Neunte Rede

Die Pfeiler der Einsicht

[382] Das hab' ich gehört. Zu einer Zeit weilte der Erhabene im Kurū-Lande, bei einer Stadt der Kurūner namens Kammāsadammam689. Dort nun wandte sich der Erhabene an die Mönche: »Ihr Mönche!« – »Erlauchter!« antworteten da jene Mönche dem Erhabenen aufmerksam. Der Erhabene sprach also:

»Der gerade Weg, ihr Mönche, der zur Läuterung der Wesen, zur Überwältigung des Schmerzes und Jammers, zur Zerstörung des Leidens und der Trübsal, zur Gewinnung des Rechten, zur Verwirklichung der Erlöschung führt, das sind die vier Pfeiler der Einsicht690. Welche vier? Da wacht, ihr Mönche, ein Mönch beim Körper über den Körper, unermüdlich, klaren Sinnes, einsichtig, nach Verwindung weltlichen Begehrens und Bekümmerns; wacht bei den Gefühlen über die Gefühle, unermüdlich, klaren Sinnes, einsichtig, nach Verwindung weltlichen Begehrens und Bekümmerns; wacht beim Gemüte über das Gemüt, unermüdlich, klaren Sinnes, einsichtig, nach Verwindung weltlichen Begehrens und Bekümmerns; wacht bei den Erscheinungen über die Erscheinungen, unermüdlich, klaren Sinnes, einsichtig, nach Verwindung weltlichen Begehrens und Bekümmerns.

Wie aber, ihr Mönche, wacht ein Mönch beim Körper über den Körper? Da begibt sich, ihr Mönche, der Mönch ins Innere des Waldes oder unter einen großen Baum oder in eine leere Klause, setzt sich mit verschränkten Beinen nieder, den Körper gerade aufgerichtet, und pflegt der Einsicht. Bedächtig atmet er ein, bedächtig atmet er aus. Atmet er tief ein, so weiß er ›Ich atme tief ein‹, atmet er tief aus, so weiß er ›Ich atme tief aus‹; atmet er kurz ein, so weiß er ›Ich atme kurz ein‹, atmet er kurz aus, so weiß er ›Ich atme kurz aus‹. ›Den ganzen Körper empfindend will ich einatmen‹, ›Den ganzen Körper empfindend will ich ausatmen‹, so übt er sich. ›Diese Körperverbindung besänftigend will ich einatmen‹, ›Diese Körperverbindung besänftigend will ich ausatmen‹, so übt er sich.

Gleichwie etwa, ihr Mönche, ein geschickter Drechsler oder Drechslergeselle tief anziehend weiß ›Ich ziehe tief an‹, kurz anziehend weiß ›Ich ziehe kurz an‹: ebenso nun auch, ihr Mönche, weiß der Mönch tief einatmend ›Ich atme tief ein‹, tief ausatmend ›Ich atme tief aus‹; kurz einatmend ›Ich atme[383] kurz ein‹, kurz ausatmend ›Ich atme kurz aus‹; übt er sich ›Den ganzen Körper empfindend will ich einatmen‹, ›Den ganzen Körper empfindend will ich ausatmen‹; übt er sich ›Diese Körperverbindung besänftigend will ich einatmen‹, ›Diese Körperverbindung besänftigend will ich ausatmen691‹.

So wacht er nach innen beim Körper über den Körper, so wacht er nach außen beim Körper über den Körper, nach innen und außen wacht er beim Körper über den Körper. Er beobachtet wie der Körper entsteht, beobachtet wie der Körper vergeht, beobachtet wie der Körper entsteht und vergeht. ›Der Körper ist da‹: diese Einsicht ist ihm nun gegenwärtig, soweit sie eben zum Wissen taugt, zur Besinnung taugt; und uneingepflanzt verharrt er, und nirgend in der Welt ist er angehangen. So aber, ihr Mönche, wacht der Mönch beim Körper über den Körper.

Weiter sodann, ihr Mönche: der Mönch weiß wenn er geht ›Ich gehe‹, weiß wenn er steht ›Ich stehe‹, weiß wenn er sitzt ›Ich sitze‹, weiß wenn er liegt ›Ich liege‹, er weiß wenn sich sein Körper in dieser oder jener Stellung befindet, daß es diese oder jene Stellung ist.

So wacht er nach innen beim Körper über den Körper, so wacht er nach außen beim Körper über den Körper, nach innen und außen wacht er beim Körper über den Körper. Er beobachtet wie der Körper entsteht, beobachtet wie der Körper vergeht, beobachtet wie der Körper entsteht und vergeht. ›Der Körper ist da‹: diese Einsicht ist ihm nun gegenwärtig, soweit sie eben zum Wissen taugt, zur Besinnung taugt; und uneingepflanzt verharrt er, und nirgend in der Welt ist er angehangen. So aber, ihr Mönche, wacht der Mönch beim Körper über den Körper.

Weiter sodann, ihr Mönche: der Mönch ist klar bewußt beim Kommen und Gehn, klar bewußt beim Hinblicken und Wegblicken, klar bewußt beim Neigen und Erheben, klar bewußt beim Tragen des Gewandes und der Almosenschale des Ordens, klar bewußt beim Essen und Trinken, Kauen und Schmecken, klar bewußt beim Entleeren von Kot und Harn, klar bewußt beim Gehn und Stehn und Sitzen, beim Einschlafen und Erwachen, beim Sprechen und Schweigen.

So wacht er nach innen beim Körper über den Körper, so wacht er nach außen beim Körper über den Körper, nach innen und außen wacht er beim Körper über den Körper. Er beobachtet wie der Körper entsteht, beobachtet wie der Körper vergeht, beobachtet wie der Körper entsteht und vergeht. ›Der Körper ist da‹: diese Einsicht ist ihm nun gegenwärtig, soweit sie eben zum Wissen taugt, zur Besinnung taugt; und uneingepflanzt verharrt er, und nirgend in der Welt ist er angehangen. So aber, ihr Mönche, wacht der Mönch beim Körper über den Körper.

