Frigg

[209] Frigg oder Frigga (Nord. M.), Tochter des Joten Fiörgynur, und Odins Gattin; die meisten Asen sind ihre Kinder oder Enkel. In Asgard wohnt sie in einem prächtigen Palast, der Fensaler heisst, umgeben von vielen der vornehmsten Asinnen, deren eine jedoch ausschliesslich ihr Vertrauen hat, das ist die liebliche Fylla, welche ihr Schmuckkästchen in Verwahrung hat, ihres Anzuges wartet, und ihrem geheimen Rath vorsteht; ihre Botin ist Gna, welche sie zu Göttern und Menschen mit ihren Befehlen und Aufträgen sendet, und Hlyn wird von ihr gebraucht, um Unglückliche aus Gefahren zu erretten. F. ist die oberste der Asinnen, der alle andern Verehrung bezeigen, welche sie als Mutter des Thor, Balder, Braga, Hermode und Tyr mit doppeltem Rechte verdient, denn diese starken und mächtigen Götter allein können dereinst die Welt vor dem Untergange durch Muspelheims Bewohner eine Zeit lang wahren. - F. schaut in die fernsten Tiefen der fernen Zukunft, offenbart jedoch Niemand, was sie weiss. Als ihr Sohn Baldur einst von bösen Träumen geplagt wurde, sah sie seinen Tod voraus; desshalb nahm sie Allem, was auf der Welt ist, allen Steinen, Pflanzen, Thieren, den Krankheiten, den Giften, einen Eid ab, ihn nicht zu tödten; eine einzige Pflanze, Misteltein, schien ihr zu schwach, um zu schaden, und zu jung, um einen Eid zu leisten, und diese Pflanze war es, durch welche Hödur, mit Hülfe des bösen Loke, den Götterjüngling ermordete. Loke warf ihr bei Aegers Gastmahl verbotenen Umgang mit Wile und We, ihres Gatten Brüdern, vor, auch soll sie das Gold einer heiligen, Odin geweiheten Bildsäule genommen, und zu ihrem Schmuck verwendet haben. - F. fährt auf einem goldenen Wagen einher, der mit zwei weissen Katzen bespannt ist, worunter wahrscheinlich Luchse zu verstehen sind. Das Gestirn, das wir Orions Gürtel nennen, hiess im Norden F.s Rocken. Demnach ist F. auch Spinnerin und Weberin; der Flachs ist ein Geschenk von ihr, als der mütterlichen Erdgöttin, wozu sie natürlich wird, wenn ihr Gemahl Odin der höchste Himmelsgott ist.

Quelle:
Vollmer, Wilhelm: Wörterbuch der Mythologie. Stuttgart 1874, S. 209.
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