I, 185. An Himmel und Erde.

[176] Nacht und Tag werden in Vers 1, V. 4 Zeile 3, und V. 5 Zeile 1-3 in engste Beziehung mit Erde und Himmel gesetzt, als ihre Zwillingstöchter, welche sich beim Begegnen im Nabel der (im Osten) küssen.


1. Wer ist von beiden früher? wer die spätre?

und wie erzeugt? ihr Weisen, wer entscheidet?

Sie beide wahrlich tragen alle Wesen,

der Tag, die Nacht, auf einem Rad sich drehend.

2. Sie beide, fusslos und nicht wandernd, tragen

als Frucht das Volk, was Füsse hat und wandert;[176]

Gleichwie den eignen Sohn im Schooss der Aeltern

beschirmt vor grauser Noth uns, Erd' und Himmel!

3. Der Aditi erhabne sichre Gabe,

die heilsam, glänzend, heilig ist erfleh' ich,

Das schafft dem Sänger, o ihr Welten beide,

beschirmt vor grauser Noth uns, Erd' und Himmel!

4. Wir seien lieb den beiden sel'gen Welten,

die huldvoll helfen, sie, der Götter Aeltern,

Den Göttern eigen nebst der Nacht, dem Tage;

beschirmt vor grauser Noth uns, Erd' und Himmel!

5. Die beiden Jungfraun, aneinander grenzend,

die Zwillingsschwestern in dem Schooss der Aeltern,

Die im Verein der Welten Nabel küssen,

beschirmt vor grauser Noth uns, Erd' und Himmel!

6. Die weiten, hohen Sitze ruf' mit Lust ich,

mit frommem Sinn die Aeltern aller Götter,

Die schönen, die Unsterblichkeit verleihen,

beschirmt vor grauser Noth uns, Erd' und Himmel!

7. Die weiten, breiten, grossen, fernbegrenzten

ruf' ich mit Ehrfurcht an bei diesem Opfer;

Die seligen, die hülfreich gern gewähren,

beschirmt vor grauser Noth uns, Erd' und Himmel!

8. Wenn je an Göttern Unrecht wir verübten,

am Freunde oder an dem Stammeshaupte,

Davon gewähre dieses Lied uns Sühnung,

beschirmt vor grauser Noth uns, Erd' und Himmel!

9. Mich mögen beide Segner freundlich fördern,

mich beide Helfer hold mit Gunst geleiten,

Viel reicher spendend als der Feind, o Götter,

gebt, dass wir uns der Labung recht erfreuen.

10. Dies wahre hab' ich weiser ausgesprochen

zuerst zu Erd' und Himmel, dass man's höre,

Beschirmt vor Schmach mich, schützt mich vor Gefahren,

mit Hülfen schirmt als Vater mich und Mutter.

11. Dies werde wahr nun, Himmel du und Erde,

was ich zu euch, o Vater, Mutter, rede,

Seid unter Göttern uns durch Huld die nächsten.

Gebt Labung uns und wasserreiche Fluren.

Quelle:
Rig-Veda. 2 Teile, Leipzig 1877, [Nachdruck 1990], Teil 2, S. 176-177.
Lizenz: