Verstümmelung

[524] Verstümmelung (Mutilatio), eine Beschädigung des Körpers, wodurch ein Theil desselben ganz verloren geht. Als Verbrechen fällt sie, wenn sie wider Andere begangen wird, unter den Begriff der Körperverletzung; über Selbstverstümmelung s.d. Als eine besondere Art der V. hebt die Carolina die Unfähigmachung zur Kindererzeugung (Procuratio sterilitatis) hervor u. bedroht dieselbe als eine sich an das Verbrechen der Tödtung anschließende, die Vermehrung der Bevölkerung gemeingefährlich hindernde Hemmung des Zeugungs- u. Gebährungsvermögens mit der Todesstrafe. Auch der Code Napoléon zählt das Verbrechen noch als eine besondere Kategorie auf u. droht demselben die gleiche Strafe, wenn der Tod des Betroffenen dadurch veranlaßt wurde, außerdem wenigstens lebenslängliche Zwangsarbeit. Die anderen neueren Legislationen enthalten eine solche Aufstellung nicht. Die V. von öffentlichen Monumenten, Statuen u. Zierrathen zieht nach dem Französischen Gesetzbuch einen Monat bis zwei Jahre Gefängniß u. Geldstrafe von 100–500 Fr. nach sich; nach den deutschen Criminalgesetzbüchern fällt eine solche V. meist unter das Verbrechen der muthwilligen Beschädigung fremden Eigenthums. Als Strafe findet sich die V. bei den meisten rohen Völkern, u. selbst die Carolina kennt noch eine ziemlich häufige Anwendung solcher verstümmelnder Strafen, wie z.B. das Ausschneiden der Zunge, das Abhauen der Hand od. der Finger, das Abschneiden der Ohren; in den neueren Criminalgesetzbüchern dagegen sind diese Strafen als mit dem Zwecke der Strafe in Widerspruch stehend beseitigt.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 18. Altenburg 1864, S. 524.
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