waren. Wir haben die Gnade gehabt, den Erbprinzen von Braunschweig bey uns zu sehen. Er ist ein sehr angenehmer, schöner, freundlicher Herr, und bey seinem Eintritte fragte er mich gleich: ob ich der Verfasser der Violinschule wäre? – – –


Lettre de Paris 1766.

[109] (Probablement écrite par Mr. Grimm.)


Nous venons de voir ici les deux aimables enfans de Mr. Mozart, maître de Chapelle du Prince Archévéque de Salzbourg, qui ont eu un si grand succès pendant leur séjour à Paris en 1764. Leur père, après avoir passé près de 18 mois en Angleterre et 6 mois en Hollande, vient de les reconduire ici, pour s'en retourner à Salzbourg. Partout, où ces enfans ont fait quelque séjour, ils ont réuni tous les suffrages, et causé de l'étonnement aux connoisseurs. Melle Mozart, âgée maintenant de 13 ans, d'ailleurs fort embellie, a la plus belle et la plus brillante exécution sur le Clavessin: il n'y a que son frère, qui puisse lui enlever les suffrages. Cet enfant merveilleux a actuellement neuf ans: il n'a presque pas grandi; mais il a fait des progrès prodigieux dans la musique. Il étoit déjà Compositeur et auteur de Sonates il y a deux ans: il en a fait graver six depuis ce tems-là à Londres, pour la Reine de la Grande-Bretagne; il en a publié six autres en Hollande pour Mme. la Princesse de Nassau-Weilbourg; il a composé des Simphonies à grand Orchestre, qui ont été exécutées et généralement applaudiées; il a même e'crit plusieurs airs Italiens, et je ne désespère pas qu'avant qu'il ait atteint l'âge de 12 ans, il n'ait déjà fait jouer un Opéra sur quelque Théatre d'Italie. Ayant entendu Manzuoli à Londres pendant tout un hiver, il en a si bien profité, que quoiqu'il ait la voix excessivement foible, il chante avec autant de goût que d'ame. Mais ce qu'il y a de plus incompréhensible, c'est[110] cette profonde science de l'harmonie et de ses passages les plus cachés, qu'il possède au suprême dégré, et qui a fait dire au Prince héréditaire de Brounswick, juge très-compétent en cette matière, comme en beaucoup d'autres, que des maîtres de Chapelle consommés dans leur art mouroient sans avoir appris ce que cet enfant fait à neuf ans. Nous lui avons vu soûtenir des assauts pendant une heure et demie de suite avec des musiciens, qui suoient à grosses gouttes, et avoient toute la peine du monde à se tirer d'affaire avec un enfant, qui quittoit le combat sans être fatigué. Je l'ai vu sur l'orgue dérouter et faire taire des organistes, qui se croioient fort habiles à Londres. Bach le prenoit entre ses genoux, et ils jouoient ainsi de tête alternativement sur le même Clavessin deux heures de suite, en présence du Roi et de la Reine. Ici il a subi la même épreuve avec Mr. Raupach, habile musicien, qui a été long terms à Petersbourg, et qui improvise avec une grande supériorité. On pourroit s'entretenir longtems de ce Phénomène singulier. C'est d'ailleurs une des plus aimables créatures, qu'on puisse voir, mettant à tout ce qu'il dit et ce qu'il fait, de l'esprit et de l'ame avec la grace et la gentillesse de son âge. Il rassure même par sa gaieté contre la crainte qu'on a, qu'un fruit si précoce ne tombe avant sa maturité. Si ces enfans vivent, ils ne resteront pas à Salzbourg. Bientôt les Souverains se disputeront, à qui les aura. Le père est nonseulement habile musicien, mais homme de sens et d'un bon esprit, et je n'ai jamais vû un homme de sa profession réunir à son talent tant de mérite.


Brief aus Paris 1766.

[111] (wahrscheinlich von Hrn. Grimm geschrieben.)


