Hundertdreiundfünfzigste Geschichte

[154] geschah an einem, der war abgeniedert von seinem Gut un war gar arm geworden, daß er den Leuten dienen mußt un ackert für die Leute um Lohn. Nun, auf einen Tag da ackert er. Da kam Elijou hanowi (der Prophet Eliahu) zu ihm, un sprach wider den armen Mann: »Du sollst haben sieben gute Jahr. Wann willst du sie haben, auf dein Alter oder nun?« Da sprach der arme Mann: »Du bist ein Mechaschef (Zauberer), ich hab nix, das ich dir kann zu Lohn geben.« Den andern Tag kam Elijohu hanowi wieder, un sagt zu ihm gleichwie er gestert auch gesagt hat. Da gab ihm der Mann wieder eine Antwort, gleichwie er ihm gestern hat gegeben. Er meint er tät es darum, daß er wollt Geld zu Lohn haben. Den dritten Tag kam er wieder, un sagt zu ihm: »Der Heilige, gelobt sei er, hat gesagt, es soll dir wol gehn sieben Jahr. Darum sag mir, wann willst du sie haben, jetzunder oder auf dein Alter? Da sprach der Arme: ›Ich bitt dich, laß mich heim gehn un laß mich vor mein Weib fragen.‹ So ging er heim, un sagt es seinem Weib alle Sach, wie der alte Mann wär drei oder viermal dagewesen un hätt ihm solche Sach vorgehalten, un er sollt sieben gute Jahr haben, wann er sie haben wollt. ›Darum, liebes Weib, bin ich vor heim gegangen un will dich vor fragen, wann wir sie haben wollen.‹ Da sprach das Weib: ›Wir wollen sie jetzunder nehmen. Derhalben lieber Mann, laß dir sie nun geben.‹ Da ging der alte Mann über Feld. Da kam Elijohu hanowi wieder zu ihm un frägt ihn, wann er sie wollt haben. Da sagt der Arme, er wollt sie jetzunder haben. Da sagt Elijohu hanowi: ›Geh du heim, so wirst du genug haben. Eh du in dein Haus wirst kommen, so wirst du sehen viel Broche (Segen).‹ Un da gingen die Kinder un suchten ungefähr im Mist. Da fanden sie viel Mammon, daß sie konnten sieben Jahr dermit speisen. Un die Kinder ruften die Mutter un weisen ihr das Geld. Un eh er heim kam in sein Haus, da kam ihm sein Weib entgegen zu laufen, un sagt ihm die Bsure (Nachricht) mit dem Geld. Alsobald loben sie den Heiligen, gelobt sei er, daß er ihnen solches beschert hat, un warden gar wol zufrieden dermit. Nun, was tät das fromme Weib? Sagt wider den Mann: ›Der Heilige, gelobt sei er, hat uns eine große Gnade getan, un hat uns beschert, daß wir sieben Jahr sollen haben. Wir wollen auch Gemilus cheßed (Guttaten) damit den Leuten tun, un wollen Zdoke (Almosen) davon geben in den sieben Jahren. Vielleicht wird sich der Heilige gelobt sei er, über uns derbarmen un wird uns weiter geben.‹ Un sie täten auch viel Gemilus cheßed mit andern Leuten. Un alles, was sie alle Tag ausgab, sprach sie wider ihren jüngsten Sohn: ›Lieber Sohn, schreib du auf, was wir ausgeben von dem Mammon.‹ Un der Sohn schreibt alles auf. Wie nun die sieben Jahren bald aus waren, so kam Elijohu hanowi[155] wieder zu dem Mann un sprach zu ihm: ›Nun, die Zeit is gekommen, daß ich dir soll wieder nehmen, was du von mir hast bekommen. Derhalben will ich dir das Geld wieder nehmen.‹ Da sprach er wider: ›Ich geb dir nit wieder, sonder meines Weib Reschuss (Erlaubnis), denn ich hab's auch nit anders gewollt nehmen, denn mit meines Weibs Reschuss.‹ Un er ging zum Weib un sagt, der alte Mann is wieder gekommen un will das Seinige wieder haben, was er uns gegeben hat.« Da sagt das Weib: »Geh hin, un sag dem alten Mann, wenn er kann die Leut gefinden, die da glaubhaftiger sind als wir, un will uns den Pikodaun (Deposit) nehmen, un will ihn anderen Leuten geben, so gib ihm das Geld wieder un laß es ihn anderen Leuten geben aufzuheben.« Da sah der Heilige, gelobt sei er, ihre Rede un ihr Gemilus cheßed (Wohltaten), die sie hat getan mit dem Mammon. Da mehrt der Heilige, gelobt sei er, noch mehr zu ihrem Mammon, zu bestätigen den Posuk (den Vers) »un es soll sein das Werk von der Zdoke ganz«. Derhalben soll sich einer nit verlassen, ob er schon Geld hat Denn der Heilige, gelobt sei er, kann ihm's bald wieder nehmen un auch wieder geben, gleich wie diesem Armen auch geschehen is. Un soll sich vertrauen zu dem Heiligen, gelobt sei er, un gelobt sein heiliger Namen. Omen.

Quelle:
Allerlei Geschichten. Maasse-Buch, Buch der Sagen und Legenden aus Talmud und Midrasch nebst Volkserzählungen in jüdisch-deutscher Sprache, Nach der Ausgabe des Maasse-Buches, Amsterdam 1723, bearbeitet von Bertha Pappenheim, Frankfurt am Main: J. Kauffmann Verlag, 1929, S. 154-156.
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