[141] 45. Die Plejaden

Ein Mann hatte sieben Söhne, die jeden Tag weinten und nach den Eltern riefen: »Papa, ich will etwas zu essen haben! Mama, ich will etwas zu essen haben!«

»Ach, Kinder, ich gab euch schon zu essen, und jetzt ist es genug!«

Man sagt, daß sie immer weiter greinten, und die Mutter sie deswegen anfuhr: »Ihr seid Freßsäcke!«[141]

»Du willst uns also nichts zu essen geben, Mutter?« riefen sie. Man sagt, daß die Mutter eine Tapirkinnlade vom Bratrost nahm und sie ihnen hinwarf mit den Worten:

»Da habt ihr zu essen!«

»Das reicht nicht für uns, meine Mutter,« riefen die Kinder. Da nahm der älteste Sohn seine jüngeren Brüder und gab jedem von ihnen ein Stück zu essen.

»Da habt ihr zu essen, meine Brüder, aber es reicht immer noch nicht für uns.«

Man sagt, daß jeder sein Stück nahm und es verzehrte.

Dann sprach der älteste Bruder:

»Gut, meine Brüderchen, wir wollen zum Himmel gehen, um Sterne zu sein!« Er packte darauf seine kleinen Brüder unter seine beiden Arme, und sie tanzten und sangen:

»Laßt uns gehen zum Onkel Ueré! Laßt uns gehen zu Ueré! Ueré!«

Und tanzend stiegen sie empor und entfernten sich.

Die Mutter kam heraus, schaute ihnen nach und sah, wie sie davongingen.

»Ach, meine Söhne, wohin geht ihr? Hier ist Speise für euch!«

»Es ist umsonst, meine Mutter! Bleibe da! Wir gehen jetzt zum Himmel, um bei unserem Onkel zu wohnen und Sterne zu sein!«

So zogen sie tanzend dahin in Kreisen wie der Aasgeier und stiegen höher und höher, bis sie zum Himmel kamen.

Quelle:
Koch-Grünberg, Theodor (Hg.): Indianermärchen aus Südamerika. Jena: Eugen Diederichs, 1927, S. 141-142.
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