Arkona

[67] Arkona (Nord. M.), eine uralte, stark befestigte Burg auf dem nordöstlichsten Vorgebirge der Insel Rügen, Hauptsitz des Götterdienstes der Ranen, eines slavischen Volksstammes, der die Insel Rügen bewohnte. Hier befand sich der grösste Tempel ihres Hauptgottes, des Swantewit. Von der ungemeinen Festigkeit der Burg zeugen noch jetzt, nachdem sie schon seit dem J. 1168 zerstört ist, die Ueberbleibsel der Erdwälle, und doch waren diese nur die äusserste Circumvallation; ihr folgte noch eine mächtige Steinmauer und darauf eine hölzerne, fast unübersteigliche Wand. Letztere ist bei der endlichen Zerstörung durch König Waldemar I. von Dänemark und den Bischof Absalom von Roskild verbrannt, die Mauer zertrümmert und die Erdhügel ab- und darüber hingetragen worden. Ein hohes Dach, von breiten Pfeilern getragen, umschloss das Heiligthum, welches aus vier Balken bestand, die mit Teppichen umspannt waren, in deren Mitte sich das riesige, hölzerne Bild des vierköpfigen Swantewit erhob. Die Burg selbst war die Wohnung des Oberpriesters, der andern Götzenpriester, des heiligen Rosses und der Besatzung; ein starker Tempelschatz hatte sich daselbst angehäuft, indem der dritte Theil aller Kriegsbeute dem Gotte zukam, von jedem Bewohner jährlich ein Kostgeld erhoben wurde, jeder Beherrscher des Reichs, so wie der Nachbarvölker, bei dem Antritte seiner Regierung ein Geschenk geben musste, die Völker, zu denen die Ranen erobernd kamen, stark besteuert wurden, und eine heilige Schaar von 300 Reitern ganz allein dem Gotte bestimmt war, und Alles, was sie raubte oder eroberte, ihm gehörte und vom Oberpriester bewahrt wurde. Diess erklärt, wie es möglich war, dass Waldemar nach Eroberung der Burg aus dem Tempelschatze zwölf christliche Kirchen auf Rügen erbauen konnte. - Das Vorgebirge A. gehört jetzt in das Kirchspiel Altenkirchen auf der Halbinsel Wittow, welche durch die sandige Landenge Schabe mit der Halbinsel Jasmund, und mittelst dieser auch mit der eigentlichen Insel Rügen zusammenhängt. Unter dem Volke geht die Sage, dass von Zeit zu Zeit das Bild der zerstörten Burg auf den Wellen des Meeres erscheine. Dieser Volksglaube hat mehreren deutschen Dichtern Stoff zu sehr anmuthigen Gedichten von einer versunkenen Stadt gegeben.

Quelle:
Vollmer, Wilhelm: Wörterbuch der Mythologie. Stuttgart 1874, S. 67.
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