So eben haben wir hier die beyden liebenswürdigen Kinder Hrn. Mozart's, Kapellmeisters bey dem Fürst-Erzbischof von Salzburg gesehen, die so vielen Beyfall während ihres Aufenthalts in Paris 1764 gehabt haben. Ihr Vater ist achtzehn Monat in England und sechs Monat in Holland gewesen, und hat sie vor Kurzem hierher zurück gebracht, um von hier nach Salzburg zurück zu kehren. Ueberall, wo sich diese Kinder einige Zeit aufgehalten haben, ist nur Eine Stimme zu ihrem Vortheile gewesen und sie haben alle Kenner in Staunen gesetzt. Mademoiselle Mozart, jetzt dreyzehn Jahre alt, übrigens sehr von der Natur begünstigt, hat die schönste und glänzendste Ausführung auf dem Claviere; nur ihr Bruder allein vermag die Stimme des Beyfalls ihr zu rauben. Dieser wundervolle Knabe ist jetzt neun Jahre alt. Er ist fast gar nicht gewachsen; aber er hat ungeheure Fortschritte in der Musik gemacht. Er hat schon vor zwey Jahren Sonaten componirt und geschrieben, er hat sechs Sonaten seitdem in London für die Königin von Grossbritannien stechen lassen; sechs andere hat er in Holland für die Prinzessin von Nassau-Weilburg herausgegeben, er hat Symphonien für ein grosses Orchester componirt, die aufgeführt und mit allgemeinem Beyfall aufgenommen worden sind. Er hat sogar mehrere italienische Arien geschrieben, und ich gebe die Hoffnung nicht auf, dass er, noch ehe er zwölf Jahre alt ist, schon eine Oper wird haben auf irgend einem Theater Italiens spielen lassen. Er hatte Manzuoli in London[112] einen ganzen Winter hindurch gehört, und dieses so gut benutzt, dass er, obgleich seine Stimme ausserordentlich schwach ist, doch mit eben soviel Geschmack als Gefühl singt. Aber das Unbegreiflichste ist jene tiefe Kenntniss der Harmonie und ihrer geheimsten Passagen, die er im höchsten Grade besitzt, und wovon der Erbprinz von Braunschweig, der gültigste Richter in dieser Sache, so wie in vielen andern, gesagt hat, dass viele in ihrer Kunst vollendete Kapellmeister stürben, ohne das gelernt zu haben, was dieser Knabe in einem Alter von neun Jahren leistet. Wir haben ihn anderthalb Stunden lang Stürme mit Musikern aushalten sehen, denen der Schweiss in grossen Tropfen von der Stirne rann, und die alle Mühe hatten, sich aus der Sache zu ziehen mit einem Knaben, der den Kampf ohne Ermüdung verliess. Ich habe ihn gesehen, wie er auf der Orgel Organisten, die sich für sehr geschickt hielten, besiegte und zum Schweigen brachte. Bach nahm ihn zuweilen zwischen seine Kniee, und sie spielten so zusammen abwechselnd auf dem nämlichen Claviere zwey Stunden lang in Gegenwart des Königs und der Königin. Hier hat er die nämliche Probe mit Hrn. Raupach bestanden, einem geschickten Tonkünstler, der lange in Petersburg gewesen ist, und mit groser Gewandtheit phantasirt. Man könnte lange sich mit diesem besondern Phänomen unterhalten. Uebrigens ist er eines der liebenswürdigsten Wesen, die man sehen kann: in alles, was er sagt und thut, bringt er Geist und Gefühl, vereint mit der Anmuth und dem holden Wesen seines Alters. Er benimmt sogar durch seine Munterkeit die Furcht,[113] die man hat, dass eine so frühreife Frucht vor der Zeit abfallen möchte. Bleiben diese Kinder am Leben, so werden sie nicht in Salzburg bleiben. Bald werden die Beherrscher sich um ihren Besitz streiten. Der Vater ist nicht nur ein geschickter Tonkünstler, sondern er ist auch ein Mann von Verstand und Geist, und noch nie sah ich einen Mann von seiner Kunst, der mit seinem Talente so viel Verstand verband.