Weiter sodann, ihr Mönche: der Mönch betrachtet sich diesen Körper da [384] von der Sohle bis zum Scheitel, den hautüberzogenen, den unterschiedliches Unreine ausfüllt: ›Dieser Körper trägt einen Schopf, ist behaart, hat Nägel und Zähne, Haut und Fleisch, Sehnen und Knochen und Knochenmark, Nieren, Herz und Leber, Zwerchfell, Milz, Lungen, Magen, Eingeweide, Weichteile und Kot, hat Galle, Schleim, Eiter, Blut, Schweiß, Lymphe, Tränen, Serum, Speichel, Rotz, Gelenköl, Urin.‹

Gleichwie etwa, ihr Mönche, wenn da ein Sack, an beiden Enden zugebunden, mit verschiedenem Korne gefüllt wäre, als wie etwa mit Reis, mit Bohnen, mit Sesam, und ein scharfsehender Mann bände ihn auf und untersuchte den Inhalt: ›Das ist Reis, das sind Bohnen, das ist Sesam‹: ebenso nun auch, ihr Mönche, betrachtet sich der Mönch diesen Körper da von der Sohle bis zum Scheitel, den hautüberzogenen, den unterschiedliches Unreine ausfüllt692.

Weiter sodann, ihr Mönche: der Mönch schaut sich diesen Körper da wie er geht und steht als Artung an: ›Dieser Körper ist von Erdenart, von Wasserart, von Feuerart, von Luftart.‹

Gleichwie etwa, ihr Mönche, ein geschickter Metzger oder Metzgergeselle eine Kuh schlachtet, auf den Markt bringt, Stück vor Stück zerlegt und sich dann hinsetzen mag: ebenso nun auch, ihr Mönche, schaut sich der Mönch diesen Körper da wie er geht und steht als Artung an: ›Dieser Körper ist von Erdenart, von Wasserart, von Feuerart, von Luftart693.‹

Weiter sodann, ihr Mönche: als hätte der Mönch einen Leib auf der Leichenstätte liegen sehn, einen Tag nach dem Tode oder zwei oder drei Tage nach dem Tode, aufgedunsen, blauschwarz gefärbt, in Fäulnis übergegangen, zieht er den Schluß auf sich selbst: ›Und auch dieser Körper ist so beschaffen, wird das werden, kann dem nicht entgehn.‹ Weiter sodann, ihr Mönche: als hätte der Mönch einen Leib auf der Leichenstätte liegen sehn, von Krähen oder Raben oder Geiern zerfressen, von Hunden oder Schakalen zerfleischt, oder von vielerlei Würmern zernagt, zieht er den Schluß auf sich selbst: ›Und auch dieser Körper ist so beschaffen, wird das werden, kann dem nicht entgehn.‹ Weiter sodann, ihr Mönche: als hätte der Mönch einen Leib auf der Leichenstätte liegen sehn, ein Knochengerippe, fleischbehangen, blutbesudelt, von den Sehnen zusammengehalten; ein Knochengerippe, fleischentblößt, blutbefleckt, von den Sehnen zusammengehalten; ein Knochengerippe, ohne Fleisch, ohne Blut, von den Sehnen zusammengehalten; die Gebeine, ohne die Sehnen, hierher und dorthin verstreut, da ein Handknochen, dort ein Fußknochen, da ein Schienbein, dort ein Schenkel, da das Becken, dort Wirbel, da der Schädel694; als hätte er das gesehn, zieht er den Schluß auf sich selbst: ›Und auch dieser Körper ist so beschaffen, wird das werden, kann dem nicht entgehn.‹ Weiter sodann, ihr Mönche: als hätte der Mönch einen Leib [385] auf der Leichenstätte liegen sehn, Gebeine, blank, muschelfarbig; Gebeine, zuhauf geschichtet, nach Verlauf eines Jahres; Gebeine, verwest, in Staub zerfallen; als hätte er das gesehn, zieht er den Schluß auf sich selbst: ›Und auch dieser Körper ist so beschaffen, wird das werden, kann dem nicht entgehn695.‹

So wacht er nach innen beim Körper über den Körper, so wacht er nach außen beim Körper über den Körper, nach innen und außen wacht er beim Körper über den Körper. Er beobachtet wie der Körper entsteht, beobachtet wie der Körper vergeht, beobachtet wie der Körper entsteht und vergeht. ›Der Körper ist da‹: diese Einsicht ist ihm nun gegenwärtig, soweit sie eben zum Wissen taugt, zur Besinnung taugt; und uneingepflanzt verharrt er, und nirgend in der Welt ist er angehangen. So aber, ihr Mönche, wacht der Mönch beim Körper über den Körper.


Wie aber, ihr Mönche, wacht der Mönch bei den Gefühlen über das Gefühl? Da weiß, ihr Mönche, der Mönch wenn er ein Wohlgefühl empfindet ›Ich empfinde ein Wohlgefühl‹, weiß wenn er ein Wehgefühl empfindet ›Ich empfinde ein Wehgefühl‹, weiß wenn er kein Wohl- und kein Wehgefühl empfindet ›Ich empfinde kein Wohl- und kein Wehgefühl‹. Er weiß wenn er ein weltliches Wohlgefühl empfindet ›Ich empfinde ein weltliches Wohlgefühl‹, und weiß wenn er ein überweltliches Wohlgefühl empfindet ›Ich empfinde ein überweltliches Wohlgefühl‹, weiß wenn er ein weltliches Wehgefühl empfindet ›Ich empfinde ein weltliches Wehgefühl‹, und weiß wenn er ein überweltliches Wehgefühl empfindet ›Ich empfinde ein überweltliches Wehgefühl‹, weiß wenn er ein weltliches Gefühl ohne Wohl und Weh empfindet ›Ich empfinde ein weltliches Gefühl ohne Wohl und Weh‹, und weiß wenn er ein überweltliches Gefühl ohne Wohl und Weh empfindet ›Ich empfinde ein überweltliches Gefühl ohne Wohl und Weh‹.

