Arion

[66] Arion (Gr. M.),

1) ein ausgezeichneter Citherspieler aus Methymna auf Lesbos, der sich durch seine seltenen Sänger- und Dichter-Gaben auf weiten Reisen grosse Reichthümer erwarb, Liebling des Tyrannen Periander von Corinth, bei dem er lange verweilte, worauf er, um seine Kunst in weitern Kreisen hören zu lassen, Italien und Sicilien durchzog. Auf der Rückkehr machten seine Schätze die Schiffer lüstern, und sie beschlossen, ihn umzubringen. A., wohl sehend, dass Bitten sein Leben nicht fristen würden, forderte nur noch von ihnen, dass sie ihm gestatteten, ein Lied zum Abschiede von dem Leben zu singen. Diess wurde ihm gewährt; er trat an das Vordertheil des Schiffes, rührte seine Lyra und sang so schön, dass die Delphine herzukamen und das Schiff umschwärmten. Dieses hatte er gehofft: er vertraute sich den menschenfreundlichen Thieren, indem er sich raschen Sprunges in das Meer warf. Ein Delphin nahm ihn auf seinen Rücken und trug ihn sicher und wohlbehalten zu dem Vorgebirge Tänarus, von wo er nach Corinth ging. Als die Schiffer ebenfalls dort ankamen, fragte sie der König nach A.; während sie vorgaben, er sei wohlbehalten in Tarent zurückgeblieben, trat der hinter einem Vorhang bis dahin verborgene Sänger vor sie, und von der siegenden Gewalt der Wahrheit überwunden, gestanden sie ihr Verbrechen ein, worauf Periander sie kreuzigen liess. A. liess darauf auf dem Vorgebirge, wo er gelandet hatte, in der Nähe des Tempels des Neptun, als Denkmal an diese Begebenheit einen von Erz gegossenen Delphin errichten, der einen Mann auf dem Rücken trug.

2) A., ein berühmtes Pferd, welches Adrast zuletzt besass, dem es in dem berühmten Kriege der sieben Helden vor Theben das Leben rettete. Diess Thier war von Neptun und Ceres erzeugt, indem diese jenem Gotte in Gestalt einer Stute entgehen wollte, worauf er selbst sich in ein Ross verwandelte.

Quelle:
Vollmer, Wilhelm: Wörterbuch der Mythologie. Stuttgart 1874, S. 66.
Lizenz:
Faksimiles: