Querxe auf der Hochzeit.

[174] In den Erzählungen der Bewohner von Warnsdorf und Umgegend spielen die Querxlein eine große Rolle. Insbesondere hatten sich die Querxe auf einem Berge gegen Schönau und Zittau eingenistet, wo man jetzt das Querxenloch sieht. Den Dorfbewohnern wurden sie besonders dadurch lästig, daß sie, obwohl unsichtbar, ihnen Brot und andere Speisen aus den Häusern nahmen. Zum Glücke fand man endlich ein Mittel gegen diese Brotdiebe. Man wußte, daß sie ein Brot, worin einige Kümmelkörner mit eingebacken waren, nicht anrührten, denn der Kümmel war ihnen zuwider.

Einst kamen die Querxe schaarenweise aus dem Querxloche hervor und trieben ihre Kurzweil in den Sträuchern an jenem Berge. Bei dieser Gelegenheit hörten sie von ungefähr, daß ein Bauer aus Wettig, der nicht weit von ihnen sein Feld bearbeitete, von seiner Frau nach Hause gerufen wurde, um zu einer Hochzeit sich bereit zu machen. Da nahmen sich die Querxe[174] vor, denselben zu besuchen und sich einmal einen recht guten Tag zu machen.

Vor ihrer Abreise erinnerte einer den andern das Nebelkäppchen nicht zu vergessen. Dies hörte ein Wettiger, der ebenfalls auf dem Felde arbeitete, und halb im Spaß, halb im Ernst, rief er den Querxen zu, sie möchten auch ihm eine Nebelkappe mitbringen. Die Querxe brachten ihm wirklich eine mit und erlaubten ihm, mit zu jener Hochzeit zu gehen, jedoch bei Tische von den Speisen ja nichts zu sich zu stecken, oder sonst von dem Ueberbleibseln nichts mit sich zu nehmen, wenn er sich nicht ihren Zorn zuziehen wolle.

Mittlerweile hatten sich die Querxe versammelt und der Zug gieng nun in Gesellschaft jenes Landmannes auf Wettig zu. Als sie zum Dorfe kamen, warf auf ein gegebenes Zeichen jedes Querxlein sein Nebelkäppchen über, desgleichen auch der Landmann that. Auf einmal waren sie nun vor den Augen aller Sterblichen verdeckt, und unbemerkt konnten sie sichern Einzug in das Hochzeitshaus halten. Sie nahmen, obwohl als uneingeladene Gäste, Platz und zwar so, daß sich allemal zwischen zwei Hochzeitsgäste ein Querx setzte. Und nun gieng's an's Schmausen, und auch der Landmann that das seinige. Doch der hochzeitliche Tisch bot zu viel des Guten dar, als daß er nicht gewünscht hätte, von der Fülle dieses Ueberflusses etwas für Weib und Kind mitzunehmen. Und das that er auch.

Doch in demselben Augenblicke war auch die ihn deckende Nebelkappe, das Geschenk der Querxe, verschwunden, und mit einem Male saß er nun sichtbar vor den Augen der Gäste da. Diese, besonders seine Nachbaren zur Linken und Rechten, staunten[175] nicht wenig, so plötzlich einen ungeladenen Gast und zwar in einem nicht hochzeitlichen Kleide zwischen sich sitzen zu sehen. Frage folgte auf Frage, und der neue sichtbare Gast war bestürzt und beschämt und wußte nicht, was er zuerst antworten sollte. Endlich erzählte er haarklein den ganzen Hergang der Sache und die Gäste waren erstaunt, als sie hören mußten, daß zwischen ihnen Querxlein säßen, und manchem ward es unheimlich.

Nun erst konnten sie es sich erklären, woher es gekommen, daß die Speisen aus den Schüsseln so schnell verschwunden waren. Froh durch den Gast Aufschluß darüber erhalten zu haben, behielt man ihn gern da, und man erbat sich auch seine Gegenwart für den anderen Hochzeitstag. Diese Einladung nahm er mit Vergnügen an, und erschien am nächsten Tage so festlich gekleidet wie die andern Gäste. Aber auch die Querxe waren sonder Zweifel am andern Tage wieder gegenwärtig, obgleich sie niemand gebeten hatte; denn auch diesmal bemerkte man deutlich ein Abnehmen und Verschwinden der Speisen aus den stets voll aufgetragenen Schüsseln.

So trieben die Querxe ihr Unwesen in dieser Gegend, bis auf den Dörfern die Glocken eingeführt wurden.

Die, welche auf oder in dem Berge hausten, mietheten aus dem nahen Dorfe Dittersbach einen Bauern mit ein Paar Wägen und ließen sich fortführen in die Lausitz. Den Bauer, der diese Fuhre übernahm, belohnten sie sehr reichlich, so daß er dadurch zu einem reichen Manne wurde, und alle seine Nachkommen sich des Glückes noch lange erfreuen konnten.

Bei ihrem Abschiede sagten sie: Nur dann würden sie[176] wieder kommen, wenn die Glocken wieder abgeschafft wären und


»wann Sachsenland

wieder käm' an Böhmerland;«


dann meinten sie, würden auch bessere Zeiten sein.

Quelle:
Grohmann, Josef Virgil: Sagen-Buch von Böhmen und Mähren. 1: Sagen aus Böhmen, Prag: Calve, 1863, S. 174-177.
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