Rondeau

de la composition de S.A. Mademoiselle

(fille du Duc d'Orleans15),

qui prend la liberté de présenter son ouvrage

à

Mr. Wolfgang Mozart.[115]


3. Reise ausser Deutschland nach Paris, London, Holland

3. Reise ausser Deutschland nach Paris, London, Holland

3. Reise ausser Deutschland nach Paris, London, Holland

(Leopold M. Brief No. 38.)


Lyon, den 16. August 1766.


Wir sind am 9. July von Paris nach Dijon gegangen und dort 14 Tage geblieben. Der Prinz von Condé hatte uns wegen der Versammlung der Stände von Burgund dahin eingeladen. – – –


Sie gingen dann über Lyon durch die Schweiz, wo der ganzen Familie viel Ehre erwiesen wurde. Salomon Gessner schenkte der Familie seine Schriften und schrieb vor dem Titelblatte hinein:

»Nehmen Sie, wertheste Freunde, diess Geschenk mit der Freundschaft, mit der ich es Ihnen gebe. Möchte es würdig seyn, mein Andenken beständig bey Ihnen zu unterhalten. Geniessen Sie, verehrungswürdige Eltern, noch lange die besten Früchte der Erziehung in dem Glücke Ihrer Kinder; sie seyen so glücklich, als ausserordentlich ihre Verdienste sind! In der zartesten Jugend sind sie die Ehre der Nation und die Bewunderung der Welt. Glückliche Eltern! Glückliche Kinder! Vergessen Sie Alle nie den Freund, dessen Hochachtung und Liebe für Euch sein ganzes Leben durch so lebhaft seyn werden als heute.«


Salomon Gessner.

Zürich,

d. 3. Weinmonat 1766.
[116]

Judith, geborne Heidegger, Gessner's Frau, schenkte der Familie die poetischen Schriften Wielands, und ihr Bruder Heidegger dem Vater de verdeutschten Hudibras.

Von der Schweiz gingen sie nach Schwaben, wo sie einige Zeit in Donaueschingen bey dem Fürsten von Fürstenberg verweilten.

Aus München, wo sie den 8. November ankamen, schrieb der Vater folgende drey Briefe:


(Leopold M. Brief No. 39.)


München, den 10. Novbr. 1766.


– – – In Lyon blieben wir vier Wochen. In Genf, wo die Unruhen in voller Flamme waren, hielten wir aus. In Lausanne wollten wir uns nur einige Stunden aufhalten; allein bey dem Absteigen kamen die Bedienten des Prinzen Ludwig von Würtemberg, der Madame d'Autbonne, der Madame d'Hermenche, des Mr. de Severy zu uns, und ich ward beredet, fünf Tage zu bleiben. Erwähnter Prinz war noch bey uns, als wir einstiegen, und ich musste ihm, da wir schon im Wagen waren, bey dem Händedruck versprechen, ihm oft zu schreiben und von unsern Umständen Nachricht zu geben. Hier verschweige ich noch das Meiste, da ich weiss, wie verschieden die Urtheile nach Verschiedenheit der manchmal sehr schwachen Einsicht der Menschen sind. Von Lausanne nach Bern und Zürch. Am ersten Orte 8 Tage, am zweyten 14 Tage geblieben. Den letzten Aufenthalt machten die zwey gelehrten Herren Gessner sehr angenehm und unsern Abschied sehr betrübt. Wir haben die Merkmale ihrer Freundschaft[117] mit uns genommen. Von da über Winterthurn nach Schaffhausen, wo ein viertägiger Aufenthalt auch sehr angenehm war; dann nach Donaueschingen. Der Fürst empfing uns ausserordentlich gnädig: wir hatten nicht nöthig uns zu melden. Man erwartete uns schon mit Begierde, und der Musikdirektor Rath Martelli kam gleich, uns zu complimentiren und einzuladen. Wir blieben 12 Tage. In 9 Tagen war Musik von 5 bis 9 Uhr Abends: wir machten allezeit etwas Besonderes. Wäre die Jahreszeit nicht so weit vorgerückt, so hätte man uns nicht fahren lassen. Der Fürst gab mir 24 Louisd'or, und jedem meiner Kinder einen diamantenen Ring. Die Thränen flossen ihm aus den Augen, da wir uns beurlaubten: auch weinten wir alle. Er bat mich, ihm oft zu schreiben. Dann über Möskirchen, Ulm, Günzburg und Dillingen, wo wir zwey Tage blieben, und von dem Fürsten zwey Ringe abholten. Vorgestern sind wir hier angelangt. Gestern haben wir den Churfürsten bey der Tafel besucht, und wurden gnädigst empfangen. Wolfgang musste gleich neben Sr. Durchlaucht ein Stück auf der Tafel componiren, davon der Kurfürst ihm den Anfang oder Idea von ein paar Takten vorsang. Er musste es auch nach der Tafel im Cabinet spielen. Wie erstaunt Jederman war, dieses zu sehen und zu hören, ist leicht zu erachten.