So wacht er nach innen bei den Gefühlen über das Gefühl, so wacht er nach außen bei den Gefühlen über das Gefühl, nach innen und außen wacht er bei den Gefühlen über das Gefühl. Er beobachtet wie die Gefühle entstehn, beobachtet wie die Gefühle vergehn, beobachtet wie die Gefühle entstehn und vergehn. ›Das Gefühl ist da‹: diese Einsicht ist ihm nun gegenwärtig, soweit sie eben zum Wissen taugt, zur Besinnung taugt; und uneingepflanzt verharrt er, und nirgend in der Welt ist er angehangen. So aber, ihr Mönche, wacht der Mönch bei den Gefühlen über das Gefühl.


Wie aber, ihr Mönche, wacht der Mönch beim Gemüte über das Gemüt? Da kennt, ihr Mönche, der Mönch das begehrliche Gemüt als begehrlich und das begehrlose Gemüt als begehrlos, das gehässige Gemüt als gehässig und [386] das haßlose Gemüt als haßlos, das irrende Gemüt als irrend und das irrlose Gemüt als irrlos, das gesammelte Gemüt als gesammelt und das zerstreute Gemüt als zerstreut, das hochstrebende Gemüt als hochstrebend und das niedrig gesinnte Gemüt als niedrig gesinnt, das edle Gemüt als edel und das gemeine Gemüt als gemein, das beruhigte Gemüt als beruhigt und das ruhelose Gemüt als ruhelos, das erlöste Gemüt kennt er als erlöst und das gefesselte Gemüt als gefesselt.

So wacht er nach innen beim Gemüte über das Gemüt, so wacht er nach außen beim Gemüte über das Gemüt, nach innen und außen wacht er beim Gemüte über das Gemüt. Er beobachtet wie das Gemüt entsteht, beobachtet wie das Gemüt vergeht, beobachtet wie das Gemüt entsteht und vergeht. ›Das Gemüt ist da‹: diese Einsicht ist ihm nun gegenwärtig, soweit sie eben zum Wissen taugt, zur Besinnung taugt; und uneingepflanzt verharrt er, und nirgend in der Welt ist er angehangen. So aber, ihr Mönche, wacht der Mönch beim Gemüte über das Gemüt.


Wie aber, ihr Mönche, wacht der Mönch bei den Erscheinungen über die Erscheinungen? Da wacht, ihr Mönche, der Mönch bei den Erscheinungen über das Erscheinen der fünf Hemmungen. Wie aber, ihr Mönche, wacht der Mönch bei den Erscheinungen über das Erscheinen der fünf Hemmungen? Da merkt, ihr Mönche, der Mönch wenn Wunscheswille in ihm ist ›In mir ist Wunscheswille‹, merkt wenn kein Wunscheswille in ihm ist ›In mir ist kein Wunscheswille‹. Er merkt es wenn Wunscheswille sich eben erst entwickelt, merkt es wenn der deutlich gewordene Wunscheswille aufgehoben wird, und merkt es wenn der aufgehobene Wunscheswille künftig nicht mehr erscheint. Er merkt wenn Hassensgroll in ihm ist ›In mir ist Hassensgroll‹, merkt wenn kein Hassensgroll in ihm ist ›In mir ist kein Hassensgroll‹. Er merkt es wenn Hassensgroll sich eben erst entwickelt, merkt es wenn der deutlich gewordene Hassensgroll aufgehoben wird, und merkt es wenn der aufgehobene Hassensgroll künftig nicht mehr erscheint. Er merkt wenn matte Müde in ihm ist ›In mir ist matte Müde‹, merkt wenn keine matte Müde in ihm ist ›In mir ist keine matte Müde‹. Er merkt es wenn matte Müde sich eben erst entwickelt, merkt es wenn die deutlich gewordene matte Müde aufgehoben wird, und merkt es wenn die aufgehobene matte Müde künftig nicht mehr erscheint. Er merkt wenn stolzer Unmut in ihm ist ›In mir ist stolzer Unmut‹, merkt wenn kein stolzer Unmut in ihm ist ›In mir ist kein stolzer Unmut‹. Er merkt es wenn stolzer Unmut sich eben erst entwickelt, merkt es wenn der deutlich gewordene stolze Unmut aufgehoben wird, und merkt es wenn der aufgehobene stolze Unmut künftig nicht mehr erscheint. Er merkt wenn Schwanken in ihm ist ›In mir ist Schwanken‹, merkt wenn kein Schwanken [387] in ihm ist ›In mir ist kein Schwanken‹. Er merkt es wenn Schwanken sich eben erst entwickelt, merkt es wenn das deutlich gewordene Schwanken aufgehoben wird, und merkt es wenn das aufgehobene Schwanken künftig nicht mehr erscheint.

So wacht er nach innen bei den Erscheinungen über die Erscheinungen, so wacht er nach außen bei den Erscheinungen über die Erscheinungen, nach innen und außen wacht er bei den Erscheinungen über die Erscheinungen. Er beobachtet wie die Erscheinungen entstehn, beobachtet wie die Erscheinungen vergehn, beobachtet wie die Erscheinungen entstehn und vergehn. ›Die Erscheinungen sind da‹: diese Einsicht ist ihm nun gegenwärtig, soweit sie eben zum Wissen taugt, zur Besinnung taugt; und uneingepflanzt verharrt er, und nirgend in der Welt ist er angehangen. So aber, ihr Mönche, wacht der Mönch bei den Erscheinungen über das Erscheinen der fünf Hemmungen.

Weiter sodann, ihr Mönche, wacht der Mönch bei den Erscheinungen über das Erscheinen der fünf Stücke des Anhangens. Wie aber, ihr Mönche, wacht der Mönch bei den Erscheinungen über das Erscheinen der fünf Stücke des Anhangens? Da sagt sich, ihr Mönche, der Mönch: ›So ist die Form, so entsteht sie, so löst sie sich auf; so ist das Gefühl, so entsteht es, so löst es sich auf; so ist die Wahrnehmung, so entsteht sie, so löst sie sich auf; so sind die Unterscheidungen, so entstehn sie, so lösen sie sich auf; so ist das Bewußtsein, so entsteht es, so löst es sich auf.‹

So wacht er nach innen bei den Erscheinungen über die Erscheinungen, so wacht er nach außen bei den Erscheinungen über die Erscheinungen, nach innen und außen wacht er bei den Erscheinungen über die Erscheinungen. Er beobachtet wie die Erscheinungen entstehn, beobachtet wie die Erscheinungen vergehn, beobachtet wie die Erscheinungen entstehn und vergehn. ›Die Erscheinungen sind da‹: diese Einsicht ist ihm nun gegenwärtig, soweit sie eben zum Wissen taugt, zur Besinnung taugt; und uneingepflanzt verharrt er, und nirgend in der Welt ist er angehangen. So aber, ihr Mönche, wacht der Mönch bei den Erscheinungen über das Erscheinen der fünf Stücke des Anhangens.

