Kaimanfisch (Lepidosteus osseus)

[352] In den Flüssen und Seen der südlichen Staaten Nordamerikas lebt ein absonderlich gebauter Knochenstör (Lepidosteus osseus, gavialis, oxyurus, semiradiatus, gracilis, lineatus, longirostris, crassus, leptorhynchus, otarius und huronensis, Esox osseus), welcher dort Kaimanfisch genannt wird und ebensowohl die Sippe (Lepidosteus) wie die nur drei Arten umfassende Familie (Lepidosteidae) der Knochenhechte vertritt. Er ist lang gestreckt, hat eine wahre Krokodilschnauze und trägt Schuppen von steiniger Härte, welche sich auch über die oberen, äußersten Strahlen der Flossen erstrecken. Der Oberkiefer wird aus vielen Stücken zusammengesetzt; der Unterkiefer enthält so viele Stücke wie der Unterkiefer der Kriechthiere; die Wirbel gelenken durch Köpfe und Pfannen. In den zu einem langen Schnabel ausgezogenen Kiefern stehen viele größere und kleinere Kegelzähne, innen daneben feine Hechelzähne. Es sind vier vollständige, das heißt doppelblätterige Kiemen vorhanden. Der Magen hat keinen Blindsack; im Pförtner finden sich viele kurze Blinddärme; die Schwimmblase ist zellig und öffnet sich durch einen länglichen Schlitz in die obere Wand des Schlundes. Alle Flossenstrahlen haben Gelenke; die Brustflossen stehen weit am Vordertheile, die Bauchflossen in der Mitte, Rücken- und Afterflosse weit hinten, in der Nähe der schief angesetzten Schwanzflosse. Die Schuppen ordnen sich in schiefe Reihen, sind auf dem Rücken herzförmig, an den Seiten länglich viereckig, am Bauche rautenförmig, an den Flossen spitzig. Ihre Färbung spielt auf dem Rücken ins Grünliche, an den Seiten ins Gelbliche, am Bauche ins Röthliche; die Flossen sind röthlich, hinten schwarz gefleckt. Die Länge schwankt zwischen einem und anderthalb Meter.

Agassiz glaubt, daß es nicht bloß eine Art der Knochenhechte gäbe, sondern daß man unter dem Kaimanfische bis jetzt sehr verschiedene Arten verstanden habe und wenigstens ihrer zwanzig aufstellen könne; andere Forscher sind der entgegengesetzten Ansicht; Günther unterscheidet jedoch drei Arten der Sippe.

[352] Ueber die Lebensweise des Kaimanfisches liegen zur Zeit nur höchst dürftige Nachrichten vor, dahin gehend, daß gedachter Fisch in den Flüssen und Seen der genannten Länder nicht selten vorkommt, gierig und gefräßig ist und leicht an die Angel beißt. Sein fettes, schmackhaftes Fleisch soll dem des Hechtes ähneln und wie dieses zubereitet werden.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Achter Band, Dritte Abtheilung: Kriechthiere, Lurche und Fische, Zweiter Band: Fische. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1884., S. 352-353.
Lizenz:
Kategorien: