Das dumme Weib.

[218] Ein Mann hatte ein dummes Weib, er sagt zu seiner Frau: »In dieser Woche kommt der Ramazan und ich muss viel Proviant kaufen, denn der Ramazan ist lang und verzehrt viel Proviant.« Die Frau sagt zu ihm: »Nun wohl, da er viel Proviant verzehrt, kaufe du auch denselben und sende mir den Proviant nach Hause, weil ich ihn selbst bereite.« – Der Mann geht auf den Markt, kaufte Proviant und schickt ihn seiner Frau[218] nach Hause und seine Frau nimmt den Proviant und sitzt an der Thür des Hofes. So viele Leute, als des Weges gingen, fragte die Frau: »Bist du etwa der lange Ramazan?« Jene hörten nicht auf ihre Worte. Nach kurzer Zeit geht ein langer Mann vorüber und hiess Ramazan. Wie er ihr bei der Thür vorüber geht, hält sie ihn an und fragt: »Bist du etwa der lange Ramazan?« Er sagt: »Ja, ich bin es.« – »Da hast«, sagt sie zu ihm, »diesen Proviant, denn mein Mann hat ihn für dich gekauft, und nimm ihn mit«, und er nahm denselben sogleich und ging seiner Arbeit nach. Der Gatte kommt am Abend, fragt die Frau: »Ist dir der Proviant nach Hause gekommen?« Sie sagt zu ihm: »Ja, er ist gekommen und ich bereitete ihn sogleich und gab ihn dem langen Ramazan.« Der Mann erstaunte: »Was sagst denn du?« – »Was sagen? Dem Ramazan habe ich ihn gegeben.« Der Mann hatte nichts anderes zu thun und prügelte sie gehörig durch.

Am nächsten Tag sagt er zu seiner Frau: »Um vielen Proviant zu kaufen habe ich kein Geld, aber ich kaufe zweier Hammel Fleisch.« Die Frau fragte ihn: »Und wie soll man dieses Fleisch essen?« Der Mann sagt zu ihr: »Es in lauter Stücke (Streifen) trennen und es trocknen und auf die Streifen Kohl legen.« Sie sagt zu ihm: »Nun, sehr wohl.« Der Mann ging auf den Markt, kaufte das Fleisch und schickte es ihr nach Hause. Die Frau nahm das Fleisch und trennte es in lauter Streifen und Kohl hatte sie genug im Garten und sie nahm die Fleischstücke und legte auf jeden Kohl je einen Streifen und berechnete in ihrem Geiste: »Ich verbrauche kein Holz und trockne das Fleisch an der Sonne.« Wie sie das Fleisch zurechtgelegt hatte, trat sie hinein ins Haus, um ihre Arbeit zu verrichten, wie sie die Gewohnheit hatte. Sie geht Nachmittags in den Garten, um das Fleisch anzusehen, als das Fleisch die Hunde gefressen hatten. Was nahm und that sie? Sie nahm den Haushund und band ihn am Spund an, wo das Weinfass war und prügelte den Hund. Während der Hund heulte und sich hin und her warf, zog er den Spund aus dem Fass: der Wein floss ganz heraus. Was nahm und that sie dann? Sie nahm Weizenmehl und warf es auf den Wein, damit das Mehl den Wein aufsauge, auf dass kein Kot entstehe, und um den Boden trocken zu legen.

Der Mann kommt am Abend, sagt zur Frau: »Ist das Fleisch wohl gekommen?« Sie sagt ihm: »Ja, es ist gekommen und ich nahm und trennte es, wie du selbst mir es gesagt hast, in Streifen und Kohl und legte es in den Garten, um es zu trocknen, auf dass ich kein Holz verbrauche; zu bleiben und zu hüten hatte ich keine Zeit und liess das Fleisch allein. Ich ging Nachmittags, um es anzusehen und fand nicht ein Stückchen; der Hund hatte es gefressen. Ich nahm den Hund, band ihn an den Spund und prügelte ihn tüchtig durch und der Hund zog mir auch den Spund aus dem Fasse und es floss der ganze Wein heraus. Um den Boden trocken zu legen und damit kein Kot entstehe, nahm ich Weizenmehl und warf es darauf und so hatte ich das Herz beruhigt und es bildete sich kein Kot.« Der Mann nahm und schlug den Kopf mit den Fäusten, der arme, unglückliche Mann.

