Großer Kiefernmarkkäfer (Blastophagus piniperda)

[158] Der große Kiefernmarkkäfer, Kiefernzweig-Bastkäfer, Waldgärtner (Blastophagus, oder Hylesinus piniperda, S. 159), mag sammt dem kleinen die Gattung vergegenwärtigen. Ein senkrechter, von oben sichtbarer Kopf, fein gekörnelte Augen, ein eiförmiger geringelter Fühlerknopf, welcher durch sechs Glieder mit dem Schafte in Verbindung steht, ein in seinem Rücken- und Weichentheile verschmolzener Vorderbrustring und ein zweilappiges drittes Fußglied charakterisiren diese Gattung, wie gleichzeitig die pechschwarze, nur an Fühlern und Füßen in rostroth übergehende Grundfarbe die größte Art, welche in unausgefärbten Stücken (Hylesinus testaceus des Fabricius) auch rostgelb oder braun vorkommt. Unser Käfer zeigt sich bei günstiger Witterung schon im März, die Paarung pflegt aber erst im April zu erfolgen, und zwar halb und halb im Flugloche, an welchem das Männchen immer sichtbar bleibt. Die Brutstätten werden am liebsten in frisch gefällten Stämmen oder in Wurzelstöcken angelegt, die Gänge gehen durch ein etwas gekrümmtes Bohrloch bis zur Unterseite der Rinde und an dieser senkrecht entlang. Die seitlichen Larvengänge stehen sehr dicht gedrängt hinter einander und werden bis acht Centimeter lang. Zur Verpuppung nagt sich die ausgewachsene Larve in der Borke ein Lager.

Im Jahre 1836, welches anfangs die Entwickelung der Larven begünstigte, später aber durch rauhe Tage verzögerte, beobachtete Ratzeburg am 22. April den ersten Anflug der Käfer, am 27. waren die Gänge schon bis fünf Centimeter lang und enthielten dreißig bis vierzig Eier, den 2. Mai lebten die ersten Larven, welche bis zum 18. ihre halbe Größe erlangt hatten, vier Wochen später (18. Juni) [158] gab es die ersten Puppen, am 2. Juli noch ganz weiße und weiche Käfer, und erst am 15. desselben Monats die ersten Fluglöcher. Bei ungünstiger Witterung ist die Brut auch erst im August entwickelt. Jetzt beginnt der Fraß. Die Käfer bohren sich nämlich wagerecht in die jungen oder selbst in ältere, zapfentragende Triebe der Kiefern bis zum Marke ein und gehen, dasselbe verzehrend, aufwärts. Um das Eingangsloch bildet sich ein Wall des ausfließenden Harzes, und die Triebe brechen bei Wind leicht an dieser Stelle ab, wenn sie klein und dünn sind, oder die endständigen Kronentriebe bleiben, und statt der ausgefressenen Endknospen treiben neue von dicht buschigem Ansehen. Weil auf diese Weise der Baum seinen natürlichen Wuchs ändert, wie ein unter dem Schnitte künstlich gezüchteter, so hat man den Urheber solcher Erscheinung den »Waldgärtner« genannt. Er geht zur Ueberwinterung der Regel nach wieder heraus, durch das Eingangsloch oder durch ein neuangelegtes weiter oben, sucht das hohe Holz auf und verkriecht sich an den Stämmen dicht über der Wurzel nicht nur hinter Rindenschuppen, sondern in eigens dazu gebohrten, oft bis zum Baste reichenden Löchern. Der Waldgärtner geht südlich in Deutschland so weit, wie die Kiefern vorkommen, nördlich bis Schweden und Rußland.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Neunter Band, Vierte Abtheilung: Wirbellose Thiere, Erster Band: Die Insekten, Tausendfüßler und Spinnen. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1884., S. 158-159.
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