Schwarzgrundel (Gobius niger)

[121] Eine der verbreitetsten und bekanntesten Arten dieser zahlreichen Sippe ist die Schwarzgrundel (Gobius niger, britannicus und Gozo), ein Fischchen von zehn bis zwölf, höchstens funfzehn Centimeter Länge, düsterer, auf der Bauchseite lichterer Färbung, gezeichnet mit Wolkenflecken, welche gewöhnlich dunkelbraun aussehen, zuweilen auch verblassen, auf Rücken- und Schwanzflosse schwärzlich gebändert, auf den ölfarbenen Brustflossen braun gestrichelt. Die erste Rückenflosse spannen sechs, die zweite siebzehn, die Brustflosse siebzehn, die Bauchflosse zwölf, die Afterflosse zwölf, die Schwanzflosse funfzehn Strahlen.

In namhafter Anzahl tritt die Schwarzgrundel im Mittelmeere und in der Nordsee auf, fehlt aber auch dem Atlantischen Weltmeere, dem Kanale, der Nord-und der Ostsee nicht, obgleich sie in letzterer nur an wenigen Stellen, beispielsweise in der Kieler Bucht und an der neuvorpommerschen Küste, gefangen wird. Sie wohnt nur auf felsigem Grunde, saugt sich hier jedoch nicht fest, sondern legt sich auf den Boden. In der Nähe der Flußmündungen hält sie sich gern auf; das Süßwasser scheint sie nicht zu besuchen. Kleine Kruster, allerlei Gewürm und ähnliche[121] Stoffe bilden ihre Nahrung. Nach Couch raubt sie von einem verstecken Platze aus und kehrt mit der gefangenen Beute regelmäßig dahin zurück, um hier sie zu verzehren. Ihre Laichzeit fällt in den Mai oder Juni; um diese Zeit verläßt sie die Felsen, welche sie bis dahin bewohnte, zieht nach den mit Seegras überwachsenen Stellen der Küste und gräbt hier, wie Olivi beobachtete, eine tiefe, geräumige Wohnung, deren Gewölbe von den Wurzeln gedachter Pflanzen gebildet wird, um die Eier abzusetzen. Wie bei den Stichlingen ist das Männchen der Baumeister, wie bei jenen überwacht es den Eingang seines Hauses und lauert auf die Weibchen, welche zum Laichen erscheinen. Jedes ankommende Weibchen wird herbeigelockt, der Zugang in das Innere ihm gestattet und der von ihm gelegte Roggen unmittelbar nach dem Legen befruchtet. Hierauf bleibt das Männchen etwa zwei Monate lang treuer Hüter der anvertrauten Eier, vertheidigt sie muthig gegen jeden Feind, magert während dieser Zeit zusehends ab und scheint seiner gänzlichen Erschöpfung nahe zu sein, wenn die heranwachsende Brut das elterliche Haus verläßt und den treuen Wächter aller Sorgen überhebt. Ist der Besuch der Weibchen zahlreich, so wird die Wohnung vergrößert und oft mit mehreren Ausgängen versehen; fehlt es an Einkehr, so wird das Nest verlassen und an einer günstigeren Stelle ein neues angelegt.

Die Schwarzgrundel war von jeher ein Lieblingsgericht der Venetianer, bei den Bewohnern Roms aber verachtet:


»Wenn im Venetischen Land auch prächtig sind die Gelage,

Anfang des Mahles pflegt dennoch die Grundel zu sein«,


spottet Martial. Heutzutage schätzen die Italiener besonders die große und wohlschmeckende Leber, stellen deshalb den Grundeln eifrig nach, da, wo es angeht, mit Netzen, außerdem mit der Angel, welche jedoch mit besonderem Geschicke gehandhabt werden muß, wenn ein Erfolg erzielt werden soll. Wir sind derselben Meinung wie die Römer, verschmähen die Schwarzgrundel als Gericht und benutzen sie höchstens als Köder zum Fange werthvoller Raubfische. In geeignet eingerichteten Becken lassen sich gefangene lange Zeit am Leben erhalten.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Achter Band, Dritte Abtheilung: Kriechthiere, Lurche und Fische, Zweiter Band: Fische. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1884., S. 121-122.
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