5. Verkehr der Geschlechter I

[321] Ein Mann spricht nicht über Angelegenheiten der inneren Gemächer, eine Frau nicht über äußere Angelegenheiten. Außer beim Opfer oder bei Beerdigungen geben sie einander nichts von Hand zu Hand. Wenn sie einander etwas zu geben haben, so nimmt es die Frau in einem Korb entgegen. Wenn kein Korb da ist, so knien beide nieder. Der Mann stellt den Gegenstand auf die Erde, und danach nimmt ihn die Frau auf. Die inneren und die äußeren Räume haben keinen gemeinsamen Brunnen, keinen gemeinsamen Baderaum. Sie benutzen nicht dieselben Schlafmatten, sie entlehnen nichts voneinander, sie benützen nicht dieselben Kleidungsstücke. Was im Inneren gesprochen wird, dringt nicht nach außen, was draußen gesprochen wird, dringt nicht nach innen. Wenn ein Mann die inneren Räume betritt, so pfeift er nicht und deutet nicht. Bei Nacht trägt er eine Laterne; geht sie aus, so bleibt er stehen. Wenn eine Frau ausgeht, so verschleiert sie ihr Gesicht. Bei Nacht trägt sie eine Laterne. Geht die aus, so bleibt sie stehen. Auf den Straßen gehen die Männer rechts und die Frauen links ...

Ein Sohn und seine Frau, die pietätvoll und ehrfürchtig sind, werden die Befehle der Eltern des Mannes ohne Widerspruch und Nachlässigkeit erfüllen. Wenn die Eltern ihnen etwas zu essen geben und sie mögen es nicht, so werden sie es doch kosten und warten (ob sie es wegtun dürfen); wenn sie ihnen Kleider schenken, die ihnen nicht gefallen, so werden sie sie doch anziehen und ihnen so aufwarten. Wenn sie ihnen eine Arbeit zuweisen und nachher jemand anderes schicken, um sie zu vertreten, so werden sie, auch wenn es ihnen nicht[321] angenehm ist, ihn die Arbeit machen lassen, und erst wenn er es nicht kann, sie selber wieder aufnehmen ...

... Wenn der Sohn zwei Nebenfrauen hat und seine Eltern lieben die eine, während er die andere liebt, so wird er, was Kleidung, Essen und Beschäftigung anlangt, seine Lieblingsfrau nicht der von seinen Eltern geliebten gleichstellen. Auch nach dem Tod seiner Eltern behandelt er diese nicht schlechter.

Wenn ein Sohn mit seiner Frau sehr zufrieden ist, aber sie gefällt den Eltern nicht, so entläßt er sie. Wenn der Sohn mit seiner Frau nicht zufrieden ist, aber die Eltern sprechen: »Sie dient uns gut«, so wird der Sohn die Sitte von Gatte und Gattin weiterhin erfüllen und wird sie bis zum Tod nicht gering halten.

Quelle:
Li Gi. Düsseldorf/Köln 1981, S. 321-322.
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