Bischoff, Theodor Ludwig Wilhelm

Bischoff, Theodor Ludwig Wilhelm
Bischoff, Theodor Ludwig Wilhelm

[185] Bischoff, Theodor Ludwig Wilhelm, geb. 28. Oktober 1807 zu Hannover, studierte seit 1826 in Bonn, Heidelberg und Berlin, wurde 1829 am erstgenannten Ort zum Dr. phil., 1832 in Heidelberg zum Dr. med. promoviert. Darauf bekleidete er eine Assistentenstelle an der Universitäts-Entbindungsanstalt zu Berlin. Schon 1834 habilitierte er sich als Privatdozent an der Universität zu Bonn mit der Abhandlung: »Beiträge zur Lehre von den Eihüllen des menschlichen Fötus« (Bonn 1834). 1835 siedelte er nach Heidelberg über, wo er 1836 als Professor e. o. angestellt und 1843 zum Professor ord. für Anatomie und Physiologie befördert wurde. Noch im nämlichen Jahre folgte er einem Rufe an die Universität Giessen, an welcher er zum ordentlichen Professor der Anatomie ernannt ward und 1844 dazu noch das Lehrfach der Physiologie erhielt. Hier gründete er ein neues anatomisches und physiologisches Institut und trug mit Justus Liebig, mit dem ihn eine innige Freundschaft verband, viel zum Aufblühen der Hochschule bei. Nach zehnjähriger Lehrthätigkeit daselbst ward er 1854 als ordentlicher Professor der menschlichen Anatomie und Physiologie und Konservator der anatomischen Anstalt nach München berufen. In dieser Stellung entfaltete er eine grosse fruchtbringende Thätigkeit als Lehrer wie als Forscher[185] bis zum Jahre 1878, in welchem er wegen zunehmender Kränklichkeit mit allen äusseren Ehren in den Ruhestand trat. Die Feier seines Doktorjubiläums am 16. Januar 1882, die seinen Kollegen an der Universität, wie seinen zahlreichen Schülern Gelegenheit bot, ihm Beweise ihrer Verehrung und Dankbarkeit zu zollen, hat er nur kurze Zeit überlebt. Eine Darmperforation mit nachfolgender Peritonitis führte nach kurzer Krankheit seinen Tod herbei. B.'s wissenschaftliche Bedeutung liegt im Gebiet der Embryologie, die er mit zahlreichen neuen Thatsachen bereicherte. Dieselben sind in »Entwicklungsgeschichte der Säugetiere und des Menschen (Leipzig 1842), des Kanincheneies (Braunschweig 1843), und des Hundeeies (ib. 1816), des Meerschweinchens (Giessen 1852) und des Reheies« (ib. 1854) niedergelegt, sowie in vielen anderen die Menstruation, Ovulation, die Befruchtungsvorgänge etc. behandelnden Monographien, zuletzt in den »Historisch-kritischen Bemerkungen zu den neuesten Mitteilungen über die erste Entwickelung der Säugetiereier« (München 1877). Gleichzeitig beschäftigte sich B. mit Untersuchungen über das Blut und den Stoffwechsel und wies zuerst (1837) die freie Kohlensäure und den Sauerstoff im Blute nach. Weitere Arbeiten B.'s betreffen vergleichend anatomische Untersuchungen über das Gehirn bei Affen und Menschen und ähnliche Fragen. Auch den Angelegenheiten des med. Unterrichts widmete[186] B. seine Aufmerksamkeit. Er schrieb einen »Führer für Studierende der Medizin, zugleich auch bei Anstellung von Sektionen, für praktische und Gerichtsärzte«, bewirkte eine neue med. Prüfungsordnung für Bayern, die längere Zeit in Geltung blieb und war ein eifriges Mitglied resp. Vorstandsmitglied des Medizinalcomités der Universität bis an sein Lebensende. Übrigens war B. ein lebhafter Gegner der Zulassung der Frauen zum Studium der Medizin und hat auch darüber eine kleine Abhandlung veröffentlicht (München 1872).

Quelle:
Pagel: Biographisches Lexikon hervorragender Ärzte des neunzehnten Jahrhunderts. Berlin, Wien 1901, Sp. 185-187.
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