X, 34. [860.] Lied des Spielers.[320] 331

Die braunen Nüsse des hohen Vibhīdaka-Baumes wurden als Würfel gebraucht, der Maudschavater Soma scheint eine vorzügliche Somasorte gewesen zu sein (Vers 1.) Die Zahl 53 (in V. 8) mag sich etwa auf die Augen der Würfel beziehen.


1. Die hüpfenden aus luft'gem Wipfel stammend

berauschen mich, wenn in der Bahn sie rollen,[320]

Wie der Genuss des Maudschawater Soma's

dünkt lustig des Vibhīdakbaumes Nuss mir.

2. Nie reizte mich, noch zürnte mir die Gattin,

sie war mir hold, mir selbst und meinen Freunden;

Des Würfels halb, der durch ein Aug' entscheidet,

verstiess ich die mir treuergebne Gattin.


3. Mich hasst die Schwieger, mich verlässt die Gattin,

und der bedrängte findet kein Erbarmen;

Auch find' ich nicht, wozu der Spieler nutze,

gleich wie ein Ross, das theuer, aber alt ist.

4. Von andern wird umarmt des Spielers Gattin,

nach dessen Gut der rasche Würfel trachtet;

Und Vater, Mutter und die Brüder sagen:

Wir kennen nicht ihn, führt ihn fort gebunden.


5. Und wenn ich denk': nicht will ich ferner spielen,

so weichen von mir alle meine Freunde;

Und hör ich dann die braunen Würfel fallen,

so eil' ich wie zum Stelldichein die Buhle.

6. Ins Spielhaus geht der Spieler voll Begierde,

»heut sieg' ich«, spricht er, auf sich selbst vertrauend;

Die Würfel steigern höher sein Begehren,

was er gewonnen, setzt er ein dem Gegner.


8. Es tummelt sich die Schar der dreiundfunfzig,

wie Savitar, der Gott, die Ordnung wahrend,

Sie weichen nicht dem Zorn, auch des gewalt'gen,

ein König selbst muss sich vor ihnen beugen.

9. Sie rollen nieder, springen in die Höhe,

und handlos zwingen sie den handbegabten,

Als Zauber-Kohlen auf die Bahn geworfen

versengen sie das Herz, obwol sie kalt sind.


10. Verlassen grämt des Spielers Weib sich einsam,

die Mutter um den Sohn, wo mag er schweifen?

Verschuldet, angstvoll und nach Gut verlangend

geht er zur Nacht in andrer Leute Wohnung.

11. Es schmerzt den Spieler, wenn er nur ein Weib sieht,

die Gattin und den schönen Heimsitz andrer;

Die braunen Würfel schirrt er früh am Morgen

und spät am Feuer sinkt er kraftlos nieder.


12. Ihm, der der Führer eures grossen Heeres

und erster König ist der ganzen Bande,

Dem will ich meine Gaben nicht versagen,

die Finger streck' ich aus, beschwör' als wahr es.[321]

13. »Gib auf das Spiel, und pflüge deinen Acker,

geniesse, was du hast, und halt's in Ehren,

Dann, Spieler, kommst zur Gattin du, zu Heerden«,

So spricht zu mir Gott Savitar, der treue.


14. So schliesst denn Frieden und erbarmt euch meiner,

ergreift mich nicht mit eurem grausen Zauber;

Es weiche eure Wuth nun, eure Feindschaft,

der Würfel Macht erliege nun ein andrer.

(7. siehe Anhang.)

Quelle:
Rig-Veda. 2 Teile, Leipzig 1877, [Nachdruck 1990], Teil 2, S. 320-322.
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