Zehnte Familie: Rückenschwimmer (Notonectidae)

[601] Den eben besprochenen Kerbthieren, welche im Stande waren, die Dichter des Alterthums zu begeistern, schließen die Forscher diejenigen Schnabelkerfe an, welche durch ihr in Wasserlöchern und Pfützen verborgenes Schlammleben jedes poetische Gefühl fern halten. Die Wasserwanzen (Hydrocores), um die es sich hier handelt, kommen hinsichtlich der kurzen, drei- bis viergliederigen, unter den Augen versteckten Fühler den Zirpen nahe, unterscheiden sich aber durch die ungleichartigen, platt dem Körper aufliegenden Flügel und dadurch wesentlich von ihnen, daß der Schnabel nicht dem Grunde, sondern der Spitze des Kopfes entspringt, Scheitel und Stirn sich nicht von einander absetzen und daß bei ihnen ein Räuberleben an Stelle des harmlosen Saugens süßer Pflanzensäfte tritt. Die in Farbe und Form ziemlich eintönigen Wasserwanzen bewohnen stehende Gewässer beider Erdhälften in ihren nördlichen und südlichen Theilen, und die unter einem glühenden Himmel gezeitigten haben weder Farbenpracht, noch Formenreichthum, höchstens bedeutendere Größenverhältnisse vor den Bewohnern des gemäßigten Europas voraus. Die im Frühjahre den Eiern entschlüpften Larven erlangen unter mehrmaligen Häutungen bis zum Herbste meist ihre volle Größe, indem sie sich von allerlei Geschmeiß ihrer reich bevölkerten Umgebung, dasselbe mit dem Schnabel anspießend und aussaugend, ernähren. Verborgen im Schlamme der Wasserlöcher verschlafen sie nun den Winter, um im nächsten Jahre ihre Art fortzupflanzen. In dieser Weise wenigstens scheint sich für die heimischen der Lebensfaden abzuwickeln. Sei es zum Vergnügen, sei es, um andere, ihnen genehmere und vielleicht nah rungsreichere Wohnplätze aufzusuchen, sei es endlich, um sich auszubreiten, genug, die vollkommen entwickelten Wanzen bedienen sich des Vortheils, welchen sie vor dem Larvenstande voraus haben, und fliegen umher, jedoch nur bei Nacht. Ueberdies verstehen sie es meisterhaft, denjenigen empfindlich mit ihrem Schnabel in die Finger zu stechen, welcher sich erkühnt, ihnen die Freiheit rauben zu wollen. Man hat die Wasserwanzen in drei Familien zerlegt.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Neunter Band, Vierte Abtheilung: Wirbellose Thiere, Erster Band: Die Insekten, Tausendfüßler und Spinnen. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1884., S. 601.
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