V, 85. [439.] An Varuna.[227] 198

1. Auf, singe laut dem Varuna ein Loblied,

ein tiefes, lieb dem allberühmten Herrscher,

Der ausgebreitet, wie das Fell der Schlächter,

die Erd' als einen Teppich für die Sonne.

2. Er dehnte aus in Wäldern kühle Lüfte,

schuf Milch in Kühen, in den Rossen Raschheit,

Im Herzen Weisheit, in den Wolken Blitze,

die Sonn' am Himmel, Soma auf den Bergen.


3. Er kehret um der Wolken Wassertonne,

lässt strömen sie auf Himmel, Luft und Erde;

Des ganzen Weltalls König netzt den Boden

mit ihr, wie Regen netzt die Gerstenfelder.

4.199 Er netzt der Erde Boden und den Himmel,

wenn Varuna der Wolke Milch begehret;[227]

Dann hüllen Berge sich in Wetterwolken,

und müde werden selbst die starken Wandrer.


5. Auch dieses grosse Wunder will ich künden,

des Varuna, des hochberühmten Gottes,

Der stehend in der Luft die Erde ausmass,

dort mit der Sonne wie mit einem Massstab.

6. Auch dieses grosse Wunderwerk des Gottes,

des weisesten, hat keiner noch gehindert,

Dass alle Ströme die in Eile rinnen

das eine Meer nicht füllen mit den Wogen.


7. Welch Unrecht wir gethan am Busenfreunde,

am liebenden Genossen, was am Bruder,

Am eignen Hause oder auch am fremden,

das Unrecht alles, Varuna, verzeihe.

8. Wenn wir getäuscht beim Spiel wie falsche Spieler,

wenn wir gefehlt, unwissend oder wissend,

Was uns verstrickt, das alles löse du uns,

Gott Varuna, und wieder sei'n wir lieb dir.

Quelle:
Rig-Veda. 2 Teile, Leipzig 1876, [Nachdruck 1990], Teil 1, S. 227-228.
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