Friedreich, Nikolaus

Friedreich, Nikolaus
Friedreich, Nikolaus

[550] Friedreich, Nikolaus, zu Heidelberg, berühmter Kliniker, 31. Juli 1825 zu Würzburg als Sohn von Joh. Baptist F. (1796 bis 1862) geb., studierte von 1844 an daselbst und 1847 auch in Heidelberg, absolvierte 1849 und 1850 seine Examina und die Promotion, wurde Assistent des erblindeten Klinikers Marcus und habilitierte sich 1853 als Privatdozent für spezielle Pathologie und Therapie mit der Schrift: »Beiträge zur Lehre von den Geschwülsten innerhalb der Schädelhöhle«. Ehe Virchow 1849 nach Würzburg kam, war er ein sehr eifriger Schüler von Kölliker gewesen und hatte unter anderem in Gemeinschaft mit seinem Freunde Karl Gegenbaur eine Abhandlung über den Schädel des Axolotl verfasst. Von jener Zeit ab wurde er ein ebenso eifriger Zuhörer und Arbeiter in Virchow's Vorlesungen und Kursen, und obwohl er gleichzeitig klinischer Assistent war, dachte er eine Zeit lang daran, sich ganz der pathol. Anatomie zu widmen. So erklärt es sich, dass auch seine späteren klin. Arbeiten sich grossenteils auf dem Gebiete der pathol.-anat. Diagnostik bewegt haben. Als Virchow 1857 einem Rufe nach Berlin folgte, wurde F. zum Prof. e. o. der pathol. Anat. ernannt, indessen schon 1858 erfolgte seine Berufung als Prof. ord. der[550] Pathologie und Therapie und Direktor der med. Klinik in Heidelberg, welcher er 24 Jahre lang, bis zu seinem Tode, vorgestanden hat. – Von seinen zahlreichen (8 grössere Werke und 51 grössere und kleinere Abhandlungen umfassenden) litterarischen Leistungen fallen einige kleinere Abhandlungen klinischen und pathol.-anat. Inhalts noch in seine Würzburger Dozentenzeit, z.B. über 33 Fälle von Abdominaltyphus, über die diagnostische Bedeutung der Höhlensymptome, über Corpora amylacea, Leukämie u.s.w., sämtlich teils in den Würzburger Verhandlungen, teils in Virchow's Archiv publiziert. Von Heidelberg aus veröffentlichte er in Virchow's Handbuch der spez. Pathol. und Therapie die Monographie über »Die Krankheiten der Nase, des Kehlkopfes, der Trachea, der Schild- und Thymusdrüse« (1858) und die seinen Ruf als Diagnostiker begründende Arbeit »Die Krankheiten des Herzens« (1861; 2. Aufl. 1867). Mit besonderer Vorliebe bearbeitete er Fragen aus dem Gebiete der Diagnostik; so finden sich von ihm, ausser der schon angeführten, Abhandlungen über den Venenpuls, die Diagnose der Herzbeutelverwachsungen, den Doppelton an der Crural-Arterie, die Perkussion des Kehlkopfes und der Trachea, die physikalische Untersuchung der Blutgefässe (1881) u.s.w., veröffentlicht in verschiedenen Zeitschriften (Virchow's Arch., D. Arch. f. k. Med., D. Z. f. prakt. Med., Morphol. Jahrbücher). Zu seinen bedeutendsten Arbeiten gehören[551] auch die auf dem Gebiete der Nervenkrankheiten, nämlich: »Ueber degenerative Atrophie der spinalen Hinterstränge« (Virch. Arch, 1863) – »Ueber Ataxie mit besonderer Berücksichtigung der hereditären Formen« (Ib.) und seine umfangreiche Monographie »Ueber progressive Muskelatrophie, über wahre und falsche Muskelatrophie« (Berlin 1873). Daran schliesst sich eine beträchtliche Anzahl von Aufsätzen pathol.-anat.-diagnostischen Inhalts (in Virch. Arch. und im D. Arch. f. klin. Med.), sowie einige kleinere Schriften: »Die Heidelberger Baracken für Kriegsepidemien während des Feldzuges 1870/71« (Heidelberg 1871) – »Der acute Milztumor und seine Beziehungen zu den acuten Infectionskrankheiten« (Volkmann's Samml. klin. Vortr., 1874). – F.'s klin. Arbeiten ruhen auf der festen Grundlage der pathol.-anat. Betrachtung, sind ausserordentlich klar, gründlich, aus dem Vollen geschöpft. Er gehört zu den bedeutendsten Klinikern der Neuzeit und genoss auch als Praktiker bezw. Konsiliarius einen weiten Ruf. Nach dreijährigem Leiden an Aneurysma d. aort. thorac. starb F. 6. Juli 1882.

Quelle:
Pagel: Biographisches Lexikon hervorragender Ärzte des neunzehnten Jahrhunderts. Berlin, Wien 1901, Sp. 550-552.
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