Wegsignale

[298] Wegsignale (route-indicating signals; signaux de direction; segnali indicatore del percorso) sind Hauptsignale, die zur Kennzeichnung von Fahrwegen dienen, soweit diese nicht am Ein- oder Ausfahrsignal angezeigt werden.

Auf den deutschen Bahnen können an einem Hauptsignalmast als Tagsignal 1–3 Flügel und für die Dunkelheit ebensoviele Laternen angebracht werden. Damit lassen sich bis zu 3 aus einem Gleis verzweigende Fahrwege kennzeichnen. Sollen mehr als 3 solche Einfahrwege durch Signale kenntlich gemacht werden, so sind nach der für die früheren preußisch-hessischen Bahnen gültigen Anweisung für das Entwerfen von Eisenbahnstationen W. anzuordnen. Sie können je nach der Gleisanlage entweder als einflügelige Signale für jeden Fahrweg hinter den einzelnen Verzweigungsweichen in einer Querreihe (Abb. 130) oder staffeiförmig als zwei- oder dreiflügelige Signale vor den Verzweigungsweichen auf gestellt werden (Abb. 131). Die Ablenkung vom durchgehenden Hauptgleis ist im ersten Fall stets am Einfahrsignal anzuzeigen.

Zwischen den Einfahr- und den W. wird eine Abhängigkeit geschaffen in der Weise, daß der Einfahrsignalhebel erst nach Umlegen des Wegsignalhebels umgelegt werden kann, daß aber die beiden Hebel in beliebiger Reihenfolge zurückgelegt werden, können.

Nach den österreichischen Signalvorschriften dienen die W. dazu, in besonderen Fällen Fahrstraßen zu bezeichnen, die nicht schon durch das Einfahr- oder Ausfahrsignal gekennzeichnet sind; sie müssen mit den Weichen und Einfahr- bzw. Ausfahrsignalen in Abhängigkeit stehen. In der Grundstellung haben die W. »Halt« zu zeigen.

Auf den französischen Bahnen sind W. in Gebrauch, die aus violett gestrichenen, an einem Ende schwalbenschwanzförmig ausgeschnittenen Flügeln bestehen. Es werden 4 und mehr Flügel an einem Mast untereinander angebracht. Sie können 2 Stellungen einnehmen, die wagerechte, die die Fahrt verbietet,[298] und eine nach unten geneigte Stellung, die anzeigt, daß ein bestimmter Fahrweg eingestellt ist. Ist an einem solchen mehrflügeligen W. der oberste Flügel nach unten geneigt, so bedeutet das, daß die Fahrstraße für das erste von links gerechnete Gleis eingestellt ist. Die anderen Flügel stehen dabei wagerecht. Bei Einstellung der Fahrstraße für das zweite Gleis von links steht der zweite Flügel, von oben gerechnet, in geneigter Stellung, während die übrigen Flügel in wagerechter Stellung verbleiben u.s.w. Bei Dunkelheit zeigt der wagerechtstehende Flügel in der Mitte einen violetten Längsstreifen; die geneigten Flügel zeigen im allgemeinen einen weißen und, wenn die Weiche mit verminderter Geschwindigkeit befahren werden soll, einen grünen Lichtstreifen. Die Beleuchtung des aus Glas gebildeten mittleren Teiles des Flügels erfolgt durch Spiegelung.

In weitem Umfang werden in England die Fahrwege durch besondere W. angezeigt. Meistens wird für jeden Fahrweg ein Flügel an einem besonderen Mast angebracht. Die Maste stehen nebeneinander, in der Regel auf einer Signalbrücke. Auf großen Bahnhöfen finden sich zur Kennzeichnung der Fahrwege auch einflügelige Signale in Verbindung mit Nummernscheiben, die unterhalb des Signalflügels bei Fahrtstellung erscheinen (s. Fahrstraßenanzeiger, Bd. V, S. 22). Auch auf den belgischen Bahnen wird von den Nummernscheiben zur Bezeichnung der Fahrwege Gebrauch gemacht. Die Signale selbst zeigen dabei vielfach die Form der Kandelabersignale. Die Bezeichnung der Fahrwege durch nebeneinander stehende einflügelige Signale auf Kandelaberstützen sehen auch die neuen niederländischen Signalvorschriften vor. Die Signale für die mit höchstens 45 km Geschwindigkeit zu befahrenden Ablenkungen sind dabei niedriger als die übrigen.

Die Frage, ob W. notwendig sind, wird für die deutschen Bahnen vielfach verneint. Bei der weitgehenden Sicherung der Fahrstraßen, wie sie auf den deutschen Bahnen üblich ist, genügt es für den Lokomotivführer nach Ansicht mancher Betriebstechniker, wenn am Einfahrsignal gezeigt wird, ob die Fahrt durch das durchgehende Gleis oder für die Ablenkung erlaubt ist. Die Verantwortung dafür, daß die richtige Fahrstraße eingestellt ist, liegt beim Fahrdienstleiter und Stellwerkwärter. Das auf dem Bahnhof tätige Personal, insbesondere Rangierer und Aufsichtsbeamte, kann über den Fahrweg, den ein auf Ablenkung einfahrender Zug einschlagen wird, durch Einrichtungen unterrichtet werden, die viel weniger Kosten verursachen, als die Aufstellung von W.

Hoogen.

Abb. 130. Querreihenstellung einflügeliger Wegsignale.
Abb. 130. Querreihenstellung einflügeliger Wegsignale.
Abb. 131. Staffelförmige Stellung mehrflügeliger Wegsignale.
Abb. 131. Staffelförmige Stellung mehrflügeliger Wegsignale.
Quelle:
Röll, Freiherr von: Enzyklopädie des Eisenbahnwesens, Band 10. Berlin, Wien 1923, S. 298-299.
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