Hasel-Dickkopfkäfer (Apoderus coryli)

[140] Der Hasel-Dickkopfkäfer (Apoderus coryli, Abbildung S. 142, Fig. 1), ein glänzend schwarzes, am Vorderrücken, den punktstreifigen, in den Zwischenräumen gerunzelten Flügeldecken und an den Schenkeln, mit Ausnahme ihrer Spitzen, rothes Käferchen von 6,5 bis fast 9 Millimeter Länge, hat einen kurzen, dicken, wie ein Knötchen vor dem Kopfe sitzenden Rüssel, welcher an seiner Oberseite die keulenförmigen, ungebrochenen Fühler trägt, einen halsartig hinter den glotzenden Augen verengten Kopf, einen kegelförmigen, vorn eingeschnürten Halsring, ein großes, queres Schildchen und vorn geradlinige, das Halsschild überragende Flügeldecken, welche sich hinten breit abrunden, so daß sie den Steiß unbedeckt lassen. Die zapfenförmigen Vorderhüften berühren sich und tragen, wie die übrigen von einander abgerückten, keulenförmige, wehrlose Schenkel, diese gerade (bei anderen etwas gebogene) Schienen, welche beim Männchen in einen, beim Weibchen in zwei Haken auslaufen, und die Endglieder der Füße an der Wurzel an einander liegende Klauen. Die beiden ersten Bauchringe sind mit einander verwachsen.

Dieser Käfer ist in ganz Deutschland und nördlich davon, in Schweden, gemein. In manchen Jahren erscheint er meist um die Mitte des Mai (1872 begegnete ich ihm einzeln schon am 24. April) auf Haseln, niederem Eichengebüsch, Ellern, Buchen und Hainbuchen, sofern sie in Buschform auftreten. Sein Fraß an den betreffenden Laubhölzern ist ohne Bedeutung, dagegen fallen die von den Weibchen ausgeführten Wickel, von der Form einer kleinen Geldrolle, auf, deren zwei, drei und manchmal noch mehr an einem größeren Blatte sitzen und dieses als Ernährungswerkzeug der Pflanze vollständig außer Thätigkeit setzen. In unserem Nachbarwalde, dem die beiden letztgenannten Holzarten vollständig fehlen, werden fast ausschließlich die großen Blätter der Eichenstocktriebe bis auf einen geringen Flächenrückstand in dergleichen Wickel verwandelt und zwar von dieser Art und von dem nachher zu erwähnenden Afterrüsselkäfer. Zu diesem Behufe schneidet das Weibchen in einiger Entfernung vom Blattstiele die eine Hälfte, die Mittelrippe, und von da noch etwas weiter in die zweite Hälfte der Fläche quer ein und wickelt den so entstandenen Fetzen, welcher durch Abwelken schlaff geworden ist, in der Weise, daß die Mittelrippe in der Längsaxe liegt, die Spitze des Blattes und des Abschnittes desselben, umgeschlagen und eingebogen, den unteren und oberen Verschluß bilden. Zwischen den Falten der Rolle, meist in der Spitzennähe liegt das bernsteingelbe Eichen, bisweilen auch ihrer zwei, ja drei, die entschieden während des Wickelns und nicht erst in das bereits fertige Döschen gelegt werden. Daß ein Weibchen eine größere Anzahl von Wickeln anfertigt und hierzu längere Zeit braucht, die Eier mithin in Wochen auseinander liegenden Zeitabschnitten gelegt werden, versteht sich von selbst. Ist die Witterung von der zweiten Hälfte des Mai an und während des Juni warm und windstill, so geht das Brutgeschäft rüstig von statten und die Wickel mehren sich zusehends.

[140] Vom Inneren des trockenen, höchstens durch Regen oder Thau vorübergehend angefeuchteten Wickels ernährt sich die Larve und verwandelt es allmählich in fadenförmig geschlängelten Koth von schwarzer Farbe. In den meisten Fällen dürfte die Rolle mit dem schlecht ernährten Blatte abgefallen sein, ehe die Larve erwachsen ist, wenigstens habe ich in den Wickeln, welche in der zweiten Hälfte des September 1871 eingesammelt und auf mäßig feucht gehaltenen Sand gelegt worden waren, noch am 25. April 1872 erwachsene, lebende Larven angetroffen, woraus ich schließen möchte, daß sie sich auch hier verpuppen. Trotz der zahlreichen Blätter, welche über Winter an den reich mit Wickeln versehenen Büschen noch haften, war auch nicht eines mit solchen mehr zu finden, weder am Eichenbusche, noch an der Erde. Die Angabe Ratzeburgs, daß der Käfer einer Sommerbrut schon im August fertig sei, wieder wickele und daß dann die junge Larve im Wickel überwintere, scheint, wenn richtig, nur zu den Ausnahmen zu gehören. Ich habe nie Wickel mit Flug- oder Schlupflöchern an den Büschen beobachtet sondern nur zahlreiche, im Innern nicht ausgefressene, deren Eier mithin nicht zur Entwickelung gelangt sein konnten. Sollte nicht auch nach dem Winter der Nahrungsstoff für die Larven wesentlich verändert sein im Vergleiche zu dem im trockenen Wickel während des Sommers gebotenen? Die Larve ist dottergelb und so stark gekrümmt, daß sie in der Mitte zusammengeklappt erscheint; die Wülste der drei ersten Körperringe treten nach unten, die des vierten bis sechsten Ringes auf dem Rücken stärker hervor als an dem übrigen Körpertheile und sind mit Borstenhärchen besetzt. Der graubraune, an den Freßwerkzeugen dunklere und etwas zugeschärfte Kopf steht schief vor. Wegen der scharf eingekrümmten Stellung sieht man ihr ihre Körperlänge von 11 Millimeter nicht an.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Neunter Band, Vierte Abtheilung: Wirbellose Thiere, Erster Band: Die Insekten, Tausendfüßler und Spinnen. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1884., S. 140-141.
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