Esmarch, Johann Friedrich August von

Esmarch, Johann Friedrich August von
Esmarch, Johann Friedrich August von

[472] Esmarch, Johann Friedrich August von, in Kiel, geb. 9. Januar 1823 in Tönning (Schleswig-Holstein), genoss seine med. Ausbildung in Kiel und Göttingen, wo er sich besonders an v. Langenbeck resp. Stromeyer anschloss und wurde am 7. Oktober 1848 promoviert, nachdem er bereits seit 1846 Assistent bei v. Langenbeck gewesen war. Von 1848 bis 50 machte er zuerst als Offizier, dann als Arzt die Feldzüge in Schleswig-Holstein mit, habilitierte sich 1849 als Privatdozent in Kiel, wurde daselbst 1854 Direktor der chir. Klinik, 1857 ordentlicher Professor und Direktor des Hospitals, als welcher er bis zu seinem freiwilligen Rücktritte 1899 mit dem Charakter als Geheimer bezw. Geheimer[472] Ober-Medizinalrat wirkte. 1887 geadelt, erhielt er bei seinem Übergang in den Ruhestand den Titel Excellenz. E. erwarb sich im Kriege von 1864 grosse Verdienste um die Lazarette auf dem Kriegsschauplatz, wurde 1866 nach Berlin in die Immediat-Lazarettkommission berufen und übernahm die Oberleitung der chirurgischen Thätigkeit in den Berliner Lazaretten. 1870 zum Generalarzt und konsultierenden Chirurgen der Armee ernannt, wirkte er zunächst in Kiel und Hamburg bei der Organisation der freiwilligen Hülfe und später in Berlin als konsultierender Chirurg in dem grossen Barackenlazarett auf dem Tempelhofer Feld. Seine wissenschaftlichen Verdienste liegen hauptsächlich auf dem Gebiete der Kriegschirurgie, ferner in seinem weltbekannten Verfahren zur Erzeugung künstlicher Blutleere bei Operationen (zuerst 1873 auf dem Kongress der Deutsch. Ges. f. Chir. mitgeteilt und in Volkmann's Sammlung klin. Vortr. Nr. 58, 1873 veröffentlicht), endlich in der Einführung des sogen. Samariterwesens in Deutschland, um das er sich seit Beginn der achtziger Jahre in Wort und Schrift eifrig bemühte. Von seinen zahlreichen litterarischen Arbeiten seien angeführt: »Über Resectionen nach Schusswunden« (Kiel 1851) – »Beiträge zur praktischen Chirurgie« (Ib. 1859 bis 60) – »Die Anwendung der Kälte in der Chirurgie« – »Über chronische Gelenkentzündungen« (1867) – »Verbandplatz und Feldlazareth« (1868) – »Über den Kampf der Humanität gegen die Schrecken des Krieges« (1869) – »Der erste Verband auf dem Schlachtfelde« (1870; mehrfach übersetzt) – »Über Vorbereitung von Reservelazarethen« (1870) – »Über Gelenkneurosen« (1872) – »Die Krankheiten des Mastdarmes und des Afters« (1873, 2. Aufl. 1887) – »Über künstliche Blutleere bei Operationen« (1873) – »Die erste Hilfe bei Verletzungen« (1875) – »Die antiseptische Wundbehandlung in der Kriegschirurgie« – »Aphorismen über Krebs« – »Handbuch der kriegschirurgischen Technik« (1871, 4. Aufl. 1894) – »Die erste Hilfe bei plötzlichen Unglücksfällen« (1882, 10. Aufl. 1892) – »Die Elephantiasis« (zus. mit Kulenkampff 1885) – »Samariterbriefe« (1886) – »Chirurgische Technik« (zus. mit Kowalzig 1892). – In erster[473] Ehe mit einer Tochter seines früheren Lehrers und Chefs Stromeyer verheiratet, ist E. seit 1872 durch die Ehe mit der Prinzessin Henriette von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Augustenburg Onkel des gegenwärtigen deutschen Kaisers.

Quelle:
Pagel: Biographisches Lexikon hervorragender Ärzte des neunzehnten Jahrhunderts. Berlin, Wien 1901, Sp. 472-474.
Lizenz:
Faksimiles:
472 | 473 | 474
Kategorien:
Ähnliche Einträge in anderen Lexika