(Leopold M. Brief No. 40.)


München, den 15. Novbr. 1766.


Um dem inständigen Verlangen des Prinzen Ludwigs von Würtemberg und der Fürsten von Fürstenberg[118] und Taxis ein Genüge zu thun, müsste ich nach Regensburg gehen, aber ich muss sehen, ob die Umstände meines Sohnes, der wieder krank geworden, es erlauben werden. – – –


(Leopold M. Brief No. 41.)


München, den 22. Novbr. 1766.


– – Es kömmt darauf an, dass ich zu Hause eine Existenz habe, die besonders für meine Kinder zweckgemäss ist. Gott (der für mich bösen Menschen allzugütige Gott) hat meinen Kindern solche Talente gegeben, die, ohne der Schuldigkeit des Vaters zu denken, mich reitzen würden, alles der guten Erziehung derselben aufzuopfern. Jeder Augenblick, den ich verliere, ist auf ewig verloren, und wenn ich jemals gewusst habe, wie kostbar die Zeit für die Jugend ist, so weiss ich es jetzt. Es ist Ihnen bekannt, dass meine Kinder zur Arbeit gewohnt sind. Sollten sie aus Entschuldigung, dass eins oder das andere, z.B. in der Wohnung und ihrer Gelegenheit sie verhindert, sich an müssige Stunden gewöhnen, so würde mein ganzes Gebäude über den Haufen fallen. Die Gewohnheit ist ein eiserner Pfad, und Sie wissen auch selbst, wie viel mein Wolfgang noch zu lernen hat. Allein, wer weiss, was man in Salzburg mit uns vor hat! Vielleicht begegnet man uns so, dass wir ganz gern unsere Wanderbündel über den Rücken nehmen. Wenigstens bringe ich dem Vaterlande, wenn Gott will, die Kinder wieder. Will man sie nicht, so habe ich keine Schuld. Doch wird man sie nicht umsonst haben. – –
[119]

Endlich kamen sie nach einer Abwesenheit von länger als drey Jahren zu Ende des November 1766 wieder in Salzburg an, nachdem sie Gewinn gehabt und Ehre genossen hatten. Mit der kleinen Zauberhand das Reich der Töne schon bemeisternd, hatte Wolfgang nun schon in den Erstlingsblüthen seiner Composition den künftigen Wundersatz der Kunst ahnen lassen.

Von dieser grossen Reise weiss man noch, dass der Knabe auf dem gräflichen Schlosse Babenhausen die Beweise seiner Geschicklichkeit ablegte, und dass er im Markte Biberach einen musikalischen Wettstreit auf der Orgel mit dem nachherigen Pater Sixtus Bachmann (geb. 1754, zuletzt im Kloster Marchthal an der Donau) hatte, in welchem Jeder sein Aeusserstes that, um dem Andern den Vorzug streitig zu machen. Der Ausgang war für Beyde sehr rühmlich.

