Rosencikade (Typhlocyba rosae)

[593] Zu den zierlichsten in Zeichnung und Gestalt gehören die zahlreich in Nordamerika, Nordasien, besonders aber in Europa vertretenen, 3 Millimeter kaum überschreitenden Blindköpfe (Typhlocyba), darum so genannt, weil die Nebenaugen fehlen. Ihr Körperumriß erscheint schmal und schlank, keilförmig von vorn nach hinten zugespitzt, der Scheitel ragt etwas vor, rundet sich aber ab, die Stirn wölbt sich leicht und verschmilzt mit den Nachbargegenden. Bei aller Derbheit sind die Vorderflügel ungemein zart und die langen Hinterschienen kräftig bestachelt. Manche Arten kommen massenhaft auf einer Pflanze vor, wie beispielsweise die Rosencikade (Typhlocyba rosae) auf Rosenstöcken. Man sieht die Thierchen als bleich citronengelbe, hinten braune Strichelchen ruhig daran sitzen; wird aber der Busch erschüttert, so schnellen alle herunter, umkreisen fliegend ihren Wohnplatz und lassen sich alsbald wieder auf demselben nieder. Im Sonnenscheine unternehmen sie diese aus dem Sprunge in den Flug übergehenden Bewegungen zur Kurzweil aus freien Stücken. Das Weibchen hat, wie bei allen anderen, eine an der Bauchspitze sichtbare Legröhre, bohrt mit ihr in das junge, weiche Holz, beschenkt es mit Eiern und verursacht hierdurch allmähliche Anschwellung. Die kleinen Lärvchen bleiben daselbst versteckt, nähren sich vom zufließenden Safte, erhalten nach mehreren Häutungen Flügelstümpfe und machen sich erst durch den Gebrauch der vollkommen entwickelten Flügel in der eben angeführten Weise für diejenigen bemerklich, welche gewöhnt sind, dergleichen unscheinbare Wesen mit Kennerblick zu betrachten.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Neunter Band, Vierte Abtheilung: Wirbellose Thiere, Erster Band: Die Insekten, Tausendfüßler und Spinnen. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1884., S. 593.
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