Weiter sodann, ihr Mönche, wacht der Mönch bei den Erscheinungen über das Erscheinen der sechs Innen- und Außenreiche. Wie aber, ihr Mönche, wacht der Mönch bei den Erscheinungen über das Erscheinen der sechs Innen- und Außenreiche? Da kennt, ihr Mönche, der Mönch das Auge und kennt die Formen, und die Verbindung, die sich aus beiden ergibt, auch diese kennt er. Er kennt es wenn die Verbindung eben erst erfolgt, kennt es wenn die erfolgte Verbindung aufgehoben wird, und kennt es wenn die aufgehobene Verbindung künftig nicht mehr erscheint. Er kennt das Ohr und kennt [388] die Töne, und die Verbindung, die sich aus beiden ergibt, auch diese kennt er. Er kennt es wenn die Verbindung eben erst erfolgt, kennt es wenn die erfolgte Verbindung aufgehoben wird, und kennt es wenn die aufgehobene Verbindung künftig nicht mehr erscheint. Er kennt die Nase und kennt die Düfte, und die Verbindung, die sich aus beiden ergibt, auch diese kennt er. Er kennt es wenn die Verbindung eben erst erfolgt, kennt es wenn die erfolgte Verbindung aufgehoben wird, und kennt es wenn die aufgehobene Verbindung künftig nicht mehr erscheint. Er kennt die Zunge und kennt die Säfte, und die Verbindung, die sich aus beiden ergibt, auch diese kennt er. Er kennt es wenn die Verbindung eben erst erfolgt, kennt es wenn die erfolgte Verbindung aufgehoben wird, und kennt es wenn die aufgehobene Verbindung künftig nicht mehr erscheint. Er kennt den Leib und kennt die Tastungen, und die Verbindung, die sich aus beiden ergibt, auch diese kennt er. Er kennt es wenn die Verbindung eben erst erfolgt, kennt es wenn die erfolgte Verbindung aufgehoben wird, und kennt es wenn die aufgehobene Verbindung künftig nicht mehr erscheint. Er kennt das Denken und kennt die Dinge, und die Verbindung, die sich aus beiden ergibt, auch diese kennt er. Er kennt es wenn die Verbindung eben erst erfolgt, kennt es wenn die erfolgte Verbindung aufgehoben wird, und kennt es wenn die aufgehobene Verbindung künftig nicht mehr erscheint.

So wacht er nach innen bei den Erscheinungen über die Erscheinungen, so wacht er nach außen bei den Erscheinungen über die Erscheinungen, nach innen und außen wacht er bei den Erscheinungen über die Erscheinungen. Er beobachtet wie die Erscheinungen entstehn, beobachtet wie die Erscheinungen vergehn, beobachtet wie die Erscheinungen entstehn und vergehn. ›Die Erscheinungen sind da‹: diese Einsicht ist ihm nun gegenwärtig, soweit sie eben zum Wissen taugt, zur Besinnung taugt; und uneingepflanzt verharrt er, und nirgend in der Welt ist er angehangen. So aber, ihr Mönche, wacht der Mönch bei den Erscheinungen über das Erscheinen der sechs Innen-und Außenreiche.

Weiter sodann, ihr Mönche, wacht der Mönch bei den Erscheinungen über das Erscheinen der sieben Erweckungen. Wie aber, ihr Mönche, wacht der Mönch bei den Erscheinungen über das Erscheinen der sieben Erweckungen? Da gewahrt, ihr Mönche, der Mönch wenn Einsicht in ihm munter wird ›In mir wird Einsicht munter‹, und gewahrt wenn Einsicht in ihm nicht munter wird ›In mir wird Einsicht nicht munter‹; er gewahrt es wenn Einsicht eben erst munter wird, und gewahrt es wenn die munter gewordene Einsicht völlig aufgeht. Er gewahrt wenn Tiefsinn in ihm munter wird ›In mir wird Tiefsinn munter‹, und gewahrt wenn Tiefsinn in ihm nicht munter wird ›In mir wird Tiefsinn nicht munter‹; er gewahrt es wenn Tiefsinn eben[389] erst munter wird, und gewahrt es wenn der munter gewordene Tiefsinn völlig aufgeht. Er gewahrt wenn Kraft in ihm munter wird ›In mir wird Kraft munter‹, und gewahrt wenn Kraft in ihm nicht munter wird ›In mir wird Kraft nicht munter‹; er gewahrt es wenn Kraft eben erst munter wird, und gewahrt es wenn die munter gewordene Kraft völlig aufgeht. Er gewahrt wenn Heiterkeit in ihm munter wird ›In mir wird Heiterkeit munter‹, und gewahrt wenn Heiterkeit in ihm nicht munter wird ›In mir wird Heiterkeit nicht munter‹; er gewahrt es wenn Heiterkeit eben erst munter wird, und gewahrt es wenn die munter gewordene Heiterkeit völlig aufgeht. Er gewahrt wenn Lindheit in ihm munter wird ›In mir wird Lindheit munter‹, und gewahrt wenn Lindheit in ihm nicht munter wird ›In mir wird Lindheit nicht munter‹; er gewahrt es wenn Lindheit eben erst munter wird, und gewahrt es wenn die munter gewordene Lindheit völlig aufgeht. Er gewahrt wenn Innigkeit in ihm munter wird ›In mir wird Innigkeit munter‹, und gewahrt wenn Innigkeit in ihm nicht munter wird ›In mir wird Innigkeit nicht munter‹; er gewahrt es wenn Innigkeit eben erst munter wird, und gewahrt es wenn die munter gewordene Innigkeit völlig aufgeht. Er gewahrt wenn Gleichmut in ihm munter wird ›In mir wird Gleichmut munter‹, und gewahrt wenn Gleichmut in ihm nicht munter wird ›In mir wird Gleichmut nicht munter‹; er gewahrt es wenn Gleichmut eben erst munter wird, und gewahrt es wenn der munter gewordene Gleichmut völlig aufgeht.

