5. Konfuzius bei Laotse

[278] Ein Schüler des Lau Dan war in den Wald gegangen, um Brennholz zu holen. Da begegnete er dem Kung Dsï.

Als er heimkam, erzählte er es dem Lau Dan und sprach: »Ich traf da einen Mann mit langem Oberleib und kurzen Beinen. Er ist ein wenig bucklig, und seine Ohren stehen weit zurück. Er sieht aus, als ob er mit der ganzen Welt zu tun hätte. Ich weiß nicht, wes Menschen Sohn er ist.«

Lau Dan sagte: »Das ist der Kung Kiu. Hol ihn mal her!«

Kung Dsï erschien.

Da sprach er zu ihm: »Kiu, du mußt deine anmaßenden Manieren und deine weisen Mienen dir abgewöhnen, damit du wirklich ein anständiger Mensch wirst.«

Kung Dsï verneigte sich und trat zurück. Dann fragte er mit betretenen Mienen: »Kann ich die Einfalt erreichen?«

Lau Dan sprach: »Du bist nicht imstande, die Leiden eines Geschlechts zu tragen, und gibst dich eigensinnig mit den Schmerzen von tausend Geschlechtern ab. Bist du wirklich von Natur so unbegabt, oder hast du deine Fassungskraft verloren, daß du das nicht einsiehst? Durch Wohltaten Menschen überzeugen zu wollen, ist Eigensinn und eine lebenslange Schmach. Auf diese Weise suchen sich gemeine Menschen ihren Weg zu bahnen, indem sie die andern verlocken durch Namen und Titel und sie an sich ketten durch Dinge, die das Licht scheuen. Statt daß man den Erzvater Yau lobt und den Tyrannen Gië verurteilt, wäre es besser, sie beide zu vergessen und sein Lob bei sich zu behalten. Alles Nachdenken führt nur zum Schaden; alles Handelnwollen führt nur zu Verkehrtheit. Der Berufene läßt sich nur gezwungen auf äußere Handlungen ein; aber was er anfängt, das gelingt. Aber was soll man zu einem Menschen sagen, der sich in solcher Selbstüberhebung befindet?«

Quelle:
Dschuang Dsï: Das wahre Buch vom südlichen Blütenland. Düsseldorf/Köln 1972, S. 278-279.
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