Die dreifache Geburt des Âtman.

[136] Aitareya-Upanishad 2.


1. Im Manne fürwahr liegt dieser [Âtman] zu Anfang als Keim, denn was sein Same ist, das ist seine aus allen Gliedern zusammengebrachte Kraft; in sich selbst trägt er dann das Selbst; und ergiesst er ihn in das Weib, so macht er ihn geboren werden; das ist seine [des Âtman des Kindes] erste Geburt.

2. Dann geht er ein in die Selbstwesenheit des Weibes, gleich als ein Glied von ihr; daher kommt es, dass er ihr keinen Schaden tut. Sie aber, nachdem dieser sein Âtman in sie gelangt ist, so pflegt sie ihn.

3. Weil sie ihn pflegt, darum ist sie zu pflegen. Und das Weib trägt ihn als Leibesfrucht. Er aber bildet den Knaben vorher und von der Geburt an weiterhin aus; indem er den Knaben von der Geburt an weiterhin ausbildet, so bildet er sein eignes Selbst aus, zur Fortspinnung dieser Welten; denn so werden diese Welten fortgesponnen; das ist seine [des Âtman des Kindes] zweite Geburt.

4. Dann wird dieser als sein [des Vaters] Âtman für ihn eingesetzt, die heiligen Werke zu vollbringen; aber jener, sein andrer Âtman, nachdem er vollbracht, was zu tun, und alt geworden, scheidet dahin; dieser wird, von hier abscheidend, abermals geboren; das ist[137] seine [des Âtman des Vaters] dritte Geburt. Darum sagt der Ṛishi (Ṛigv. 4,27,1):


Im Mutterleibe noch verweilend, hab' ich

Erkannt alle Geburten dieser Götter;

Mich hielten hundert eiserne Burgfesten,

Doch, wie ein Falke schnellen Flugs, entfloh ich.


Also hat, da er noch in dieser Weise im Mutterleibe lag, Vâmadeva gesprochen.

5. Und er, weil er solches erkannte, ist nach dieser Trennung von seinem Leibe emporgestiegen, hat in jener Himmelswelt alle Wünsche erlangt und ist unsterblich geworden, – unsterblich geworden.

Quelle:
Die Geheimlehre des Veda. Leipzig 1919, S. 136-138.
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