82. Mozarteum.

[108] Mannheim 6. Dez. 1777.

Ich kann schon wieder nichts schreiben! Jetzt wird mir der Spaß bald zu lang. Ich bin nur curios auf den Ausgang. Der Graf Savioli hat schon 3 Mal mit dem Churfürsten gesprochen und die Antwort war allzeit ein Schupfer mit den Achseln und: »Ich werde schon antworten, aber – ich bin noch nicht resolvirt.« Meine gute Freunde treffen ganz mit meiner Meinung überein, daß diese Weigerung und Zurückhaltung mehr ein gutes als böses Zeichen ist. Denn wenn auch der Churfürst mich gar nicht zu nehmen im Sinn hätte, so würde er es gleich gesagt haben; so aber gebe ich dieser Verzögerung keine andere Ursache als – – Denari siamo un poco scrocconi. Übrigens weiß ich gewiß, daß mich der Churfürst lieb hat; à bon conto müssen wir halt noch warten. Jezt kann ich sagen, daß es mir lieb wäre, wenn die Sachen gut ausgingen, denn sonst reuete es mich, daß ich so lange hier gesessen und das Geld verzehrt habe. Übrigens mag es gehen wie es will, so kann es nie übel sein, wenn es nach dem Willen Gottes geht; und das ist meine alltägliche Bitte, daß es so gehen möchte. – Der Papa hat die Hauptursache wegen der Freundschaft des Hrn. Cannabich wohl errathen. Es ist aber noch ein kleines Ding, wozu er mich brauchen kann, nemlich er muß von allen seinen Baletten ein Recueil herausgeben, aber auf das Clavier. Nun kann er unmöglich das Ding so schreiben, daß es gut herauskömmt und doch leicht ist. Zu diesem bin ich ihm (wie ich es auch mit einem Contredance schon war) sehr willkommen. Jezt ist[108] er schon 8 Tage auf der Jagd und kommt erst künftigen Dienstag. Solche Sachen tragen freilich viel zu einer guten Freundschaft bei, aber ungeachtet dessen glaube ich, wäre er mir doch wenigstens nicht feind; denn er hat sich viel geändert. Wenn man auf gewisse Jahre kömmt und sieht seine Kinder herwachsen, so denkt man schon ein bischen anders. Seine Tochter welche 15 Jahr alt, aber das älteste Kind ist, ist ein sehr schönes artiges Mädl. Sie hat für ihr Alter sehr viel Vernunft und gesetztes Wesen; sie ist serios, redet nicht viel, was sie aber redet, geschieht mit Anmuth und Freundlichkeit. Gestern hat sie mir wieder ein recht unbeschreibliches Vergnügen gemacht, sie hat meine Sonate ganz vortrefflich gespielt. Das Andante (welches nicht geschwind gehen muß) spielt sie mit aller möglichen Empfindung; sie spielt es aber auch recht gern. Sie wissen, daß ich den 2. Tag als ich hier war, schon das erste Allegro fertig hatte, folglich die Mademoiselle Cannabich nur einmal gesehen hatte. Da fragte mich der junge Danner, wie ich das Andante zu machen in Sinn habe? »Ich will es ganz nach dem Character der Mademoiselle Rose machen.« Als ich es spielte, gefiel es halt außerordentlich. Der junge Danner erzählte es hernach. Es ist auch so; wie das Andante, so ist sie. – – Heute habe ich das 6. Mal bey Wendling gespeist und das 2. Mal mit dem Hrn. Schweitzer. Morgen esse ich zur Abwechslung wieder dort; ich gehe ordentlich in die Kost hin. Nun muß ich aber schlafen gehen, ich wünsche gute Nacht.

Diesen Augenblick komme ich von Wendling zurück. Sobald ich den Brief auf die Post getragen, so gehe ich wieder hin; dann man wird so in Camera Caritatis die Oper probiren. Um halb 7 Uhr gehe ich hernach zum Cannabich zu der gewöhnlichen und alltäglichen Clavierunterweisung. Apropos, ich muß etwas widerrufen: ich habe gestern geschrieben, daß die Mademoiselle Cannabich 15 Jahr alt; sie ist aber erst 13 und gehet in das vierzehnte. Unsere Empfehlung an alle gute Freund und Freundinnen; besonders an Hrn. Bullinger. Die Mama brennt vor Zorn, Wuth und Eifersucht, indem der Papa nichts als den Kasten wegrucken und die Thür aufmachen darf, um zu der schönen Kammerjungfer zu kommen.[109] Ich kann sagen, daß es mich völlig reuet, daß ich von Salzburg weg bin, da ich doch jezt eine so schöne Gelegenheit hätte, allen meinen Verdruß in den Armen eines so schönen liebenswürdigen blaunasigten Mädls zu vergessen! Es hat halt einmal so sein sollen, ich muß mich halt mit diesem trösten, daß es noch mehr so schöne Frauenzimmer gibt. –

Quelle:
Mozarts Briefe. Nach den Originalen herausgegeben von Ludwig Nohl. Salzburg 1865, S. 108-110.
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