So wacht er nach innen bei den Erscheinungen über die Erscheinungen, so wacht er nach außen bei den Erscheinungen über die Erscheinungen, nach innen und außen wacht er bei den Erscheinungen über die Erscheinungen. Er beobachtet wie die Erscheinungen entstehn, beobachtet wie die Erscheinungen vergehn, beobachtet wie die Erscheinungen entstehn und vergehn. ›Die Erscheinungen sind da‹: diese Einsicht ist ihm nun gegenwärtig, soweit sie eben zum Wissen taugt, zur Besinnung taugt; und uneingepflanzt verharrt er, und nirgend in der Welt ist er angehangen. So aber, ihr Mönche, wacht der Mönch bei den Erscheinungen über das Erscheinen der sieben Erweckungen.

Weiter sodann, ihr Mönche, wacht der Mönch bei den Erscheinungen über das Erscheinen der vier heiligen Wahrheiten. Wie aber, ihr Mönche, wacht der Mönch bei den Erscheinungen über das Erscheinen der vier heiligen Wahrheiten? Da versteht, ihr Mönche, der Mönch der Wahrheit gemäß ›Das ist das Leiden‹, versteht der Wahrheit gemäß ›Das ist die Leidensentwicklung‹, versteht der Wahrheit gemäß ›Das ist die Leidensauflösung‹, versteht der Wahrheit gemäß ›Das ist der zur Leidensauflösung führende Pfad‹.

Was ist aber, ihr Mönche, die heilige Wahrheit vom Leiden? Geburt ist Leiden, Alter ist Leiden, Krankheit ist Leiden, Sterben ist Leiden, Kummer,[390] Jammer, Schmerz, Gram und Verzweiflung sind Leiden, mit Unliebem verbunden sein ist Leiden, von Liebem getrennt sein ist Leiden, was man begehrt nicht erlangen, das ist Leiden, kurz gesagt: die fünf Stücke des Anhangens sind Leiden. – Was ist nun, ihr Mönche, die Geburt? Der jeweiligen Wesen in jeweilig wesender Gattung Geburt, Gebärung, Bildung, Keimung, Empfängnis, das Erscheinen der Teile, das Ergreifen der Gebiete: das nennt man, ihr Mönche, Geburt. Was ist aber, ihr Mönche, das Alter? Der jeweiligen Wesen in jeweilig wesender Gattung altern und abnutzen, gebrechlich, grau und runzelig werden, der Kräfteverfall, das Abreifen der Sinne: das nennt man, ihr Mönche, Alter. Was ist nun, ihr Mönche, das Sterben? Der jeweiligen Wesen in jeweilig wesender Gattung Hinschwund, Auflösung, Zersetzung, Untergang, Todessterben, Zeiterfüllung, das Zerfallen der Teile, das Verwesen der Leiche: das nennt man, ihr Mönche, Sterben. Was ist aber, ihr Mönche, der Kummer? Was da, ihr Mönche, bei solchem und solchem Verluste, den man erfährt, bei solchem und solchem Unglücke, das einen betrifft, Kummer, Kümmernis, Bekümmerung, innerer Kummer, innere Verkümmerung ist: das nennt man, ihr Mönche, Kummer. Was ist nun, ihr Mönche, der Jammer? Was da, ihr Mönche, bei solchem und solchem Verluste, den man erfährt, bei solchem und solchem Unglücke, das einen betrifft, Klage und Jammer, Beklagen und Bejammern, Wehklage, Wehjammer ist: das nennt man, ihr Mönche, Jammer. Was ist nun, ihr Mönche, der Schmerz? Was da, ihr Mönche, körperlich schmerzhaft, körperlich unangenehm ist, durch körperhafte Berührung schmerzhaft, unangenehm empfunden wird: das nennt man, ihr Mönche, Schmerz. Was ist aber, ihr Mönche, der Gram? Was da, ihr Mönche, geistig schmerzhaft, geistig unangenehm ist, durch gedankenhafte Berührung schmerzhaft, unangenehm empfunden wird: das nennt man, ihr Mönche, Gram. Und was ist, ihr Mönche, die Verzweiflung? Was da, ihr Mönche, bei solchem und solchem Verluste, den man erfährt, bei solchem und solchem Unglücke, das einen betrifft, Verzagen und Verzweifeln, Verzagtsein und Verzweifeltsein ist: das nennt man, ihr Mönche, Verzweiflung. Was ist nun, ihr Mönche, mit Unliebem verbunden sein für Leiden? Was einem da an unerwünschten, unerfreulichen, unangenehmen Formen begegnet, an Tönen, Düften, Säften, Berührungen, Gedanken, oder was einem dabei unförderlich, unfreundlich, unsanft, unversöhnbar vorkommt; damit zusammen, vereinigt, vermengt und vermischt sein: das nennt man, ihr Mönche, mit Unliebem verbunden sein zu Leiden. Was ist aber, ihr Mönche, von Liebem getrennt sein für Leiden? Was einem da an erwünschten, erfreulichen, angenehmen Formen begegnet, an Tönen, Düften, Säften, Berührungen, Gedanken, oder was einem dabei förderlich, freundlich, sanft, versöhnbar vorkommt, als wie Mutter oder Vater, Bruder oder Schwester, Kinder, [391] Freunde und Genossen, Verwandte und Sippen; davon gesondert, geschieden, entfernt und verlassen sein: das nennt man, ihr Mönche, von Liebem getrennt sein zu Leiden. Was ist nun, ihr Mönche, was man begehrt nicht erlangen für Leiden? Die Wesen, ihr Mönche, der Geburt unterworfen, kommt das Begehren an: ›O daß wir doch nicht der Geburt unterworfen wären, daß uns doch keine Geburt bevorstände!‹; aber das kann man durch Begehren nicht erreichen: das nun eben nicht erlangen, was man begehrt, ist Leiden696. Die Wesen, ihr Mönche, dem Alter, der Krankheit, dem Sterben, dem Kummer, Jammer, Schmerz, dem Gram, der Verzweiflung unterworfen, kommt das Begehren an: ›O daß wir doch nicht dem Alter, der Krankheit, dem Sterben, dem Kummer, Jammer, Schmerz, dem Gram, der Verzweiflung unterworfen wären, daß uns doch kein Altern, Kranksein und Sterben, kein Kummer und Jammer und Schmerz, kein Gram und keine Verzweiflung bevorstände!‹; aber das kann man durch Begehren nicht erreichen: das nun eben nicht erlangen, was man begehrt, ist Leiden. Was sind aber, ihr Mönche, kurz gesagt, die fünf Stücke des Anhangens für Leiden? Es ist da ein Stück Anhangen an der Form, ein Stück Anhangen am Gefühl, ein Stück Anhangen an der Wahrnehmung, ein Stück Anhangen an der Unterscheidung, ein Stück Anhangen am Bewußtsein: das nennt man, ihr Mönche, kurz gesagt, die fünf Stücke des Anhangens als Leiden. – Das heißt man, ihr Mönche, heilige Wahrheit vom Leiden.

