2. Sippe: Anobiinen

[115] Die Klopf- oder Werkholzkäfer (Anobium) bohren als Larven in abgestorbenem Holze, vorzugsweise in dem der Nadelbäume oder Pappeln, Linden, Birken, Ellern und anderen durch Weichheit ausgezeichneten Laubhölzer, und können daher an Orten, wo sie ungestört sind, wie in Kirchen, unbewohnten Schlössern, an Bildsäulen, werthvollen Schnitzeleien, an alten Erbstücken von Möbeln in unseren Wohnzimmern sehr beträchtlichen Schaden anrichten. Gekrümmt an dem faltigen Körper wie die vorige, und mit sechs kleinen Beinchen versehen, arbeiten sie Gänge im Holze, zunächst unter Schonung der Oberfläche, und lassen des Abends, wenn alles ruhig ist, ihr Schrapen hören, indem sie in einem alten Schranke, einem Tisch- oder Stuhlbeine ihrem Zerstörungswerke nachgehen, und nach und nach deren Inneres in unzusammenhängende Brocken und Staub umwandeln. Im Mai oder später, je nach der Art, pflegen sie erwachsen zu sein. Dann nagen sie sich ein etwas geräumigeres Lager und werden zu Puppen, diese in einigen Wochen zu Käfern, welche nun das Werk der Larve fortsetzen und durch ein kreisrundes Flugloch das Freie suchen. Mehrere solcher Löcher, welche den späteren Larven auch dienen, um das Bohrmehl auszustoßen, verrathen mit der Zeit die Anwesenheit des »Wurmes« in irgend einem Holzgeräthe, in Balken oder in den Fensterbekleidungen des alten Gebäudes. Ist es aber erst dahin gekommen, so läßt sich zur Erhaltung der angegriffenen Gegenstände wenig oder nichts mehr thun. Im Juni fällt für gewöhnlich die Flugzeit der Käfer, und jetzt findet man sie da, wo sie einmal hausen, in Paarung, das kleinere Männchen auf dem größeren Weibchen sitzend. Der kapuzenförmige, buckelige Vorderrücken, der seitlich scharf gekantet und daher mit den Weichen nicht verschmolzen ist, ein kleiner, nach unten gerichteter, zum größten Theile darin versteckter Kopf, eine schmale, lose Fühlerkeule, welche so lang oder länger ist, als die ihr vorangehenden fädlichen Geiselglieder, obschon sie nur davon drei umfaßt, und ein walziger Körper lassen sie auch vom unbewaffneten Auge erkennen. Das Endglied der Lippentaster erweitert sich und ist gestutzt, die Spitze der Kinnbacken zweizähnig; der Unterkiefer ist aus zwei behaarten Laden und aus fadenförmigen viergliederigen, vorn schräg gestutzten Tastern zusammengesetzt. Die Beine haben an den beiden vorderen Paaren wenig vortretende, walzige Hüften, an den hintersten kaum nach innen erweiterte, alle fünf ungetheilte Fußglieder und können wie die Fühler an den Körper angedrückt werden; denn auch diese Käfer stellen sich todt und lassen in solcher Lage alles über sich ergehen, weshalb man der einen Art den Namen »Trotzkopf« beigelegt hat. Man kennt etwa sechzig Arten, deren Hälfte in Europa heimatet.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Neunter Band, Vierte Abtheilung: Wirbellose Thiere, Erster Band: Die Insekten, Tausendfüßler und Spinnen. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1884., S. 115.
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