Gemeine Wasser-Florfliege (Sialis lutaria)

[496] Die gemeine Wasserflorfliege (Sialis lutaria) erinnert in Ansehung ihrer Körpertracht an die bald näher zu besprechenden Köcherhafte, in deren Gesellschaft sie sich an stehenden, wie fließenden Gewässern umhertreibt, in den Stellungen wie wir sie hier sehen, an Pflanzen, Baumstämmen, Planken, Wänden ruht oder auch schwankend und schwerfällig fliegt, wenn sie von den Strahlen der Sonne hierzu erwärmt wird. Obschon sie außerdem manchmal eine Strecke von ihrem Ruheplätzchen flink fortläuft, so macht sie doch den Eindruck eines trägen, plumpen Thieres, welches sich leicht ergreifen läßt. Die Körperform und das Flügelgeäder vergegenwärtigt unsere Abbildung, zu deren Erläuterung nur noch hinzugefügt sein mag, daß den Scheitel eine Längsfurche, aber keine Nebenaugen, den Unterkiefer eine schmal lanzettförmige innere Lade und lange sechsgliederige Taster auszeichnen.


Gemeine Wasserflorfliege (Sialis lutaria). a, b Fliege, c, d Eier, e Larve, f Puppe. (d, e, f vergrößert).
Gemeine Wasserflorfliege (Sialis lutaria). a, b Fliege, c, d Eier, e Larve, f Puppe. (d, e, f vergrößert).

Weil die Schulterbeulen kräftig hervortreten, erscheint gegen das an sich breite Mittelbruststück der nach hinten etwas verschmälerte erste Ring wie ein Hals. Die stark angeräucherten Flügel bleiben dabei durchsichtig und werden von dicken Adern durchzogen, alles Merkmale, welche den Köcherhaften fehlen. An den Beinen erweitert sich das vorletzte, vierte Fußglied herzförmig. Die Wasserflorfliege ist matt braunschwarz, nur die Randaderwurzel der Vorderflügel braungelb.

Im Mai und im folgenden Monate findet sich diese düstere Fliege an den bezeichneten Stellen durch ganz Europa meist recht häufig. Das befruchtete Weibchen legt an Pflanzen oder andere Gegenstände in der nächsten Nähe des Wassers in gereiheten Haufen bis sechshundert Eier (Fig. c und d). Dieselben sind braun, stehen senkrecht auf der einen gerundeten Endfläche der Walze und enden oben in einen lichten, schnabelartigen Ansatz. Nach wenigen Wochen schlüpfen die winzigen Lärvchen aus und gleiten hinab in das Wasser, wo sie sich vom Raube ernähren und kriechend wie schwimmend in schlangenförmigen Windungen sich sehr lebhaft bewegen (Fig. e). Der große Kopf und die drei Brustringe sind hornig, alles übrige weich. Die röhrenartigen, beweglichen Seitenfortsätze (Kiemenfäden) und der lange Schwanz dienen zum Athmen, gleichzeitig mit den Beinen aber auch zum Rudern. März oder April des nächsten Jahres sind die gelbbraunen, dunkler oder heller [496] gefleckten Larven bei 17,5 Millimeter Länge, den Schwanz abgerechnet, erwachsen. Jetzt verlassen sie das Wasser, um sich in der feuchten Erde des Ufers zu verpuppen (Fig. f).

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Neunter Band, Vierte Abtheilung: Wirbellose Thiere, Erster Band: Die Insekten, Tausendfüßler und Spinnen. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1884., S. 496-497.
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