Was ist aber, ihr Mönche, die heilige Wahrheit von der Leidensentwicklung? Es ist dieser Durst, der Wiederdasein säende, gnügensgierverbundene, bald da bald dort sich ergetzende, ist der Geschlechtsdurst, der Daseinsdurst, der Wohlseinsdurst697.

Dieser Durst nun aber, ihr Mönche, woraus entsteht der und entwickelt sich, wo sucht er sich einzunisten und setzt sich fest? Was in der Welt lieb erscheint, angenehm erscheint, daraus entsteht dieser Durst und entwickelt sich, da sucht er sich einzunisten und setzt sich fest. Was aber in der Welt erscheint lieb, erscheint angenehm? Das Gesicht in der Welt erscheint lieb, erscheint angenehm, daraus entsteht dieser Durst und entwickelt sich, da sucht er sich einzunisten und setzt sich fest. Das Gehör, der Geruch, der Geschmack, das Getast, das Gedenken in der Welt erscheint lieb, erscheint angenehm, daraus entsteht dieser Durst und entwickelt sich, da sucht er sich einzunisten und setzt sich fest.

Die Formen in der Welt erscheinen lieb, erscheinen angenehm, daraus entsteht dieser Durst und entwickelt sich, da sucht er sich einzunisten und setzt sich fest. Die Töne, die Düfte, die Säfte, die Tastungen, die Gedanken in der Welt erscheinen lieb, erscheinen angenehm, daraus entsteht dieser Durst und entwickelt sich, da sucht er sich einzunisten und setzt sich fest.

[392] Das Sehbewußtsein in der Welt erscheint lieb, erscheint angenehm, daraus entsteht dieser Durst und entwickelt sich, da sucht er sich einzunisten und setzt sich fest. Das Hörbewußtsein, das Riechbewußtsein, das Schmeckbewußtsein, das Tastbewußtsein, das Denkbewußtsein in der Welt erscheint lieb, erscheint angenehm, daraus entsteht dieser Durst und entwickelt sich, da sucht er sich einzunisten und setzt sich fest.

Die Sehberührung, die Hörberührung, die Riechberührung, die Schmeckberührung, die Tastberührung, die Denkberührung in der Welt erscheint lieb, erscheint angenehm, daraus entsteht dieser Durst und entwickelt sich, da sucht er sich einzunisten und setzt sich fest. Durch Sehberührung erzeugtes Gefühl in der Welt erscheint lieb, erscheint angenehm, durch Hörberührung erzeugtes Gefühl, durch Riechberührung erzeugtes Gefühl, durch Schmeckberührung erzeugtes Gefühl, durch Tastberührung erzeugtes Gefühl, durch Denkberührung erzeugtes Gefühl in der Welt erscheint lieb, erscheint angenehm, daraus entsteht dieser Durst und entwickelt sich, da sucht er sich einzunisten und setzt sich fest.

Formwahrnehmung in der Welt erscheint lieb, erscheint angenehm, Hörwahrnehmung, Riechwahrnehmung, Schmeckwahrnehmung, Tastwahrnehmung, Denkwahrnehmung in der Welt erscheint lieb, erscheint angenehm, daraus entsteht dieser Durst und entwickelt sich, da sucht er sich einzunisten und setzt sich fest.

Formen verstehn in der Welt erscheint lieb, erscheint angenehm, Töne verstehn, Düfte verstehn, Säfte verstehn, Tastungen verstehn, Gedanken verstehn in der Welt erscheint lieb, erscheint angenehm, daraus entsteht dieser Durst und entwickelt sich, da sucht er sich einzunisten und setzt sich fest.

Formen erdürsten in der Welt erscheint lieb, erscheint angenehm, Töne erdürsten, Düfte erdürsten, Säfte erdürsten, Tastungen erdürsten, Gedanken erdürsten in der Welt erscheint lieb, erscheint angenehm, daraus entsteht dieser Durst und entwickelt sich, da sucht er sich einzunisten und setzt sich fest.

Formen überlegen in der Welt erscheint lieb, erscheint angenehm, Töne überlegen, Düfte überlegen, Säfte überlegen, Tastungen überlegen, Gedanken überlegen in der Welt erscheint lieb, erscheint angenehm, daraus entsteht dieser Durst und entwickelt sich, da sucht er sich einzunisten und setzt sich fest.

Formen erwägen in der Welt erscheint lieb, erscheint angenehm, Töne erwägen, Düfte erwägen, Säfte erwägen, Tastungen erwägen, Gedanken erwägen in der Welt erscheint lieb, erscheint angenehm, daraus entsteht dieser Durst und entwickelt sich, da sucht er sich einzunisten und setzt sich fest698.[393] – Das heißt man, ihr Mönche, heilige Wahrheit von der Leidensentwicklung.