Nach einigen Tagen ging dem Pascha ein Kamel verloren. Dieses Kamel hatte der Mann dieses Weibes gefunden und brachte es ins Haus,[219] zusammen mit einigen Freunden. Der Mann beabsichtigte, das Kamel zu töten, um es zu essen, aber er fürchtete sich vor seiner Frau, dass sie ihm (dem Pascha) sagt, dass ich selbst das Kamel getötet habe. Was nahm und that er? Er nahm einen grossen Kessel und sagt zu seiner Frau und lässt sie unter den Kessel treten denn: »Unser Herrgott will uns töten und ich will dich retten.« Er sagt zu seinen Freunden: »Stehet bereit mit Steinen, bis ich die Frau unter den Kessel stecke: so wirst du Steine auf den Kessel werfen und die andern mögen das Kamel töten und so fällt es meiner Frau nicht ein, was wir soeben thun.« Die Frau sah, während sie unter den Kessel trat, dass sie das Kamel töteten und so deckten sie dieselbe zu, setzten den Kessel auf sie, bis sie die Arbeit mit dem Kamel beendigten. Darauf heben sie denselben in die Höhe, sagen zur Frau: »Komm heraus, denn unser Herrgott verzieh uns.«

Am nächsten Tage schickt der Pascha, um das Kamel in allen Vorstädten Thür für Thür zu suchen. Die Burschen des Pascha gehen in die Thür dieser Frau, fragen sie: »Habet ihr etwa ein Kamel hier in der Nähe gesehen?« Die Frau sagt zu ihm: »Ja, ich habe es gesehen, als es mein Mann getötet hat.« Die Burschen des Pascha gingen, meldeten dem Pascha: »Wir entdeckten das Kamel, wo man dasselbe getötet hat.« Der Pascha schickt sogleich und ruft den Mann der Frau, fragt ihn: »Hast du etwa das Kamel getötet?« Er leugnet es, sagt zu ihm: »Ich weiss nichts, ich habe kein Kamel gesehen.« Der Pascha sagt: »Deine Frau hat gesagt, dass du es getötet hast.« Er sagt wieder zu ihm: »Ich weiss nichts.« Der Pascha steckte den Mann ins Gefängnis, aber der Pascha hatte ein Auge blind, lässt die Frau herbeirufen. Die Frau geht, tritt in das Zimmer des Pascha, der Pascha fragt sie: »Ist es wahr, dass euer Mann mein Kamel getötet hat?« Die Frau sagt zu ihm: »Ja.« Der Pascha sagt zu ihr: »Wann hat er es getötet?« Die Frau antwortet ihm: »Er hat es an dem Tage getötet, da unser Herrgott Felsstücke und kleine Steine geworfen und auch dir dein Auge geblendet hat.« Der Pascha wurde zornig, rief seine Burschen und sagte ihnen: »Ich habe euch nicht geschickt, um mir närrische Leute hierher zu bringen und mit mir zu spassen.« Da liess er den Mann der Frau aus dem Gefängnis und steckte seine Burschen ins Gefängnis und so rettete die Frau, soviel Narrheiten sie auch dem Manne angestellt, zuletzt durch Narrheit den Kopf des Mannes.

Quelle:
Jarník, J. U.: Albanesische Märchen und Schwänke. In: Zeitschrift für Volkskunde in Sage und Mär [...] 2 (1890). Leipzig: Frankenstein und Wagner, S. 218-220.
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