Alrunen

[30] Alrunen (Germ. M.), weissagende Frauen, denen die alten Germanen priesterliche Würden zuerkannten und die höchste Ehrfurcht bewiesen. Der gothische Geschichtschreiber Jornandes erzählt, um den Ursprung des Hunnen-Volkes zu erklären, Folgendes: »Der gothische König Filimer fand unter seinem Volke gewisse Zauber-Weiber, die er selbst in der Sprache seines Volkes Aliorumnen nannte;« (Andere lesen Aliorunen) »und da sie ihm verdächtig waren, so verwies er sie aus der Mitte des Volkes, jagte sie weit vom Heere hinweg und zwang sie, in der Einöde herumzuirren. Und da nun die Waldmenschen, die man Feigen-Faunen nennt, sie in der Wüste umherschweifend fanden und sich zu ihnen gesellten, so brachten sie dieses entsetzlichste Geschlecht von Menschen hervor.« Mit dieser ältesten Spur, die einen ähnlichen Namen wie Alrune enthält, stellen nun Andere die Aurinia zusammen, von welcher Tacitus in seiner Germania sagt: »Wir haben unter der Regierung Vespasians Weleda gesehen, die lange allgemein wie eine Gottheit verehrt wurde. Aber auch früher schon haben die Germanen Aurinia und mehrere andere Weiber verehrt, nicht aus Schmeichelei, und nicht als ob sie sie zu Göttinnen machten.« Nun ist es aber eines Theils nicht so ganz klar, dass in dem Namen Aurinia der Name Alrune versteckt sei, andern Theils scheint die Aurinia des Tacitus Eigen-Name einer bestimmten Person, nicht Benennung einer ganzen Classe von Frauen zu sein.

Quelle:
Vollmer, Wilhelm: Wörterbuch der Mythologie. Stuttgart 1874, S. 30.
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