Mariazellerbahn

[244] Mariazellerbahn. Die Fortsetzung der 31∙3 km langen Schmalspurbahn (Spurweite 0∙76 m) von St. Pölten nach Kirchberg (Niederösterreich) ist die mit gleicher Spurweite ausgeführte Bahn von Kirchberg (372 m ü. M.) über Laubenbachmühle (533∙5 m), Gösing (889∙5 m), Mariazell Wallfahrtsort (849 m) nach Mariazell Gußwerk (742 m) mit rd. 60∙0 km Länge (die Betriebslänge ist in den Fahrplänen mit 78 km angegeben), die bei Mitterbach 48∙7 km von Kirchberg entfernt in das Kronland Steiermark eintritt (s. Abb. 292). Die Bahn ist Eigentum des Landes Niederösterreich und wird von der Direktion der Landesbahnen betrieben.

Die Größtsteigungen bewegen sich auf den einzelnen Teilstrecken von 15–25, die[244] kleinsten Krümmungshalbmesser betragen 90 m. Der längste Tunnel ist der Gösing-Tunnel mit 2368 m Länge; dessen höchster Punkt 891∙6 m ü. M. liegt. Der Sohlstollen wurde z. T. mit elektrischen Bohrmaschinen aufgefahren, wobei 3∙6 m/Tag mittlerer und 5∙0 m/Tag Größtfortschritte im Triaskalk, Sandstein und dolomitischen Kalk erzielt wurden. Außerdem waren etwa 16 kleinere Tunnel mit rd. 1320 m Länge erforderlich. Der Oberbau besteht aus 12 m langen Schienen von 21∙8 kg/m Gewicht, die durch je 16 Schwellen von 1∙8 m Länge, in den Bögen aus Eichen- und Lärchenholz, in den Geraden aus Fichtenholz unterstützt werden. Zwischen Kirchberg und Gußwerk sind 19 Zwischenstationen und Haltestellen angeordnet. Die Bahn wurde anfänglich mit Dampflokomotiven, vom 1. Oktober 1911 an elektrisch (Einphasen-Wechselstrom von 25 Perioden und 6000 Volt Fahrdrahtspannung, 25.000 Volt Speisespannung) betrieben. Der Strom wird von dem Elektrizitätswerk bei Wiener-Bruck und Trübenbach (Wasserkraftanlage) geliefert, außerdem dient ein mit Dieselmotoren betriebenes Werk in St. Pölten als Reserve.

Die Teilstrecke Kirchberg-Laubenbach wurde Anfang August 1905, die beiden Strecken Laubenbach-Gösing und Gösing-Mariazell-Gußwerk wurden am 1. Mai und 1. Juli 1907 dem Betrieb übergeben. Die Fahrgeschwindigkeit bei Dampfbetrieb betrug 30 km/Std.; bei elektrischem Betrieb 45 km/Std.

Die elektrischen Lokomotiven haben 2 dreiachsige Drehgestelle, daher 6 Triebachsen und 2 Antriebe mit je 250 PS/Std. und 45 t Dienstgewicht.

Die Kosten der rd. 60 km langen Bahn betrugen ohne die elektrischen Einrichtungen rd. 12 Mill. K; auf den Gösingtunnel entfallen hiervon 1∙5 Mill. K.

Über die Kosten der elektrischen Anlagen und des elektrischen Betriebs s. Literatur: Bericht Hruschka.

Literatur: Bahn nach Mariazell. Organ 1910. – Elektrische Gebirgsbahn St. Pölten-Mariazell. Elektr. Kraftbetr. und Bahnen. 1910. – Hruschka, Bericht betreffend die Frage der elektrischen Zugförderung; Bulletin d. Int. Eis.-Kongr.-Verb. 1910. – Kratochwil, Le chemin de fer Mariazell. Rev. gén. d. chem. 1913. – R. Baecker, Die Mariazellerbahn. Österr. Wschr. f. öff. Bdst. 1913.

Dolezalek.

Abb. 292.
Abb. 292.
Quelle:
Röll, Freiherr von: Enzyklopädie des Eisenbahnwesens, Band 7. Berlin, Wien 1915, S. 244-245.
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