Was ist aber, ihr Mönche, die heilige Wahrheit von der Leidensauflösung? Es ist ebendieses Durstes vollkommen restlose Auflösung, ihn abstoßen, austreiben, fällen, vertilgen.

Dieser Durst nun aber, ihr Mönche, woraus wird der aufgehoben und vertrieben, wo aufgelöst und zerstört? Was in der Welt lieb erscheint, angenehm er scheint, daraus wird dieser Durst aufgehoben und vertrieben, da wird er aufgelöst und zerstört. Was aber in der Welt erscheint lieb, erscheint angenehm? Das Gesicht in der Welt erscheint lieb, erscheint angenehm, daraus wird dieser Durst aufgehoben und vertrieben, da wird er aufgelöst und zerstört. Das Gehör, der Geruch, der Geschmack, das Getast, das Gedenken in der Welt erscheint lieb, erscheint angenehm, daraus wird dieser Durst aufgehoben und vertrieben, da wird er aufgelöst und zerstört.

Die Formen in der Welt erscheinen lieb, erscheinen angenehm, daraus wird dieser Durst aufgehoben und vertrieben, da wird er aufgelöst und zerstört. Die Töne, die Düfte, die Säfte, die Tastungen, die Gedanken in der Welt erscheinen lieb, erscheinen angenehm, daraus wird dieser Durst aufgehoben und vertrieben, da wird er aufgelöst und zerstört.

Das Sehbewußtsein in der Welt erscheint lieb, erscheint angenehm, daraus wird dieser Durst aufgehoben und vertrieben, da wird er aufgelöst und zerstört. Das Hörbewußtsein, das Riechbewußtsein, das Schmeckbewußtsein, das Tastbewußtsein, das Denkbewußtsein in der Welt erscheint lieb, erscheint angenehm, daraus wird dieser Durst aufgehoben und vertrieben, da wird er aufgelöst und zerstört.

Die Sehberührung, die Hörberührung, die Riechberührung, die Schmeckberührung, die Tastberührung, die Denkberührung in der Welt erscheint lieb, erscheint angenehm, daraus wird dieser Durst aufgehoben und vertrieben, da wird er aufgelöst und zerstört. Durch Sehberührung erzeugtes Gefühl in der Welt erscheint lieb, erscheint angenehm, durch Hörberührung erzeugtes Gefühl, durch Riechberührung erzeugtes Gefühl, durch Schmeckberührung erzeugtes Gefühl, durch Tastberührung erzeugtes Gefühl, durch Denkberührung erzeugtes Gefühl in der Welt erscheint lieb, erscheint angenehm, daraus wird dieser Durst aufgehoben und vertrieben, da wird er aufgelöst und zerstört.

Formwahrnehmung in der Welt erscheint lieb, erscheint angenehm, Hörwahrnehmung, Riechwahrnehmung, Schmeckwahrnehmung, Tastwahrnehmung, Denkwahrnehmung in der Welt erscheint lieb, erscheint angenehm, daraus wird dieser Durst aufgehoben und vertrieben, da wird er aufgelöst und zerstört.

[394] Formen verstehn in der Welt erscheint lieb, erscheint angenehm, Töne verstehn, Düfte verstehn, Säfte verstehn, Tastungen verstehn, Gedanken verstehn in der Welt erscheint lieb, erscheint angenehm, daraus wird dieser Durst aufgehoben und vertrieben, da wird er aufgelöst und zerstört.

Formen erdürsten in der Welt erscheint lieb, erscheint angenehm, Töne erdürsten, Düfte erdürsten, Säfte erdürsten, Tastungen erdürsten, Gedanken erdürsten in der Welt erscheint lieb, erscheint angenehm, daraus wird dieser Durst aufgehoben und vertrieben, da wird er aufgelöst und zerstört.

Formen überlegen in der Welt erscheint lieb, erscheint angenehm, Töne überlegen, Düfte überlegen, Säfte überlegen, Tastungen überlegen, Gedanken überlegen in der Welt erscheint lieb, erscheint angenehm, daraus wird dieser Durst aufgehoben und vertrieben, da wird er aufgelöst und zerstört.

Formen erwägen in der Welt erscheint lieb, erscheint angenehm, Töne erwägen, Düfte erwägen, Säfte erwägen, Tastungen erwägen, Gedanken erwägen in der Welt erscheint lieb, erscheint angenehm, daraus wird dieser Durst aufgehoben und vertrieben, da wird er aufgelöst und zerstört. – Das heißt man, ihr Mönche, heilige Wahrheit von der Leidensauflösung.

