Bischir (Polypterus Bichir)

[353] Als Vertreter der Vielflosser (Polypteridae), einer anderweitigen, bloß aus zwei Arten bestehenden Familie der Ordnung, und der Flösselhechte (Polypterus) im besonderen mag der Bischir (Polypterus Bichir, senegalensis und Endlicheri) genannt sein. Er hat eine gestreckte, walzige Gestalt; die Schnauze ist stumpf; Brust- und Bauchflossen sind wenig entwickelt; die Rückenflosse hingegen theilt sich in eine große Anzahl getrennter Flössel, von denen jedes einzelne durch einen starken Stachel gestützt wird und außerdem einige weiche, an der hinteren Seite des Stachels befestigte Strahlen hat; die Schwanzflosse umgibt das Ende des Schwanzes, die Afterflosse wird von ihr nur durch einen schmalen Zwischenraum getrennt; die kleinen Bauchflossen stehen weit nach hinten.


Kaimanfisch (Lepidosteus osseus). 1/6 natürl. Größe.
Kaimanfisch (Lepidosteus osseus). 1/6 natürl. Größe.

Der Oberkiefer ist nicht in Stücke getheilt; der Unterkiefer hat die der Klasse zukommende Anzahl der Knochenstücke, wie überhaupt der ganze Schädel wenig von dem anderer Fische abweicht; die Wirbel haben auf beiden Seiten Aushöhlungen. Der Bau der Nase ist zusammengesetzter als bei irgend einem anderen Fische. In der großen, von den wahren Nasenbeinen gedeckten Höhle liegt ein Labyrinth von fünf häutigen Nasengängen, welche gleichlaufend um eine Axe stehen; jeder dieser Gänge enthält in seinem Inneren eine kiemenartige Faltenbildung. Die vordere Nasenöffnung ist in eine häutige Röhre ausgezogen, die hintere eine kleine Spalte in häutiger Decke. Der Magen bildet einen Blindsack; am Pförtner findet sich ein Blinddarm; die Schwimmblase ist doppelt und besteht aus zwei ungleich langen Säcken, welche vorne zu einer kurzen gemeinsamen Höhle zusammenfließen; letztere öffnet sich, abweichend von allen Fischen, nicht in die obere, sondern wie eine Lunge in die Bauchwand des Schlundes. Der Bischir hat sechzehn bis [353] achtzehn Rückenflossen, von denen jede aus einem Stachel und vier bis sechs Strahlen besteht, verhältnismäßig große, auf einem verlängerten Arme stehende Brustflossen, eine lanzettförmige Afterflosse und eine lange, eirunde Schwanzflosse, deren Strahlen mit den funfzehn letzten Wirbeln des Gerippes zusammenhängen. Die Schuppen sind sehr groß, viereckig und in Reihen geordnet, welche schiefe, von vorne nach hinten laufende Streifen bilden, die Kopfschilder breit und wie die Schuppen knochig und beinhart. Die Grundfärbung ist ein mehr oder minder lebhaftes Grün, welches nach unten in Schmutzigweiß übergeht und einige schwarze Flecke trägt. An Länge scheint das Thier nicht über sechzig Centimeter zu erreichen.

Geoffroy fand den Bischir in Egypten und erfuhr, daß man ihn hier nur selten und zwar bei niederem Wasserstande auf den tiefsten Stellen des Stromes im Schlamme fange und wegen seines weißen und schmackhaften Fleisches hoch schätze. Heuglins Untersuchungen zufolge gehört er nebst einem, zwei oder drei ihm sehr ähnlichen Verwandten dem oberen Stromgebiete des Weißen Flusses, also eigentlich dem inneren Afrika, an und gelangt bloß bei hohem Wasserstande bis nach Egypten herab. Hier folgt er vorzugsweise dem Bewässerungskanale, welcher vom Strome aus nach dem zwanzig Meter unter dem Spiegel des letzteren gelegenen Möris-See führt, vielleicht des sehr starken Gefälles dieses Gewässers halber; er wird wenigstens in der Oase Fajum öfter als irgendwo anders gefangen. In seiner eigenen Heimat, also den Ländergebieten des Weißen Niles, findet er sich sehr häufig auf seichten, schlammigen Stellen oder in Lachen, welche beim Zurückgehen des Stromes zurückblieben, unter Umständen in sehr kleinen Pfützen, welche später gänzlich austrocknen. Es unterliegt kaum einem Zweifel, daß auch er, wie die meisten übrigen Fische des inneren Afrika, beim Eintritte der dürren Jahreszeit in den Schlamm sich vergräbt und in der feuchten Tiefe winterschlafend oder doch ruhend die nächste Regenzeit abwartet. Seine Nahrung besteht aus anderen Fischen und Wasserthieren. Er geht leicht an die Angel. Ueber die Fortpflanzung konnte Heuglin leider nichts bestimmtes er fahren. Seines Panzers halber kann man ihn mit dem Messer schwer oder nicht zerlegen, kocht ihn deshalb, nachdem man ihn ausgenommen, und löst erst, wenn er gar geworden, den Panzer ab.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Achter Band, Dritte Abtheilung: Kriechthiere, Lurche und Fische, Zweiter Band: Fische. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1884., S. 353-355.
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