8. Religiöse Pflichten: Das Orakel

[192] Der Meister hat gesagt: »Wenn in alter Zeit die weisen Könige der drei ersten Dynastien den lichten Göttern von Himmel[192] und Erde dienten, so gebrauchten sie vorher das Schildkröten- und Schafgarbenorakel. Sie wagten nicht, von sich aus zu entscheiden, wann sie dem Höchsten Gotte dienen sollten. Darum versäumten sie nicht die festgesetzten Tage und Monate und handelten nicht den Orakeln zuwider. Sie zogen nicht in derselben Sache das Schildkröten- und das Schafgarbenorakel mit der Absicht, daß sie einander widersprächen. Wichtige Sachen haben ihre festen Zeiten und Tage; geringe Sachen haben keine festen Zeiten und Tage, sondern man fragt das Orakel. Für äußere Angelegenheiten verwendet man ungerade Tage, für innere Angelegenheiten verwendet man gerade Tage. Man handelt nicht dem Orakel zuwider.«

Der Meister sprach: »Wenn die Opfertiere, die Riten, die Musik und die mit Hirse gefüllten Opferschalen alle in Ordnung sind, so erleidet man keinen Schaden durch Geister und Götter und erregt keine Unzufriedenheit beim Volk.«

Der Meister sprach: »Die Opfer des Hou Dsi (Hirseherrn) waren leicht auszuführen. Die Gebetsworte waren ehrfurchtsvoll. Die Wünsche waren bescheiden. Und der Segen kam auf Kinder und Kindeskinder.«

Der Meister sprach: »Die Opfergeräte der Vornehmen sind Gegenstand der Scheu und der Sorgfalt. Der Himmelssohn fragte für gewöhnlich nicht das Schafgarbenorakel; die Lehensfürsten hielten sich an das Schafgarbenorakel. Der Himmelssohn hielt sich unterwegs an das Schafgarbenorakel; die Lehensfürsten befragten, wenn sie nicht in ihrem Lande waren, das Schafgarbenorakel nicht. Sie befragten das Orakel in Fragen des Baues von Wohnungen, Gemächern und Wohnräumen. Der Himmelssohn fragte das Orakel nicht in Beziehung auf den großen Ahnentempel (weil der seine festbestimmte Lage hatte).«

Der Meister sprach: »Wenn der Edle jemand ehren will, so benutzt er seine Opfergeräte beim Gastmahl. Er weicht nicht ab vom rechten Tag und Monat, er handelt nicht dem Orakel zuwider; so dient er ehrfürchtig seinem Fürsten und seinen Vorgesetzten. Deshalb werden die Oberen nicht lästig für das Volk, und die Unteren werden nicht aufsässig gegen die Oberen.«

Quelle:
Li Gi. Düsseldorf/Köln 1981, S. 192-193.
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