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[1245] Ruta ligure, 14. Oktober 1886
Hochverehrter Herr, inzwischen habe ich mir die Freiheit genommen, einer alten Liebe und Gewohnheit gemäß, Ihnen mein letztes Buch zu übersenden; mindestens bekam mein Verleger Naumann den Auftrag dazu. Vielleicht geht dies Buch mit seinem Fragezeichen-Inhalte wider Ihren Geschmack: vielleicht nicht seine Form. Wer sich ernsthaft und mit herzlicher Neigung um die deutsche Sprache bemüht hat, wird mir schon einige Gerechtigkeit widerfahren lassen[1245] müssen: es ist etwas, so sphinxartige und stummgeborene Probleme, wie die meinen sind, zum Reden zu bringen. –
Im letzten Frühling bat ich meine alte Mutter, mir Ihr Sinngedicht vorzulesen, – und wir beide haben Sie dafür aus vollem Herzen gesegnet (auch aus vollem Halse: denn wir haben viel gelacht): so rein, frisch und körnig schmeckte uns dieser Honig. –
Mit dem Ausdruck treuer Anhänglichkeit und Verehrung
Ihr Prof. Dr. Friedrich Nietzsche
Ausgewählte Ausgaben von
Briefe
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