Mundy, Jaromir

Mundy, Jaromir
Mundy, Jaromir

[1175] Mundy, Jaromir Freiherr von, zu Wien, geb. 3. Okt. 1822 auf Schloss Eichhorn in Mähren, studierte anfänglich Theologie, war dann 12 Jahre lang Soldat, machte als Offizier die Feldzüge von 1848, 49 mit, nahm, 1852 zum Hauptmann avanciert, 1855 den Abschied, um in Würzburg Med. zu studieren, wurde daselbst bereits nach dem 4. Semester zum Dr. med. prom., besuchte darauf noch verschiedene deutsche Univ., indem er aus der Irrenheilkunde und gerichtl. Med. ein Spezialstudium machte und sich bei der ersteren für die freie Irrenbehandlung oder das koloniale System erklärte. Nachdem er den Feldzug von 1859 in Italien wieder in seiner früheren Charge als Hauptmann mitgemacht, nahm er einen mehr als halbjähr. Aufenthalt zu Gheel in Belgien, besuchte mehrere Hunderte von Irren-Anstalten und hielt in vielen Haupt- und Univ.-Städten Europas Vorträge über jenes System der Irrenbehandlung, dem er überall Eingang zu verschaffen suchte. Diese Vortr. finden sich 1860 bis 67, hauptsächlich in französ. und engl. Sprache, veröffentlicht im Journ. publié par la Soc. des sc. méd. et nat. de Brux, Journ. de méd. de Brux., Procès-verbaux du Congrès méd. de Lyon, Annales méd.-psychol., ferner im Medical Critic and Psych. Journ., Journ. of Mental Sc., Lancet, Brit. Med. Journ. Er hielt sich für diese Zwecke in Grossbritannien über 7 und in Frankreich mehr als 10 Jahre auf und studierte gleichzeitig die[1175] Fortschritte des öffentl. und Militär-Sanitätswesens. Den Feldzug von 1866 machte er als k. k. Regimentsarzt mit, leitete und improvisierte in demselben Sanitätszüge, übernahm in Böhmen die Feldspitäler von den Preussen u.s.w., und erhielt den Charakter als Stabsarzt a. D. Seine Bestrebungen in den folgenden Jahren waren, ausser Fortsetzung der früheren, namentlich auf eine Reorganisation des österr. Militär-Sanitätswesens gerichtet. Er war Delegierter des Reichs-Kriegs-Minist. bei verschiedenen Kongressen und Kommissionen, ferner bei dem Aufstande in den Bocche di Cattaro (1869) und während des deutsch-französ. Krieges, in welchem er teils Lazarette zu Paris und Umgebung einrichtete und leitete, teils die Evakuation von vielen Tausenden verwundeter und kranker Franzosen aus Deutschland in die Heimat organisierte und überwachte. 1872 wurde er zum Prof. e. o. des Militär-Sanitätswesens an der Wiener Univ. ernannt, legte diese Stelle aber bald wieder nieder, unterstützte dagegen die Organisation des Deutschen Ritter-Ordens, als Faktors der freiwilligen Krankenpflege, richtete (1875) als General-Chefarzt des souveränen Malteser-Ritter-Ordens die für den Verwundeten-Evakuationsdienst bestimmten Sanitätszüge desselben ein, war oberster Militär-Sanitätschef im serbisch-türkischen Kriege (1876, 77), und während des russisch-türkischen Krieges (1877, 78) in Konstantinopel als Organisator bei dem Vereine vom roten Halbmond thätig. In dieser Zeit erschienen von ihm: »Studien über den Umbau und die Einrichtung von Güterwaggons zu Sanitätswaggons« (Wien 1875, m. 9 Taff.) – »Der freiwill. Sanitätsdienst des souv. Malteser-Ritter-Ordens u.s.w.« (1879, m. 4 Taff.) – »Beschreibung der Sanitätszüge des souv. M.-R.-O.« (2. Aufl. 1880), ausserdem: »Kleiner Katechismus einer radicalen Reform des Irrenwesens« (1879) – »Die freie Behandlung der Irren auf Landgütern« (1879). 1881 wurde auf seinen Antrieb die »Wiener freiwillige Rettungsgesellschaft« gegründet, in deren Interesse er als ihr Schriftführer zahlreiche Publikationen teils selbst verfasst, teils veranlasst hat. Von seinen sonstigen Schriften erwähnen wir noch, abgesehen von der ungezählten Menge von Denk-, Gelegenheits-,[1176] Flugschriften- u. Zeitungs-Artikeln in den verschiedensten Sprachen: »Zur Sanitätsreform in Oesterreich« (1860) – »Die Militär-Sanität der Zukunft« (1882) – »Van Swieten und seine Zeit« (1883). Auch am serbisch-bulgarischen Kriege (1885, 86) nahm er in Serbien thätigen Anteil. In einem Anfall von Geistesgestörtheit erschoss sich v. M. 23. August 1894.

Quelle:
Pagel: Biographisches Lexikon hervorragender Ärzte des neunzehnten Jahrhunderts. Berlin, Wien 1901, Sp. 1175-1177.
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