In Salzburg blieb nun die Mozart'sche Familie mehr als ein Jahr in Ruhe. Diesen Zeitraum der Musse wendete der junge Künstler auf das höhere Studium der Composition, dessen grösste Tiefe er nun bald ergründet hatte. Emanuel Bach, Hasse, Händel und Eberlin waren seine Männer – ihre Werke sein unablässiges Studium! Dadurch erwarb er sich eine ausserordentliche Fertigkeit und Geschwindigkeit der linken Hand. Er studirte fleissig die Werke der strengen alten Componisten und bereitete sich dadurch zu den kolossalen Arbeiten vor, mit denen er in seinem männlichen Alter als der Reformator der Instrumental- und besonders der Theater-Musik so glänzend auftrat.[120]

Keinesweges vernachlässigte er die alten italienischen Meister, deren Vorzüge in Rücksicht der Melodie und der Gründlichkeit des Satzes so auffallend gegen die heutigen Italiener abstechen. So schritt er immer näher der Stufe der Vollkommenheit, auf welcher ihn bald darauf die Welt als eine seltene Erscheinung erblickte.

Fußnoten

1 Diese Familie ist so alt, dass man einen Brief von zusammengerolltem Zeuge, das einer Baumrinde ähnlich ist, vorzeigt, in welchem ein Herr von Dalberg unter andern Neuigkeiten berichtet: dass ein Zimmermanns-Sohn, der sich für den Messias angab, zum Kreuzgalgen verurtheilt worden sey. Credibile ut veteres, latro seu praesul et hospes.


2 Diess sind, bis auf den ersten, lauter Namen von Hofmusikern aus der Capelle. Cajetan ist der Vorname des Adlgasser; Nazerl der des Lipp. Beyde waren Organisten und Compositeurs.


3 In diesem Briefe heisst es auch: »Sind die Portraite meiner Kinder noch nicht in Ihren Händen?« Also damals schon waren Portraite gemacht.


4 Sie war die Tochter des salzburgischen Oberstkämmerers Grafen Arco.


5 Nanerl, Nannette Mozart, die Tochter.


6 Ein Dorf bey Salzburg.


7 I here subjoin a copy of the translation from the register at Saltzbourg, as it was procured from his excellency Count Haslang, envoy extraordinary and minister plenipotentiary of the electors of Bavaria and Palatine.


»I, the under-written, certify, that in the year 1756 the 17th.A1 of Jan., at eight o' clock in the evening, was born Joannes Chrisostomus Wolfgangus Theophilus, son of Mr. Leopold Mozart, organist of his higness the prince of Saltzbourg, and of Maria Ann, his lawful wife (whose maiden name was Pertlin) and christened the day following, at ten o' clock in the morning, at the prince's chathedral church here; his godfather being Gottlieb Pergmayr, merchant in this city. In truth whereof I have taken this certificate from the parochial register of christnings, and under the usual seal, signed the same with my own hand.


Saltzbourg,

Jan. 3. 1769.

Leopold Comprecht,

Chaplain to his Highness in this city.«


8 By this I mean,

The two parts for the violins

The upper part for the voice

The words set to music

And lastly the base


9

By this I mean

The violin parts in the common treble cleff

The upper part for the voice in the contralto cleff as before mentioned

The words in common characters

And the base in its common cleff.


10 The words in Metastasio's duet, which little Mozart sung, are very pathetic.


11 He published six Sonatas for the harpsichord, with an accompaniment for the violin, or German flute,A2 which are sold by R. Bremner, in the Strand, and are intituled: Oeuvre Troisme.

He is said in the title page to have been only eight years of age when he composed these sonatas.

The dedication is to the Queen and is dated at London Jan. 18, 1765. He subscribes himself, »très humble et très obéissant petit serviteur.«

These lessons are composed in a very original stile, and some of them are masterly.


