VII, 86. [602.] An Varuna.[367] 356

1.357 Voll Macht und Weisheit ist doch dessen Wesen,

der Erd' und Himmel festigte, die weiten,

Die hehre Himmelswölbung hoch emportrieb,

das Sternenheer, der Erde Fluren aufthat.

2. Und mit mir selber sprech' ich diese Worte:

»Wann werd' ich doch mit Varuna vereint sein?

Ob er mein Opfer ohne Zürnen annimmt?

wann werd' ich seine Huld beseligt schauen?«

3.358 Ich frag', die Schuld, o Varuna, erspähend;

ich gehe hin, die kundigen zu fragen;

Es sagen mir die Weisen eines Sinnes:

»Dir zürnet wahrlich Varuna, der König.«

4.359 Was, Varuna, war meine schwerste Sünde,

dass du den Sänger, der dich liebt, willst schlagen?

Das künde mir, untrüglicher Beherrscher;

durch diese Andacht möcht' ich dich besänft'gen.

5. Lös' ab von uns das väterliche Unrecht,

Nimm weg das Unrecht, das wir selbst verübten,

Wie Dieb', o König, die nach Heerden trachten;

lös' wie ein Kalb vom Bande den Vasischtha.

6. Nicht war's mein Will', o Gott, Verstrickung war es,

Rausch war es, Zorn, verwirrende Verblendung;

Des Jünglings Fehl bewältigte den ältern,

der Schlaf selbst ist der sünd'gen Thaten Anlass.

7. Dem Knechte gleich will ich dem gnäd'gen dienen,

Von Schuld befreit dem eifervollen Gotte;

Die Thoren, die ihm treu, hat er belehret,

den Klugen führt der Weisere zum Heile.

8. Es möge dies mein Loblied, o gewalt'ger,

o Varuna, so recht ans Herz dir dringen;

Heil sei beim Ruhn uns, Heil uns bei der Arbeit.

Ihr Götter, schützt uns stets mit eurem Segen.

Quelle:
Rig-Veda. 2 Teile, Leipzig 1876, [Nachdruck 1990], Teil 1, S. 367.
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