Baron Hußmann.

[101] Im siebenten Jahrhunderte soll die Herrschaft Tachau einem Baron Hußmann gehört haben; der war ein strenger und grausamer Herr, der selbst die alten Leute, die schon schwach und[101] kränklich waren, zu Frohndiensten zwang. Er fuhr immer mit vier Pferden und so rasch, daß er die Leute überfuhr. Endlich starb er. Noch immer aber soll er zur Nachtszeit (besonders am Weihnachtsabende) herum fahren in einem feurigem Wagen, der von vier schwarzen Pferden gezogen wird. Bei jedem Pferdefuße läuft ein kleiner schwarzer Hund. Schon von weitem hört man das Stampfen und Schnauben der jagenden Rosse, das Bellen der Hunde und das Rasseln der Räder und noch lange soll man das Geleise dieses nächtlichen Gefährtes sehen. Statt der kleinen Hunde zu den Füßen der Pferde sitzt nach Andern ein großer schwarzer Hund mit feurigen Augen an der Seite Hußmanns und bellt fortwährend.

Viele Sagen werden von diesem Hußmann erzählt. Als er im Sterben lag, ließ er den Magistrat von Tachau zu sich rufen, um ihm die Güter, die er ihm entzogen hatte, zurückzugeben. Allein als der Magistrat vors Schloß kam, stand eine Schildwache davor, die hatte einen Pferdefuß und ließ den Magistrat so lange nicht ein, bis Hußmann gestorben war. Als seine Leiche beerdigt wurde, soll er ganz ruhig zum Fenster herausgeschaut und zugesehen haben, wie man seinen Körper zur Ruhe bestattete. Seine Gebeine ruhen mitten im Walde; über seinem Grabe steht eine Kapelle, welche die Hußmannskapelle genannt wird. Wenn die Kinder um Tachau nicht folgen wollen und schreien, droht man ihnen und sagt: »Der Hußmann kommt!« (A. Sametschek aus Tachau.)

Quelle:
Grohmann, Josef Virgil: Sagen-Buch von Böhmen und Mähren. 1: Sagen aus Böhmen, Prag: Calve, 1863, S. 101-102.
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