Was ist aber, ihr Mönche, die heilige Wahrheit von dem zur Leidensauflösung führenden Pfade? Dieser heilige achtfältige Weg ist es, der zur Leidensauflösung führende Pfad, nämlich: rechte Erkenntnis, rechte Gesinnung, rechte Rede, rechtes Handeln, rechtes Wandeln, rechtes Mühn, rechte Einsicht, rechte Einigung. – Was ist nun, ihr Mönche, rechte Erkenntnis? Das Leiden kennen, ihr Mönche, die Entwicklung des Leidens kennen, die Auflösung des Leidens kennen, den zur Auflösung des Leidens führenden Pfad kennen: das nennt man, ihr Mönche, rechte Erkenntnis. Was ist nun, ihr Mönche, rechte Gesinnung? Entsagung sinnen, keinen Groll hegen, keine Wut hegen: das nennt man, ihr Mönche, rechte Gesinnung. Was ist nun, ihr Mönche, rechte Rede? Lüge vermeiden, Verleumdung vermeiden, barsche Worte vermeiden, Geschwätz vermeiden: das nennt man, ihr Mönche, rechte Rede. Was ist nun, ihr Mönche, rechtes Handeln? Lebendiges umzubringen vermeiden, Nichtgegebenes zu nehmen vermeiden, Ausschweifung zu begehn vermeiden: das nennt man, ihr Mönche, rechtes Handeln. Was ist nun, ihr Mönche, rechtes Wandeln? Da hat, ihr Mönche, der heilige Jünger falschen Wandel verlassen und fristet sein Leben auf rechte Weise: das nennt man, ihr Mönche, rechtes Wandeln. Was ist nun, ihr Mönche, rechtes Mühn? Da weckt, ihr Mönche, der Mönch seinen Willen, daß er unaufgestiegene üble, unheilsame Dinge nicht aufsteigen lasse, er müht sich darum, mutig bestrebt, rüstet das Herz, macht es kampfbereit; weckt seinen Willen, daß er aufgestiegene üble, unheilsame Dinge vertreibe, er müht sich darum, mutig [395] bestrebt, rüstet das Herz, macht es kampfbereit; weckt seinen Willen, daß er unaufgestiegene heilsame Dinge aufsteigen lasse, er müht sich darum, mutig bestrebt, rüstet das Herz, macht es kampfbereit; weckt seinen Willen, daß er aufgestiegene heilsame Dinge sich festigen, nicht lockern, weiterentwickeln, erschließen, entfalten, erfüllen lasse, er müht sich darum, mutig bestrebt, rüstet das Herz, macht es kampfbereit: das nennt man, ihr Mönche, rechtes Mühn699. Was ist nun, ihr Mönche, rechte Einsicht? Da wacht, ihr Mönche, der Mönch beim Körper über den Körper, unermüdlich, klaren Sinnes, einsichtig, nach Verwindung weltlichen Begehrens und Bekümmerns; wacht bei den Gefühlen über die Gefühle, unermüdlich, klaren Sinnes, einsichtig, nach Verwindung weltlichen Begehrens und Bekümmerns; wacht beim Gemüte über das Gemüt, unermüdlich, klaren Sinnes, einsichtig, nach Verwindung weltlichen Begehrens und Bekümmerns; wacht bei den Erscheinungen über die Erscheinungen, unermüdlich, klaren Sinnes, einsichtig, nach Verwindung weltlichen Begehrens und Bekümmerns: das nennt man, ihr Mönche, rechte Einsicht. Was ist nun, ihr Mönche, rechte Einigung? Da weilt, ihr Mönche, der Mönch, gar fern von Begierden, fern von unheilsamen Dingen, in sinnend gedenkender ruhegeborener seliger Heiterkeit, in der Weihe der ersten Schauung. Nach Vollendung des Sinnens und Gedenkens erwirkt er die innere Meeresstille, die Einheit des Gemütes, die von sinnen, von gedenken freie, in der Einigung geborene selige Heiterkeit, die Weihe der zweiten Schauung. In heiterer Ruhe verweilt er gleichmütig, einsichtig, klar bewußt, ein Glück empfindet er im Körper, von dem die Heiligen sagen: ›Der gleichmütig Einsichtige lebt beglückt‹; so erwirkt er die Weihe der dritten Schauung. Nach Verwerfung der Freuden und Leiden, nach Vernichtung des einstigen Frohsinns und Trübsinns erwirkt er die Weihe der leidlosen, freudlosen, gleichmütig einsichtigen vollkommenen Reine, die vierte Schauung. Das nennt man, ihr Mönche, rechte Einigung700. – Das heißt man, ihr Mönche, heilige Wahrheit von dem zur Leidensauflösung führenden Pfade.

So wacht er nach innen bei den Erscheinungen über die Erscheinungen, so wacht er nach außen bei den Erscheinungen über die Erscheinungen, nach innen und außen wacht er bei den Erscheinungen über die Erscheinungen. Er beobachtet wie die Erscheinungen entstehn, beobachtet wie die Erscheinungen vergehn, beobachtet wie die Erscheinungen entstehn und vergehn. ›Die Erscheinungen sind da‹: diese Einsicht ist ihm nun gegenwärtig, soweit sie eben zum Wissen taugt, zur Besinnung taugt; und uneingepflanzt verharrt er, und nirgend in der Welt ist er angehangen. So aber, ihr Mönche, wacht der Mönch bei den Erscheinungen über das Erscheinen der vier heiligen Wahrheiten701.

[396] Wer auch immer, ihr Mönche, diese vier Pfeiler der Einsicht sieben Jahre also behaupten kann, dem mag eins von beiden zur Reife gedeihen: Gewißheit bei Lebzeiten oder, ist ein Rest Hangen da, Nichtwiederkehr. Sei es, ihr Mönche, um die sieben Jahre: wer auch immer, ihr Mönche, diese vier Pfeiler der Einsicht sechs Jahre, fünf Jahre, vier Jahre, drei Jahre, zwei Jahre, ein Jahr also behaupten kann, dem mag eins von beiden zur Reife gedeihen: Gewißheit bei Lebzeiten oder, ist ein Rest Hangen da, Nichtwiederkehr. Sei es, ihr Mönche, um das eine Jahr: wer auch immer, ihr Mönche, diese vier Pfeiler der Einsicht sieben Monate also behaupten kann, dem mag eins von beiden zur Reife gedeihen: Gewißheit bei Lebzeiten oder, ist ein Rest Hangen da, Nichtwiederkehr. Sei es, ihr Mönche, um die sieben Monate: wer auch immer, ihr Mönche, diese vier Pfeiler der Einsicht sechs Monate, fünf Monate, vier Monate, drei Monate, zwei Monate, einen Monat, einen halben Monat also behaupten kann, dem mag eins von beiden zur Reife gedeihen: Gewißheit bei Lebzeiten oder, ist ein Rest Hangen da, Nichtwiederkehr. Sei es, ihr Mönche, um den halben Monat: wer auch immer, ihr Mönche, diese vier Pfeiler der Einsicht sieben Tage also behaupten kann, dem mag eins von beiden zur Reife gedeihen: Gewißheit bei Lebzeiten oder, ist ein Rest Hangen da, Nichtwiederkehr702.

›Der gerade Weg, ihr Mönche, der zur Läuterung der Wesen, zur Überwältigung des Schmerzes und Jammers, zur Zerstörung des Leidens und der Trübsal, zur Gewinnung des Rechten, zur Verwirklichung der Erlöschung führt, das sind die vier Pfeiler der Einsicht‹: wurde das gesagt, so war es darum gesagt.«


Also sprach der Erhabene. Zufrieden freuten sich jene Mönche über das Wort des Erhabenen.

Quelle:
Die Reden Gotamo Buddhos. Bd. 2, Zürich/Wien 31957, S. 382-397.
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