Der Fusstritt des Grafen Arco

[139] Aus einem Briefe Mozarts an den Vater;

Wien, am 9. Juni 1781


Nun hat es der Graf Arco recht gut gemacht! – Das ist also die Art, die Leute zu bereden, sie an sich zu ziehen. – Daß man aus angeborner Dummheit die Bittschriften nicht annimmt, aus Manglung des Muts und aus Liebe zur Fuchsschwänzerey dem Herrn gar kein Wort sagt, jemand vier Wochen herumzieht und endlich, da derjenige gezwungen ist, die Bitteschrift selbst zu überreichen, anstatt ihm wenigstens den Zutritt zu verstatten, ihn zur Türe hinausschmeißt und [139] einen Tritt im Hintern gibt. – Das ist also der Graf, dem es (nach Ihrem letzten Schreiben) so sehr vom Herzen geht – das ist also der Hof, wo ich dienen soll – an welchem man jemand, der um etwas schriftlich einkommen will, anstatt, daß man ihm die Übergebung zuwege bringt, ihn also behandelt? – Das geschahe in der ante chambre – mithin war kein ander Mittel, als sich losreißen und laufen – denn ich wollte für die fürstlichen Zimmer den Respect nicht verlieren, wenn ihn schon der Arco verloren hatte. – Ich habe drey Memorial gemacht; habe sie 5mal übergeben und sind mir allzeit zurückgeschlagen worden. – Ich habe sie ganz gut verwahrt und, wer sie lesen will, kann sie lesen und sich überzeugen, daß nicht das geringste Anzügliche darinnen seye. – Endlich da ich abends das Memorial durch H.v. Kleinmayer zurückgesandt bekam (denn er ist hier dazu bestellt) und als den andern Tag darauf wäre die Abreise des Erzbischofs, so war ich vor Zorn ganz außer mir – wegreisen konnte ich ihn so nicht lassen, und – da ich vom Arco gewußt, (wenigstens sagte er mir so) daß er nichts darum wisse, mithin wie böse könnte der Erzbischof nicht auf mich seyn, so lange hier zu seyn und dann auf den letzten Augenblick erst mit einer solchen Bittschrift kommen. – Ich machte also ein anderes Memorial, worin ich ihm entdeckte, daß ich schon bereits 4 Wochen eine Bittschrift in Bereitschaft hätte; und da ich mich, wüßte nicht warum, so lange damit herumgezogen sähe, so seye ich nun genötigt, sie ihm selbst und zwar auf den letzten Augenblick zu überreichen. –

... Dem Graf Arco habe ich sagen lassen: ich habe nichts mit ihm zu reden, weil er mich das erstemal so angefahren und wie einen Spitzbuben ausgemacht hat – welches ihm nicht zusteht, und bey Gott! wie ich schon geschrieben habe, ich wäre das letztemal[140] auch nicht hingegangen, hätte er mir nicht dazu sagen lassen, er hätte einen Brief von Ihnen. – Nun das letztemal. – Was geht es ihn an, wenn ich meine Entlassung haben will? – und denkt er wirklich so gut für mich, so soll er mit Gründen jemand zureden – oder die Sache gehen lassen, wie sie geht, aber nicht mit Flegel und Bursche herumwerfen und einen bey der Tür durch einen Tritt im A .... hinauswerfen; doch ich habe vergessen, daß es vielleicht Hochfürstlicher Befehl war. –

Auf Ihren Brief will ich nur ganz kurz antworten; denn ich bin der ganzen Sache so müde, daß ich gar nichts mehr davon zu hören wünschte ...

... Gott! – meine einzige Absicht ist, weiß Gott, Ihnen und uns allen zu helfen; muß ich es Ihnen denn 100mal schreiben, daß ich Ihnen hier mehr nütze bin als in Salzburg. – Ich bitte Sie, mein liebster, bester Vater, schreiben Sie mir keine solche Briefe mehr, ich beschwöre Sie, denn sie nützen nichts, als mir den Kopf warm und das Herz und Gemüt unruhig zu machen – und ich – der nun immer zu componiren habe, brauche einen heitern Kopf und ruhiges Gemüt ...

Quelle:
Mozart. Zusammengestellt und erläutert von Dr. Roland Tenschert. Leipzig, Amsterdam [1931], S. 139-141.
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