Pope und Meßner

[110] Ein bestimmter Priester hatte einen Diener, welcher zu gleicher Zeit sein Meßner war.

Man kann ja nicht sparsam genug sein!

Brachte eines Tages unter den Tagen der Meßner das Korn ein in die Scheuer, da vernahm er draußen die Stimme des Priesters Nicolaus und die der jungen Macrina, der Nachbarstochter.

»Komm in die Scheune,« sprach der Pfarrer, »komm, mein kleines Hühnchen. Ein Spiel will ich dir zeigen, das du noch nicht kennst!«

»O, mein Vater, was möchte man reden, wenn man uns allein in Eure Scheuer gehen sähe.«

»Dein Vater und deine Mutter sind draußen, mein Meßner ist in meinen Weinberg gegangen. Nichts hast du zu befürchten!«

Der Diener war pfiffig. Kroch schnell auf einen Garbenhaufen und verhielt sich mausestill.

Die Türe tat sich bald auf. Der Priester und die Schöne kamen herein, schlössen die Klinke und setzten sich aufs Stroh. Der geistliche Vater nimmt die Unterhaltung wieder auf und kommt schließlich zu Ende. Macrina streckt sich aus, als er sitzt, und Nicolaus beweist ihr, daß, wenn er auch Pfarrer ist, er[111] es doch mit jedem kräftigen Burschen aufnehmen kann. Als er schließlich nichts mehr vermag, setzt er sich dem Mädchen zur Seite und fährt fort sie zu umarmen.

Seufzt Macrina: »Ach, was wird unserer Sünde nachfolgen, mein Vater?«

»Ich bin ein Priester und spreche dich frei von der Sünde.«

»Das beunruhigt mich nicht. Aber Euer Teufel hat mir vielleicht ein Kind in meinem Leibe gemacht. Wer wird seine Erziehung auf sich nehmen?«

»Fürchte nichts, meine Tochter. Der, der über uns ist, wird's versorgen!«

Bei diesen Worten purzelt der Meßner von seinem erhabenen Sitze herunter:

»O Hurensohn,« schreit er, »Ihr wollt das Vergnügen haben Kinder zu machen, und ich soll der Dumme sein, der sich zu ihrer Erziehung tot schindet!«

Quelle:
[Hansmann, Paul] (Hg.): Schwänke vom Bosporus. Berlin: Hyperionverlag, [1918], S. 110-112.
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