Valentin, Gabriel Gustav

Valentin, Gabriel Gustav
Valentin, Gabriel Gustav

[1749] Valentin, Gabriel Gustav, berühmter Physiolog, 8. Juli 1810 zu Breslau geb., studierte daselbst seit 1828, besonders unter Purkinje, promovierte 1832 mit der Diss.: »Historiae evolutionis systematis muscularis prolusio« und liess sich 1833 in seiner Vaterstadt als prakt. Arzt nieder. 1834 machte er, zusammen mit seinem Lehrer Purkinje, die berühmte Entdeckung der Flimmerbewegung; 1835 erhielt er für seine Arbeit: »Histiogenia comparata«, über die Entwicklung der Pflanzen und Tiere, ein Manuskript von 1050 Seiten mit 40 Tafeln eigener Zeichn. und 50 Seiten Erklärung, neben schmeichelhaftester Anerkennung Al. v. Humboldt's, den grossen Preis von 3000 Frcs. für Experimentalphysiologie seitens des »Institut de France«, machte mit Hilfe desselben eine wissenschaftl. Reise und widmete sich von nun ab ausschliesslich wissenschaftl., speziell physiol. Studien. Er veröffentlichte eine Reihe wichtiger, zum Teil bahnbrechender Arbeiten, teils kleinere Abhandlungen, teils umfangreiche Lehrbücher, wie: »Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleich. Rücksicht der Entwicklung der Säugethiere und Vögel« (Berlin und Paris[1749] 1835) – »Ueber den Verlauf und die letzten Enden der Nerven« (Bonn 1836) – »Ueber Mechanik des Blutumlaufs« (Leipz. 1836) u.a. und folgte 1836 einem Rufe als ord. Prof. der Physiol. nach Bern, nachdem er Berufungen nach Dorpat und Lüttich in gleicher Eigenschaft aus konfessionellen Rücksichten abgelehnt hatte. In Bern wirkte er 45 Jahre lang in höchst segensreicher Weise, einige Jahre auch als Lehrer der Anat., feierte 1876 sein 40jähr. Amts-, 1882 sein 50jähr. Dr.-Jubiläum, trat erst 1881 infolge eines Schlaganfalles von seinen Ämtern zurück und starb 24. Mai 1883. – V. war ein Lehrer, Gelehrter und Forscher ersten Ranges. Es giebt kaum ein Gebiet der Physiol., auf dem er nicht gearbeitet und neues, z.T. höchst wichtiges geschaffen hat. Insbesondere bereicherte er die Lehre vom Blut und seiner Bewegung im Körper, ferner die Lehre von der Atmung durch neue Arbeiten, stellte wichtige Untersuchungen auf dem Gebiete der Muskel- und Nerven-Elektrizität an, entdeckte 1844 die diastatische Rolle des Bauchspeichels bei der Verdauung der Kohlehydrate, verfeinerte die mikroskop. Technik durch Anwendung des polarisierten Lichtes und lieferte bahnbrechende Arbeiten auf dem Gebiete der Physiol. der Sinnesorgane, besonders des Gesichts, des Geschmacks, des Geruchs und der Tastempfindung. Dazu kommt noch die grosse Reihe von Arbeiten über die Wirkungen verschiedener Gifte auf den tier. Organismus, sowie die z.T. schon zitierten, vergleich.-anat., histol. und entwicklungs-geschichtl. Inhalts. Die Titel einiger der bezügl. Schriften sind bereits im alten Lexikon angeführt. Auch gab V. 1836 bis 43 das »Repertorium für Anatomie und Physiologie« heraus und schrieb, ausser zahlreichen kleineren Aufsätzen, Abhandlungen und Artikeln im Berliner Encyklop. Wörterbuch, der med. Wissensch., in Hecker's Annal. der Heilk., Mueller's Archiv f. Physiol., Schmidt's Jahrbb., v. Ammon's Zeitschr. f. Ophthalm., Wagner's Handwörterb. der Physiol. etc., noch das sehr wertvolle »Lehrbuch der Physiologie des Menschen« (Braunschweig 1844, 2 Bde.; 2. Aufl. 1847 bis 50) und einen »Grundriss der Physiologie des Menschen« (Ib. 1846; 4. Aufl. 1854).[1750]

Quelle:
Pagel: Biographisches Lexikon hervorragender Ärzte des neunzehnten Jahrhunderts. Berlin, Wien 1901, Sp. 1749-1751.
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1749 | 1750 | 1751
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