Hundertundsiebzigstes Capitel.
Von der Berufung des Sünders auf den Weg der Buße.

[98] Einst begegnete ein Spieler dem heiligen Bernhard, der zu Pferde saß, und sprach zu ihm: Vater, ich will mit Dir ein Spiel machen und meine Seele gegen Dein Pferd setzen. Wie das der heilige Bernhard hörte, stieg er gleich vom Pferde und sprach: wenn Du mehr Augen als ich wirfst, soll mein Pferd Dein seyn, wenn ich aber mehr werfe, so muß Deine Seele mir angehören. Das war der Spieler zufrieden, nahm gleich drei Würfel und warf acht Augen. Hierauf faßte er den Zügel des Pferdes, als wenn es bereits ihm gehöre, allein der heilige Bernhard sprach: mein Sohn, auf diesen drei Würfeln steht noch mehr als das. Hierauf nahm er sie und warf achtzehn Augen, also mehr wie der Spieler. Kaum hatte der das gesehen, als er sich auch gehorsam[98] seinem Vater Bernhard übergab und nach einem heiligen Lebenswandel durch ein seliges Ende zum Herrn einging.

Quelle:
Gesta Romanorum, das älteste Mährchen- und Legendenbuch des christlichen Mittelalters. 3. Auflage, Unveränderter Neudruck Leipzig: Löffler, Alicke 1905, S. 98-99.
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