Dienstgeheimnis

[343] Dienstgeheimnis (secret; secret; segreto), Amtsverschwiegenheit, Geheimhaltung der Wahrnehmungen im Dienste. Die Wahrung des D. ist nach den Vorschriften aller Bahnverwaltungen eine der wichtigsten Dienstpflichten. Kein Beamter darf über das, was amtlich zu seiner Kenntnis kommt, an dritte Personen Mitteilung oder gar etwas öffentlich bekanntmachen. So sind insbesondere Mitteilungen an Privatpersonen, Beamte oder andere Behörden aus den Akten, aus Plänen, Rechnungen und anderen amtlichen, nicht für die Öffentlichkeit bestimmten Schriftstücken oder über sonstige dienstliche Anordnungen und Vorkommnisse ohne besondere Ermächtigung der vorgesetzten Behörde durchaus unzulässig. Zuwiderhandlungen werden nach der Größe der begangenen Pflichtverletzung mit verhältnismäßiger Geldstrafe oder mit Entfernung aus dem Dienste im Disziplinarwege geahndet.

Bei Mitteilungen über das Eisenbahnwesen, die in militärischer Hinsicht von Interesse sein könnten, ist mit der größten Vorsicht zu verfahren. Die für Zwecke der militärischen Benutzung der Eisenbahnen im Kriege mitwirkenden Personen haben in allen derartigen Angelegenheiten unbedingt Amtsverschwiegenheit zu beobachten und die in ihren Händen befindlichen Schriftstücke, Pläne u. dgl. geheim zu halten.

Es ist ferner durch die verschiedenen Zivil- und Strafprozeßordnungen bestimmt, daß Beamte, auch wenn sie nicht mehr im Dienste sind, über Umstände, auf die sich ihre Pflicht zur Amtsverschwiegenheit bezieht, als Zeugen nur mit Genehmigung ihrer vorgesetzten oder der ihnen zuletzt vorgesetzt gewesenen Dienstbehörde vernommen werden dürfen. Diese Genehmigung darf allerdings nur versagt werden, wenn die Ablegung des Zeugnisses dem Wohle des Staates Nachteil bereiten[343] würde. Ebenso darf die Vernehmung eines öffentlichen Beamten als Sachverständiger nicht stattfinden, wenn die vorgesetzte Behörde des Beamten erklärt, daß die Vernehmung den dienstlichen Interessen entgegenstehen würde.

Das D. umfaßt schließlich auch das Depeschengeheimnis. So werden Telegraphenbeamte oder andere mit der Beaufsichtigung und Bedienung einer zu öffentlichen Zwecken dienenden Telegraphenanstalt betraute Personen sogar strafrechtlich verfolgt und mit Gefängnis bestraft, wenn sie die der Telegraphenanstalt anvertrauten Depeschen in anderen als in den gesetzlich vorgesehenen Fällen eröffnen, unterdrücken oder von ihrem Inhalte Dritte rechtswidrig benachrichtigen oder einem anderen wissentlich eine solche Handlung gestatten oder ihm dabei wissentlich Hilfe leisten.

Die Pflicht zur Wahrung des D. besteht nicht nur während der Dauer des Dienstver hältnisses, sondern dauert nach den Bestimmungen fast sämtlicher Bahnverwaltungen auch nach der Versetzung in den Ruhestand, ja sogar nach der strafweisen Entlassung aus dem Dienste fort.

Seydel.

Quelle:
Röll, Freiherr von: Enzyklopädie des Eisenbahnwesens, Band 3. Berlin, Wien 1912, S. 343-344.
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