Stationsglocke

[148] Stationsglocke (station bell; cloche de la station; campana della stazione), eine am Stationsgebäude auf der Bahnsteigseite angebrachte Glocke, die in der ersten Zeit der Entwicklung des Eisenbahnwesens zur Bekanntgabe von Signalen an die Reisenden diente, die aber heute kaum noch verwendet wird. Früher, als die Regeln für die Handhabung des Fahrdienstes und für die Anlage und Absperrung der Bahnsteige nur unvollkommen ausgebildet waren, hielt man die S. für nötig, um die Reisenden auf die Annäherung eines Zuges aufmerksam zu machen, um ihnen den Zeitpunkt bekanntzugeben, von dem ab die Wagen bestiegen werden durften und von dem ab dies der bevorstehenden Abfahrt wegen verboten war. In der Regel bedeutete ein kurzes Läuten der S. und ein daran anschließender kräftiger Glockenschlag: die Abfahrt des Zuges naht, Erlaubnis zum Einsteigen; zwei Glockenschläge: Aufforderung zum Einsteigen; drei Glockenschläge: Abfahrt, Verbot des Einsteigens. Auch zur Bekanntgabe der Schalteröffnung oder zum Weckruf bei Feuersgefahr wurde die S. benutzt. Auf den deutschen Eisenbahnen ist die S. bei Einführung der Signalordnung vom 1. Januar 1893 und später auch in Österreich beseitigt worden, auf den englischen Eisenbahnen ist sie nie eingeführt gewesen. Wo heute noch ein Bedürfnis besteht, vor Gefahr zu warnen oder zum Einsteigen aufzufordern, geschieht dies durch Zuruf oder durch Läuten mit einer Handglocke. Da der mit der Handglocke ausgerüstete Bedienstete sich an die[148] Stelle begeben kann, an der die Reisenden gewarnt oder aufmerksam gemacht werden sollen, neben dem Läuten mit der Glocke auch jederzeit Zurufe möglich sind, so wird hierdurch der beabsichtigte Zweck besser erreicht als durch den Gebrauch der S.

Breusing.

Quelle:
Röll, Freiherr von: Enzyklopädie des Eisenbahnwesens, Band 9. Berlin, Wien 1921, S. 148-149.
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