Seeskorpion (Acanthocottus scorpius)

[58] Die uns am besten bekannte Art der Sippe ist der Seeskorpion, Ulker, Wolkusen (Acanthocottus scorpius, Cottus scorpius), ein häßlicher Fisch von funfzehn bis fünfundzwanzig Centimeter Länge und röthlichbrauner, nach unten sich lichtender Färbung, welche durch dunklere Flecke gezeichnet wird. In den Rückenflossen zählt man neun und funfzehn, in der Brustflosse siebzehn, in der Bauchflosse vier, in der Afterflosse elf, in der Schwanzflosse zwölf Strahlen.

Der Seeskorpion ist in der Ostsee fast ebenso gemein wie in der Nordsee, findet sich überhaupt vom Biskayischen Meerbusen an bis Lappland aller Orten, in dem Atlantischen wie im Eismeere und den hierzu gehörigen Meerestheilen in Menge.

Alle Stachelgroppen führen mehr oder weniger dieselbe Lebensweise. Sie halten sich am liebsten auf steinigem Grunde, oft in bedeutenden Tiefen, nicht selten aber auch in höheren Schichten auf, liegen hier unbeweglich auf den Steinen, zuweilen auch unter ihnen, mit den Rücken sich anlehnend, und lauern auf Beute. Naht eine solche, so schwimmen sie unter lebhaften Bewegungen ihrer gewaltigen Flossen nicht allzu rasch, wohl aber gewandt herbei, öffnen den ungeheuren Rachen und begraben in ihm Thiere, welche fast ebenso groß sind wie sie selbst. Ihre Gefräßigkeit ist erstaunlich; sie verschlingen buchstäblich alles genießbare: neben Fischen Krebse und Krabben, Würmer usw., außerdem auch allerlei Abfall von den Schiffen und Booten. Die Fortpflanzungszeit fällt in die wärmeren Monate des Jahres; einzelne aber laichen erst spät im Herbste, manche im November. Während der Laichzeit beleben sie alle geeigneten Stellen der Küste in außerordentlicher Anzahl; nachdem sie sich ihrer Eier entledigt, ziehen sie sich in tiefere Gründe zurück.

[58] Obgleich man eigentlich nirgends auf diese von vielen Fischern gehaßten Thiere jagt, fängt man sie doch in Menge, ohne es zu wollen. Das Fleisch wird nirgends besonders geachtet, die Leber dagegen sehr geschätzt und der wenig ansehnliche Fisch daher von den Fischern selbst verbraucht. Anderseits gilt auch der Seeskorpion als schädlicher Feind der Brut edlerer Fische, und zudem fürchtet man ihn seiner Waffen halber, weil man die durch ihn verursachten Wunden für gefährlich hält. Rondelet versichert, daß der Stich vergifte: er selbst habe ein schwer verwundetes und vergiftetes Kind geheilt, und zwar durch die Leber des bösen Fisches, deren heilsame Kräfte gebührend zu rühmen seien. Pontoppidan sagt, daß man in Norwegen nur die Leber verwende, weil man aus ihr einen vortrefflichen Thran gewinne.

Beim Einfangen oder, richtiger, beim Ergreifen verursachen auch die Stachelgroppen ein sonderbares Geräusch, ähnlich dem, welches ihre größeren Verwandten hervorbringen, nur bedeutend schwächer. Gefangene können längere Zeit außerhalb des Wassers leben und eignen sich deshalb vortrefflich zur Versendung auf weitere Strecken. In unseren Seewasserbecken gehören sie zu den gewöhnlichsten und beliebtesten Fischen, dauern hier auch, selbst in einem kleinen Behälter, vortrefflich aus, da es eigentlich nur um das Fressen, nicht aber um Bewegung und größeren Raum zu thun ist.


Seeskorpion (Acanthocottus scorpius). 1/2 natürl. Größe.
Seeskorpion (Acanthocottus scorpius). 1/2 natürl. Größe.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Achter Band, Dritte Abtheilung: Kriechthiere, Lurche und Fische, Zweiter Band: Fische. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1884., S. 58-59.
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