50. Batrás und Bädsdnäg

[180] Batrás saß einst im Himmel bei Kurdálägon. Die Leute der Narten versammelten sich am Saqolafluß und spielten dort und tanzten. Bädsdnäg, der Sohn des blinden Riesen, schaute von einem Berg aus ihnen zu und sagte zu sich selber: »Ich will doch hinuntergehen! Die Leute der Narten spielen, ich will zu ihnen, ihre Sachen wegschleppen und ihnen Böses antun.« Der blinde Riese warnte seinen Sohn: »Tu das nicht! geh nicht! Es kommt sicher einer von den Bora und tut dir was zuleide.« Aber der Vater warnte umsonst; Bädsdnäg stieg hinab, ging zu den Leuten und spielte und tanzte mit ihnen. Dann nahm er ihnen ihre Sachen weg und ging damit nach Hause. Am nächsten Morgen tat er dasselbe. Das sah aber Batrás vom Himmel aus und sagte: »Unter meinen Leuten tanzt und spielt irgendein Recke.« Er verließ den Himmel und fuhr zur Erde nieder; einen halben Gletscher legte er sich auf den Kopf, sonst wäre er verbrannt. Das Wasser lief ihm vom Kopfe wie eine Quelle, als er sich Bädsdnäg näherte. Der sah ihn an und gedachte der Worte seines Vaters. Batrás erlaubte ihm noch dreimal zu tanzen, beim vierten Male stellte er ihm ein Bein und schlug ihn bis an den Gürtel in den Boden, dann faßte er ihn an dem einen Arm und riß ihm eine ganze Seite weg. Bädsdnäg floh. Als seine Schwester ihn von weitem kommen sah, sagte sie: »Gott sei Dank, da kommt mein Bruder herauf und hat rote Nartenkleider an.« »Was für rote Kleider er anhat, das wirst du gleich sehen«, entgegnete ihr ihr Vater. Inzwischen war Bädsdnäg nach Hause gekommen und es fehlte ihm ein Arm und eine Seite. »Worin liegt Batrásens Stärke?« frug er seinen Vater. »Batrás hat sich stählen lassen, das ist seine Stärke«, war die Antwort. »Blinder Esel! Warum hast du mich nicht stählen lassen?« frug Bädsdnäg wieder.[181] Dann tat er zwölf Tuman in seine Tasche und ging zu Kurdálägon: »Stähle mich, wie du Batrás gestählt hast.« »Du halst es nicht aus, du verbrennst«, sagte Kurdálägon, »und es wird mir leid tun um dich.« »Es soll dir nicht leid tun, hier sind zwölf Tuman, stähle mich!« forderte Bädsdnäg. Kurdálägon legte ihn in den Glühofen, tat Steine darauf und fing an zu blasen. Als die Flamme aufloderte, fing Bädsdnäg zu schreien an. »Ich brenne, Kurdálägon, zieh mich heraus!« Aber Kurdálägon fand nur mehr seine Knochen, die er wegwarf.

Quelle:
Dirr, A.: Kaukasische Maerchen.Jena: Eugen Diederich, 1922, S. 180-182.
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