12 Ich füge hier eine Abschrift der Uebersetzung aus dem Kirchenbuche zu Salzburg bey, wie solche von Sr. Excell. dem Herrn Grafen Haslang, ausserordentlichem Botschafter und bevollmächtigtem Minister bey den Churfürsten von Bayern und von der Pfalz, eingesandt worden.


»Ich Endesunterschriebener bezeuge hiermit, dass im J. 1756 den 17. Jan. Abends um acht Uhr, Johann Chrysostomus Wolfgang Theophilus, Sohn von Hrn. Leopold Mozart, Organisten Sr. Durchlaucht des Fürsten (Fürst-Erzbischofs?) von Salzburg, und von Maria Anna, dessen Ehegattin, gebornen Pertlin, geboren, und am folgenden Tage, um zehn Uhr des Morgens, in der erzbischöflichen Domkirche allhier getauft worden; Pathe war Gottlieb Pergmayr, ein hiesiger Kaufmann. Zu dessen Urkunde habe ich dieses Zeugniss aus dem Taufregister der Kirche ausgezogen und mit Beysetzung des gewöhnlichen Siegels solches eigenhändig unterzeichnet.


Salzburg,

den 3. Jan. 1769.

Leopold Comprecht,

Capellan Sr. Durchl. in dieser Stadt


13 Hr. Barrington, um auch Unkundigen zu zeigen, wie schwer es sey, von einer Partitur zu spielen, vergleicht es mit der Schwierigkeit, fünf über einander stehende Zeilen, z.B. eine Stelle aus Shakespeare (da die Worte in Metastasio's Duette, die der kleine Mozart sang, sehr voller Pathos waren), zu lesen, wo die oberste Zeile den Text, dann die andern Commentare enthielten, mit verschiedener Schrift geschrieben, oder so, dass in der ersten Zeile a ein a, in der zweyten aber ein b, in der dritten ein c u.s.w. bedeutete. Denke man sich nun dabey ein Kind von acht Jahren, das diese nie vorher gesehenen Zeilen mit einem Blicke auffasst, sie mit der Energie eines Garrick ausspricht, durch verschiedene Zeichen zugleich andeutet, welcher Commentar am treffendsten über jedes Wort ist, so könne man sich einen Begriff von der Fähigkeit des Knaben machen, der ein solches Duett vom Blatte aus der Partitur sang und spielte.


14 Er gab sechs Sonaten für das Clavier heraus, mit Begleitung einer Violine oder deutschen Flöte,A3 die zu haben sind bey R. Bremner, in dem Strand, und betitelt sind: Oeuvre troisme.

Auf dem Titel wird gesagt, er sey nur acht Jahre alt gewesen, als er diese Sonaten componirte.

Sie sind der Königin gewidmet, und datirt: London, den 18. Jan. 1765. Er unterzeichnet sich: très humble et très obéissant petit serviteur (unterthänigster und gehorsamster kleiner Diener.)

Diese Musikstücke sind in einem sehr originellen Style gesetzt; einige davon sind meisterhaft.


15 Es heisst, dass Kaiser Joseph II. diese Prinzessin hatte heirathen wollen, und dass er, weil die Einstimmung seiner Mutter abging, beschloss, sich nicht mehr zu verehelichen.


A1 Muss ein Druck- oder Schreibfehler seyn. Der 27ste war der Geburtstag.


A2 Auf dem Titelblatte heisst es: Printed for the author and sold at his lodgings at Mr. Williamson in Thrift Street Soho.


A3 Auf dem Titelblatte heisst es: Printed for the author and sold at his lodgings at Mr. Williamson in Thrift Street Soho (gedruckt auf Kosten des Verf. und verkauft in dessen Wohnung bey Herrn Williamson in Thrift-Street Soho.

Quelle:
Nissen, Georg Nikolaus von: Biographie W.A. Mozart's. Leipzig: Breitkopf & Härtel, 1828 [Nachdruck Hildesheim, Zürich, New York: Georg Olms, 1991].
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