I, 115. An den Sonnengott.[117] 109

1. Es stieg empor der Götter lichtes Antlitz,

das Auge Mitra's, Varuna's und Agni's;

Es füllte Himmel, Erde, Luft die Sonne,

der Lebenshauch des stehenden und gehnden.

2. Der Sonnengott, er folgt der Morgengöttin,

der strahlenden, so wie der Braut der Freier;

Dort wo die Frommen ihre Wagen schirren,

von einer Seligkeit zur andern fahrend.

3. Die schönen, goldnen, lichten Sonnenrosse,

die schimmernden, begrüsst von Jubelliedern,

Sie stiegen andachtsvoll zur Himmelshöhe

und gehn in einem Tag' um Erd' und Himmel.

4. Das ist des Sonnengottes Macht und Gottheit,

im Wirken rollt den Aufzug er zusammen;

Hat er vom Wagen losgeschirrt die Stuten,

so streckt die Nacht den Schleier über alles.

5. Vor Varuna's und Mitra's Aug' entfaltet

im Himmelsschooss die Sonne ihre Schönheit;

Ohn' Ende führen bald den lichten Schimmer,

und bald den dunklen ihre Stuten aufwärts.

6. Befreiet heute bei der Sonne Aufgang,

o Götter, uns von Schmach und von Bedrängniss;

Das mög' uns Mitra, Varuna gewähren

und Aditi, das Meer und Erd' und Himmel.

Quelle:
Rig-Veda. 2 Teile, Leipzig 1877, [Nachdruck 1990], Teil 2, S. 117.
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