[211] Ein Anhänger:
915
Den Sonnenhelden frag' ich, wie allein man sei,
Den hohen Seher um den Friedenspfad:
In welchem Anblick ist erloschen hin der Mönch,
Nicht angehangen irgend mehr der Welt.
Der Herr:
916
Das Wurzeln hier im Sondern, Unterscheiden,
»Ich bin's, der denkt«, muß gänzlich sein entrodet,
Ein jedes Dürsten seiner Brust
Entfremden muß man lernen immer klargemut.
Was immer für ein Ding man auch bedenke,
Ob innen, ob es außen sei erschienen,
Verweilen darf man nicht dabei:
Nicht anders kann man, sagen Gute, selig sein.
Nicht edler dünken sich darum,
Geringer nicht, und auch nicht gleich;
Von gar so manchem gern befragt
Mag über sich man keinem Rede stehn.
In sich nur kann Beschwichten sein,
Bei anderm Frieden suchen wird kein Mönch;
In sich beschwichtet wer da ward,
Wo fänd' er Eigen, wo Uneigen je?
[212] 920
Dem Meere gleich auf hoher See,
Wann keine Woge durch die Stille wallt:
In solcher Stille mag er stehn,
Empor als Mönch nie wieder wallen irgendwo.
Der Anhänger:
Erschlossen hat uns offner Seherblick
Die sichre Satzung, über Klippen hin den Steg:
O laß', Erlauchter, uns den Pfad verstehn
Um rein zu wandeln, Einkehr finden so.
Der Herr:
922
Das Auge schweife nicht umher,
Gemeiner Rede sei das Ohr entrückt,
Es mag verlocken kein Geschmack,
Als »mein« bedünken nichts mehr in der Welt.
923
Gerührt auch von Berührung an,
Darum bekümmern soll sich kein Asket,
Nach Dasein, wie es immer sei, nicht seufzen mehr:
Wo andern bange wird erbebt er nicht.
924
Wo Speise, Trank man spendet aus,
Die Atzung darreicht und den Rock:
Was not ist wird er nehmen an,
Auch übergangen weiterwandern ohne Angst.
Der Schauung treu, kein Schwärmer sein,
Vertreiben Unmut unermüdlich stark,
Verweilen soll er, suchen Lagerstatt
An lärmverlornen Orten auf, der Mönch.
[213] 926
Kein langer Schlaf umfängt ihn mehr,
Beharren wird er wachsam gern,
Wird Schwäche, Schwindel, Scherz und Spiel,
Die Paarung lassen und ihr Putzwerk auch.
Nicht Zauberwerk und Traum und Vorgesicht
Bespricht er, und kein Sternenbild;
Kein Loblied singt er, segnet keinen Bund,
Und wird als Arzt nicht umgehn, wer mir folgt.
928
Im Tadel unerregbar sein,
Gepriesen darf der Mönch frohlocken nicht;
Begehren, unzufriedner Sucht
Entsagt er, so dem Zorn und Afterwort.
929
Bei Kauf und Verkauf sei er fern,
Es darf kein Schimpflaut einem Mönch entschlüpfen je;
Im Dorfe heft' er sich nicht an,
Um keine Gabe darf er bitten Leute dort.
Nicht soll der Mönch Erzähler sein,
Kein Wort verwenden mag er um Erwerb,
Die dreiste Miene meiden gern,
Und feindlich führen wird er kein Gespräch.
931
Der Lügenkunst, er weich' ihr aus,
Besonnen sei er ohne Falsch gewahr;
Und nicht um Leben, Wissen nicht,
Verachten wird er andre nicht um Tugendwerk.
932
Vernommen stört da manches Wort,
Gewöhnlich wie Asketen kund es tun;
Erwidern wird er keinem heftig mehr:
Denn Stillgemute widerstreiten nicht.
[214] Der Anhänger:
933
Wer solche Satzung eingesehn,
Um die als Mönch zu prüfen immer klargemut,
In Ruhe Seligsein erkennt:
Der Weisung Gotamos vergessen kann er nie.
Als Überwinder blickt er, überwunden nicht,
In sich bezeugte, keiner Sage Satzung an:
Der Weisung also des erhabnen Herrn gemäß
Um unermüdlich immer treu zu folgen nach.
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