Frerichs, Friedrich Theodor von

Frerichs, Friedrich Theodor von
Frerichs, Friedrich Theodor von

[543] Frerichs, Friedrich Theodor von, geb. 24. März 1819 zu Aurich, studierte seit 1838 in Göttingen, wo er sich mit besonderer Vorliebe mit chem. Untersuchungen beschäftigte, 1841 Dr. med. wurde, verliess 1842 Gröttingen und erlangte in seiner Vaterstadt in kurzer Zeit den Ruf eines bedeutenden Augenarztes, kehrte jedoch 1846 nach Göttingen zurück, um sich hier endgiltig der wissenschaftlichen Laufbahn zu widmen, habilitierte sich daselbst als Privatdozent und beschäftigte sich namentlich mit physiol.-chem. Untersuchungen. Er wurde Mitarbeiter an Rudolf Wagner's grossem Handwörterbuche der Physiol., für das er die Artikel »Synovia« und »Thränensecretion«, sowie die klassische Abhandlung »Verdauung« lieferte, die sofort seinen Namen in d. Gelehrtenwelt vorteilhaft bekannt machte. Zugleich entfaltete er eine äusserst erfolgreiche Thätigkeit als Dozent, übernahm auch die med. Poliklinik, die ihn mit den Studenten bis in die benachbarten Ortschaften führte. 1848 zum Prof. e. o. ernannt, lehnte er mehrere Berufungen ab, folgte aber 1850 einem Rufe als Direktor der Klinik nach Kiel, wo er während seiner nur 2jähr. Thätigkeit den Grundstein zu seinem Weltrufe legte, speziell auch durch seine ausgezeichnete Monographie über die Brightsche Nierenkrankheit, die auf grösstenteils schon in Göttingen angestellten Untersuchungen beruhte. Hier publizierte er auch die berühmte Theorie von der urämischen Intoxikation und führte das Experiment als vollgiltiges Beweismittel in die klin. Medizin ein. 1852 nach Breslau als ord. Professor der Pathol. und Ther., sowie als Direktor der med. Klinik berufen, verlebte er hier die angenehmsten und lehrreichsten 7 J. seines Lebens. Hier begann er 1858[543] seine berühmte »Klinik der Leberkrankheiten« (Bd. I) zu publizieren und erlangte als Kliniker einen immer mehr wachsenden, über die Grenzen Deutschlands weit hinausgehenden Ruf, besonders durch seine meisterhaften Diagnosen, sowie als Lehrer durch die exakten und lehrreichen Epikrisen, die er, im Anschluss an die klin. Fälle, sowie nach vollzogener Sektion, abstattete. Hier entdeckte er auch das Vorkommen von Leucin und Tyrosin im Harn bei akuter gelber Leberatrophie, der anat. Veränderungen bei der Lebercirrhose und der Malaria perniciosa, der Pigmentablagerungen im Blute bei Melanämie etc. 1859 siedelte F. als Nachfolger Schoenlein's nach Berlin über, vollendete 1861 den II. Band des oben genannten Werkes, feierte 1884 sein 25jähriges Jubiläum als Berliner Professor und dirig. Arzt der Charité, wurde bei dieser Gelegenheit geadelt und mit anderweitigen grossen Auszeichnungen und Ovationen bedacht. Seine letzte grosse Arbeit ist die Monographie »Über den Diabetes« (Berlin 1884), die auf 400 in der Privatpraxis und in der Klinik beobachteten Fällen beruht und eine besonders gute, auf 55 Obduktionen gestützte pathol.-anat. Beschreibung dieser Krankheit enthält. v. F. starb 14. März 1885 an Apoplexie. Er war lange Jahre Mitgl. der preuss. wiss. Deputation für das Medizinalwesen und vortragender Rat im Kultusministerium. Von seinen übrigen Schriften citieren wir noch: »De polyporum structura penitiori« (Göttingen 1843) – »Untersuchungen über Galle in physiologischer und pathologischer Beziehung« (Ib. 1845) – »Commentatio de natura miasmatis palustris« (Habilitationsschrift, Ib. 1846) – »Über Gallert- und Colloidgeschwülste« (1847) – »Über das Mass des Stoffwechsels, sowie über die Verwendung der stickstoffhaltigen und stickstofffreien Nahrungsstoffe« (Müller's Arch. 1849) – »Die Bright'sche Nierenkrankheit[544] und deren Behandlung« (Braunschweig 1851).

Quelle:
Pagel: Biographisches Lexikon hervorragender Ärzte des neunzehnten Jahrhunderts. Berlin, Wien 1901, Sp. 543-545.
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543 | 544 | 545
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